Schönborn gegen Forderungen kritischer Pfarrer

Kardinal Christoph Schönborn hat nun bei der Bischofskonferenz in Salzburg auf die ORF-Umfrage unter Pfarrern zum „Ungehorsamsaufruf“ reagiert. Er teile die Sorgen von Pfarrern, nicht jedoch deren Lösungsvorschläge. In Rom werde er sich dafür „nicht stark machen“, so Schönborn.

Ausblick vom Gipfel des Trattberges zu Untersberg

Gerald Lehner

Im Kirchenvolk und bei vielen Priestern rumort es. Man vermisst angesichts des immer stärkeren Priestermangels einen Weitblick im höheren Klerus und in Rom.

Laut ORF-Befragung orten beispielsweise zwei Drittel der Priester eine „dramatische Kluft“ zwischen Kirche und moderner Kultur sowie einen „bedrohlichen Reformstau“ Roms und innerhalb der Kirche.

Trotz aller Differenzen in Einzelfragen gebe es aber eine gemeinsame tragfähige Basis von Pfarrern und Bischöfen, sagte Kardinal Christoph Schönborn am Montag bei der Bischofskonferenz in Salzburg über die Meinung vieler Priester.

„Kluft normal“

Die von den Pfarrern in der Umfrage großteils angeprangerte Kluft zwischen Kirchenleitung und Kirche an Ort und Stelle ist für den Kardinal „ein normales Phänomen“. Die untere Ebene fühle sich von der übergeordneten oft nicht ausreichend verstanden.

Kreuz und Kirchenbuch

Fotolia/Victor Soares

Auf argumentative Schützenhilfe des einflussreichen Schönborn beim Papst dürfen die kritischen Priester in Österreich nun nicht mehr hoffen.

„Wir Bischöfe haben das Gefühl, man versteht uns in Rom zu wenig, und die Pfarrer haben das Gefühl, die Bischöfe verstehen sie nicht ausreichend“, so Schönborn über verschiedene Gegensätze in den weltweiten Hierarchien der katholischen Kirche.

In Rom will er sich „nicht dafür stark machen“

Er teile vielfach die Sorgen, wie sie auch von der „Pfarrer-Initiative“ formuliert würden, sagt Schönborn: „Aber nicht deren Lösungsansätze“. Daher werde er sich im Vatikan auch nicht für die Forderungen der Priester stark machen. Diese sind aus der Sicht von Beobachtern für katholische Verhältnisse sehr kritisch und gehen bis zur Abschaffung des Zölibats - was von römischen Hierarchien besonders strikt abgelehnt wird.

Die meisten Bischöfe wollen sich bei ihrem Treffen in Salzburg am Montag nicht zu dem Thema öffentlich äußern. Die ungehorsamen Priester fordern neben dem Ende des Zölibats auch Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene und eine Weihe von Frauen, um den Priestermangel nachhaltig zu bekämpfen. Auch Salzburgs Erzbischof Alois Kothgasser gab sich diplomatisch und äußerte sich nicht konkret zu den brisanten Themen.

TV-Tipp: Kardinal im Interview

Die Reaktion des Kardinals auf die Priester-Umfrage sehe Sie in voller Länge in einem Interview des ORF mit Schönborn, das im Rahmen unserer TV-Sendung „kreuz und quer“ am Dienstag um 22.30 Uhr in ORF 2 ausgestrahlt wird. Dabei wird auch die aktuelle Umfrage im Detail präsentiert.

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Sehr wohl werde er in Rom über die Sorgen und Probleme der Pfarrer in Österreich sprechen: "Auch mit dem Papst persönlich“, so Schönborn. Von Sanktionen gegen „ungehorsame“ Priester wollte der Kardinal nicht sprechen.