IBU-Razzia: Doping- und Bestechungsverdacht

Doping-, Betrugs- und Bestechungsverdacht waren die Gründe für die Hausdurchsuchung beim Internationalen Biathlonverband (IBU) am Dienstagabend in Salzburg-Nonntal. Russische Dopingfälle sollen nicht verfolgt worden sein.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gab am Donnerstagvormittag Details zu den Vorwürfen bekannt: Anlass für die Ermittlungen seien vor allem Dopingfälle bei der Biathlon-WM im Februar 2017 in Hochfilzen (Tirol). Die Korruptionsvorwürfe reichten aber bis ins Jahr 2012 zurück. Es werde gegen Funktionäre der IBU, aber auch gegen Betreuer und Sportler des russischen Biathlonteams ermittelt.

Bestechungsgeld, um Dopingsperren zu verhindern

Die russische Biathlon-Herren-Staffel holte bei der WM in Hochfilzen Gold, die Damen gewannen die Bronzemedaille. Doch womöglich hätten die Russen bei der Weltmeisterschaft nie antreten dürfen: „Hier gibt es den Vorwurf, dass auf Doping-Verdachtsfälle nicht angemessen zum Beispiel durch Sperren reagiert wurde und dafür Bestechungsgelder von 300.000 Dollar versprochen bzw. angenommen worden sein sollen“, schrieb die WKStA in einer Presseaussendung. Zusätzlich zu den Bestechungsgeldern gehe es auch noch um 35.000 Preisgeld, die durch das Doping erschwindelt worden sein sollen.

Parallel zur Hausdurchsuchung in Salzburg fanden auch Razzien in Deutschland und Norwegen statt. Als Hauptverdächtige gelten Anders Besseberg, der norwegische IBU-Präsident, und seine deutsche Generalsekretärin Nicole Resch.

Russischer Ex-Dopingermittler als Whistleblower

Die Ermittlungen der Behörden löste vermutlich Grigori Rodtschenkow aus. Der Whistleblower, Kronzeuge und Ex-Chef des Anti-Doping-Zentrums in Moskau, schrieb das selbst in einer Aussendung. Der Norwegische Rundfunk (NRK) hatte Rodtschenkow vor wenigen Tagen an einem unbekannten Ort in den USA interviewt - aus Sicherheitsgründen maskiert. Da sagte der Kronzeuge unter anderem: „Die IBU will aus unerklärlichen Gründen nicht in die Tiefe gehen und ermitteln, was russische Athleten und ihre extrem abnormalen Blutpasswerte betrifft.“

Bei abnormalen Blutpasswerten sind im Allgemeinen Sperren von Sportlern möglich. Die norwegische Zeitung „Verdens Gang“ berichtet gar von angeblich 65 Dopingfälle russischer Athleten, die Besseberg in seiner Funktion als IBU-Präsident seit dem Jahr 2011 verschwiegen haben soll.

IBU-Präsident lässt Amt ruhen

Als Reaktion auf die Durchsuchungen legte Besseberg Mittwochabend seine Funktion vorübergehend zurück. Er wolle die Ermittlungen der Justiz abwarten, sagte der 72-Jährige. Der Norweger ist seit 1992 Chef der IBU. Auch seine Generalsekretärin Resch ließ sich vom Dienst freistellen.

Anders Besseberg

APA/EXPA/JFK

Der 72-jährige Anders Besseberg ist seit 1992 IBU-Chef

Besseberg sagte im norwegischen Fernsehen, man habe die Regeln befolgt. Aber er könne nicht sagen, ob diejenigen, die die Angelegenheit untersuchen, das auch so sehen würden. Er habe nichts zu verbergen, so der Präsident. Besseberg und seine Generalsekretärin sollen sich öffentlich immer wieder gegen Doping ausgesprochen haben. Im Vorstand der IBU sitzt auch Klaus Leistner, der Generalsekretär des Österreichischen Skiverbands (ÖSV). Er war bisher nicht für eine Stellungnahme erreichbar.

Haft- und Geldstrafen drohen

Die Strafdrohungen für die Vorwürfe betragen bis zu sechs Monate Haft oder eine Geldstrafe von bis zu 360.000 Euro für die Dopingdelikte. Auf die Betrugsvorwürfe bzw. Korruption stehen nach österreichischem Recht Freiheitsstrafen von bis zu drei bzw. fünf Jahren.

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