Mahnmal für Ermordete seit 25 Jahren
Anfang November 1991 wurde es enthüllt. Ein noch attraktiverer Standort als der Kurgarten ließ sich nicht finden. Die Vorurteile gegen das Mahnmal waren groß. In vielen Familien wurde noch immer geschwiegen, deren Angehörige bis 1945 im Rahmen der NS-Behindertenvernichtung („Euthanasie“) ermordet worden waren.
ORF
Auch Onkel von Ex-Museumschef ermordet
Ärzte, Psychiater, Biologen und Handlanger der Nationalsozialisten ließen auch viele Salzburger Behinderte zum Schloss Hartheim nach Oberösterreich bringen und dort - in einer Art Außenstelle des KZ Mauthausen - vergasen. Auch die Familie von Erich Marx - ehemaliger Chef des Salzburg Museums - verlor zwangsweise ein Mitglied, über dessen genaues Todesursache die Behörden aber gezielt logen wie bei vielen tausend anderen in Österreich und Deutschland: "Der Bruder meiner Mutter wurde 1941 in Hartheim umgebracht. Ich habe das erst als Halbwüchsiger erfahren. In meiner Kindheit haben weder meine Großmutter, noch meine Mutter darüber reden wollen oder reden können.“
Immer wieder Angriffe gegen das Mahnmal
Das Mahnmal wurde in den 25 Jahren mehrmals von Rechtsradikalen beschädigt, 2014 folgte dann die komplette Zertrümmerung des Glaskörpers. Täter war ein Obdachloser aus dem rechtsradikalen Umfeld. Er wurde zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, sagt Walter Reschreiter, der das Mahnmal vor 25 Jahren mit initiierte: „Positiv war, dass plötzlich so viele Menschen solidarisch waren. Da war für mich greifbar, die Erinnerung war und ist wichtig. Und sie ist angekommen. Das war das Positive, dass diese Zerstörung brachte, wenn es so etwas überhaupt geben kann.“
Künstler sieht desolate Gesellschaft
Für den Künstler Otto Saxinger war die massive Beschädigung 2014 ein Schock. Sie werfe ein Bild auf den desolaten Zustand der Gesellschaft, sagt er: „Da fassen Leute den Mut zu solchen Gewaltakten. Da muss dann schon ein entsprechendes Klima vorherrschen, dass man sich so etwas traut.“
Beim Wiederaufbau des Mahnmals vor zwei Jahren wurden 325 Namen von Salzburger Mordopfern in den Sockel aus Marmor eingraviert, sagt Historiker Johannes Hofinger: „Das ist eine Liste von Namen, die bisher bekannt sind. Wir gehen aber heute davon aus, dass es in Salzburg insgesamt mehr als 500 Opfer der nationalsozialistischen Behindertenvernichtung gegeben hat.“
Erforschung noch lang nicht abgeschlossen
Zwischen den gravierten Namen gibt es noch leere Räume, die Platz für künftige Ergänzungen aus neuen Forschungsergebnissen bieten. Die Verbrechen der Nazis weiter aufzuklären und zu dokumentieren, das dürfte noch Jahrzehnte dauern. Besonders auf den Ebenen von Bezirken und vielen Gemeinden steht die Forschung erst am Anfang.
Dieses Element ist nicht mehr verfügbar
Wandel der Erinnerungskultur?
ORF-Redakteurin Renate Lachinger hat diesen TV-Bericht über die vielschichtige Geschichte des Mahnmals gestaltet.
Links:
- Männer ließen Drachen mit NS-Symbolen steigen (salzburg.ORF.at; 4.11.2016)
- Neuer Film über NS-Massenmörderin Mandl (salzburg.ORF.at; 24.10.2016)