Mutiger Gedenkstein für KZ-Opfer

An der Wiestalstraße zwischen Hallein und Adnet (Tennengau) ist Mittwoch ein großer Gedenkstein für Opfer des Nationalsozialismus und ehemalige Häftlinge des KZ Hallein enthüllt worden - direkt vor dem Betonwerk Deisl. Dieses hat das Projekt finanziert.

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Gerald Lehner

Gedenkstein aus Deisl-Beton mit Marmortafeln. Von links: Walter Reschreiter (Initiator), Manfred Deisl (Initiator & Geldgeber), David Brenner (Landeshauptmann-Stellvertreter, SPÖ)

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Gerald Lehner

Enthüllt am 18. Jänner 2012, fast 67 Jahre nach Befreiung des KZ Hallein durch US-Truppen.

Lager für ehemalige Spanienkämpfer

Die neue Gedenkstätte direkt an der Wiestalstraße erinnert an die bis zu 90 Häftlinge des Konzentrationslagers Dachau bei München, die bei Hallein in Baracken eines Außenlagers untergebracht waren - um im Tennengau ausgebeutet und zum Teil ermordet zu werden.

Es waren großteils politische Gegner Hitlers aus Salzburg, Oberösterreich und Bayern sowie republikanische Österreicher, die im Spanischen Bürgerkrieg gegen den Faschismus gekämpft hatten. Von diesen waren besonders viele in den KZ-Imperien von Dachau und Mauthausen mit ihren hunderten Außenlagern gefangen. In Hallein war auch der Widerstandskämpfer Sepp Plieseis in Haft, dem am 23. Oktober 1943 - auch mit Hilfe der Halleinerin Agnes Primocic - die Flucht gelang. Später gründete Plieseis in den Bergen des nahen Salzkammergutes eine kleine Befreiungsarmee gegen den Nationalsozialismus.

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Gerald Lehner

Heute steht auf dem ehemaligen KZ-Gelände von Hallein das moderne Betonwerk Deisl. Dessen gastfreundliches Management begrüßte Mittwoch in der Werkskantine an die 100 Gäste bei Speis` und Trank. Wenig später erfolgte nach Festreden direkt neben der Firmen-Einfahrt die Enthüllung des neuen Gedenksteines - an prominenter Stelle neben der Wiestalstraße.

Sklaven für Bau von SS-Kaserne

Häftlinge wurden hier bis ins Frühjahr 1945 jeden Tag mehrere Kilometer ins Halleiner Stadtgebiet getrieben, immer wieder auch fürchterlich geprügelt und misshandelt, wie Zeitzeugen schildern. Als Arbeitssklaven unter katastrophalen Bedingungen waren die KZ-Häftlinge beim Bau der großen Halleiner SS-Kaserne beschäftigt. Diese sollte in der Nähe der heutigen Papierfabrik ab Anfang 1943 für etwa 1.000 SS-Soldaten errichtet werden.

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Gerald Lehner

Von links: Manfred Deisl, Wolfgang Wintersteller, David Brenner, Walter Reschreiter.

Der Halleiner Historiker Wolfgang Wintersteller hat bei wissenschaftlichen Forschungen herausgefunden, dass es im nahen Tauglwald auch zu Mordaktionen der SS an wehrlosen, kranken und geschwächten Häftlingen gekommen ist.

Wirbel nach FPÖ-Aussagen

Wintersteller hatte in den Archiven der KZ-Gedenkstätte Dachau bei München und bei betagten Zeitzeugen zu recherchieren begonnen, nachdem ein Stadtrat der FPÖ Hallein öffentlich behauptet hatte, in der Region habe es niemals ein KZ gegeben; nur ein „Arbeitslager“. Solche Aussagen führten zu einem langen Streit und Widerständen unter Kommunalpolitikern, deren Nachwirkungen bis heute zu spüren sind. LHstv. David Brenner sagte bei der Gedenkfeier am Mittwoch, Verharmlosungen seien eine Vorstufe zu möglichen Diktaturen der Zukunft, die es zu verhindern gelte.

Agnes Primocic Widerstandskämpferin Nationalsozialismus Nazi-Diktatu

Stadt Hallein

Agnes Primocic (1905 - 2007), die mehrfach Halleiner KZ-Häftlingen entscheidend half.

Erinnerung an Widerständlerin

Der Tauglwald - wo Häftlinge ermordet wurden - ist ein Waldgebiet zwischen Bad Vigaun und Kuchl (beide Tennengau). Dort mussten KZ-ler unter anderem auch Bauholz für die SS schlägern.

Deren langfristige Pläne für ihre Halleiner Kaserne im Rahmen von Hitlers so genannter „Alpenfestung“ zerschlugen sich wegen der für den Widerstand immer günstigeren Kriegslage. Im Frühling 1945 rückten die amerikanischen Befreier Salzburgs unaufhaltsam von Westen her näher.

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Gerald Lehner

Agnes Primocic war Arbeiterin in der Halleiner Tabakfabrik und verhalf drei Häftlingen des KZ Hallein, eines Nebenlagers von Dachau, zur Flucht. Selbst von der Gestapo bedroht, überredete Primocic im April 1945 dann noch den SS-Lagerkommandanten im KZ Hallein zur Freilassung von 17 zum Tod verurteilten Häftlingen. Erst 50 Jahre nach Kriegsende dankte das offizielle Österreich der mutigen Frau. Im hohen Alter wurde sie Ehrenbürgerin von Hallein und erhielt das Goldene Verdienstzeichen des Landes Salzburg.

Im zeitgeschichtlichen Reiseführer „Im Schatten der Mozartkugel“ (Czernin Verlag) ist Primocic ein Kapitel gewidmet - verfasst von der Salzburger Historikerin Susanne Rolinek:
„Die Tschickweiber von Hallein“

Dank an Familie Deisl

Großen Applaus gab es bei der Enthüllung des Gedenksteines - durch LHstv. David Brenner (SPÖ) - für die Halleiner Unternehmerfamilie Deisl. Das Gelände des Betonwerks gehört ihr erst seit den 1960er-Jahren, nachdem man es den Bundesforsten abgekauft hatte. Und für Geschäftsführer Manfred Deisl ist es selbstverständlich, an die Leiden der KZ-Häftlinge zu erinnern. Er erklärte sich nach einer Anfrage sofort dazu bereit. An die 8.000 Euro hat die Privatfirma beigesteuert.

Manfred Deisl betont, die humanistischen Errungenschaften unserer Demokratie und der Rechtsstaat müssten dauerhaft geschützt werden: „Dazu gehört auch, dass man sich der Vergangenheit stellt und an diese erinnert. Das ist wichtig besonders für die jungen Leute unserer Zeit.“

„Privates Engagement sensationell“

Einer der Initiatoren des Projektes beim Deisl-Betonwerk ist Walter Reschreiter, der auch schon die frühere Wanderausstellung über Massenmorde der Nationalsozialisten an Salzburger Behinderten organisiert hat. Der Halleiner ist auch Stadtpolitiker der SPÖ.

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Gerald Lehner

Manfred Deisl im TV-Interview für „Salzburg heute“.

Er bewundert den Privatunternehmer und promovierten Techniker Manfred Deisl, der die neue Gedenkstätte an der Wiestalstraße möglich gemacht hat.

Reschreiter verweist auch auf jahrelange Streitereien in der Halleiner Stadtpolitik, wo man bis heute keinen Beschluss für eine offizielle Gedenkstätte der Stadt zustande gebracht habe: „Umso höher ist das Engagement der Familie Deisl einzuschätzen. Es ist wirklich sensationell, wenn man sich ansieht, wie sonst oft mit solchen Themen umgegangen wurde und wird. Selbst öffentliche und staatliche Stellen drücken sich vor Verantwortung. Und dieser mutige Privatmann ist wirklich ein Vorbild geworden durch dieses Projekt. Wir danken ihm.“

Auch der Halleiner Bürgermeister Christian Stöckl (ÖVP) nahm an der Veranstaltung teil. Er betonte auf Anfrage des ORF, auch er stehe politisch und persönlich voll hinter diesem Projekt.

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Gerald Lehner

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