Rechtsextreme: Hass auf Muslime statt Judenhass

Angriffsziele und Hetze von Rechtsextremisten verlagern sich international zunehmend von Juden auf Muslime. Das beobachtet auch die Salzburger Historikerin Helga Embacher, die den Antisemitismus wissenschaftlich untersucht und dokumentiert.

Neonazi

dpa/Rene Tillmann

Bei einer Diskussion in Salzburg über Rechtsextremismus am Donnerstagabend sagte die Historikerin Helga Embacher von der Universität Salzburg, nicht nur unter Rechtsextremen, auch unter rechtspopulistischen Politikern werde es zunehmend Mode, sich mit bestimmten Politikern in Israel zu solidarisieren.

Beispielsweise habe auch FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache vor einiger Zeit Israel besucht und dort mit Leuten Kontakte geknüpft, deren Politik sich gegen muslimische Araber und Palästinenser richtet.

Doppelter Boden des Antisemitismus?

Und auch der holländische Rechtsaußen-Politiker Geert Wilders betone stolz, in Israel gelebt und gearbeitet zu haben, sagt Historikerin Embacher: „Damit präsentieren sich solche Politiker zunehmend als `Beschützer der Juden`. Das muss man natürlich sehr stark hinterfragen, denn damit kann eine Islamfeindlichkeit gerechtfertigt werden.“

Embacher betont, generell könne man aber nicht sagen, die Rechte wäre nun nicht mehr antisemitisch: „Bei bestimmten Anlässen kommt der traditionelle Antisemitismus wieder zum Vorschein - zum Beispiel auch gepaart mit Antiamerikanismus. Aber so vordergründig antisemitisch wie früher ist man nicht mehr.“

Umstrittener Ball der Burschenschaften

Debatten über möglichen Rechtsradikalismus und seine Netzwerke beherrschen seit Wochen auch Österreichs Innenpolitik. Es geht dabei um einen umstrittenen Ball in Wien, der Freitagabend über die Bühne geht. Unter den 3.000 erwarteten Demonstranten gegen diesen „Ball des Wiener Korporationsringes“ (WKR) in der Hofburg werden auch Salzburger Studenten sein.

Veranstalter des WKR-Balles und freiheitliche Politiker weisen solche Darstellungen als „Propaganda von Linksradikalen“ vehement zurück. Die Veranstaltung sei äußerst seriös und werde von vielen Leistungsträgern der Gesellschaft besucht. Die Proteste gegen den WKR-Ball und dessen künftige Verbannung aus der Wiener Hofburg wurden von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache beim jüngsten Neujahrstreffen der Freiheitlichen in Salzburg - wie berichtet - als „Totalitarismus“ bezeichnet, der sich in Österreich ausbreite und die Demokratie gefährde.

Die Österreichische Hochschülerschaft hat Busfahrten organisiert. Besonderer Stein des Anstoßes ist, dass der Ball genau am 67. Jahrestag der Befreiung des NS-Vernichtungslagers Auschwitz stattfindet.

Unter den Gästen dieses Balles seien neben FPÖ-Politikern zahlreiche Rechtsradikale aus anderen Ländern, sagen Gegner und Kritiker der Veranstaltung.

Und bei einigen in diesen Kreisen seien Tendenzen und Aussagen zu beobachten, wonach sich traditioneller Antisemitismus abschwäche und sich zunehmend in Hass bzw. Hetze gegen Muslime verwandle.

Links:

Holocaust-Gedenken auf Heldenplatz (wien.ORF.at; 27.01.2012)
-WKR-Ball wirft Schatten voraus (wien.ORF.at; 27.01.2012)
- FPÖ-Jungpolitiker soll Nazi-Artikel bestellt haben (salzburg.ORF.at; 20.01.2012)
- Die Sklaven der Nazis im Pinzgau (salzburg.ORF.at; 22.01.2012)
- Harte Worte bei FPÖ-Neujahrstreffen (salzburg.ORF.at; 21.01.2012)
- Friedliche Demo gegen FPÖ & Strache (salzburg.ORF.at; 21.01.2012)
- Mutiger Gedenkstein für KZ-Opfer (salzburg.ORF.at; 18.01.2012)