Kritik an Trump-Berichten vieler Medien

Der Politologe und USA-Experte Reinhard Heinisch von der Uni Salzburg kritisiert die Trump-Berichterstattung europäischer, deutscher und österreichischer Medien als „undifferenziert“ und einseitig. Trump böse, Obama gut - das seien die gängigen Klischees.

Der Salzburger Politikwissenschafter Reinhard Heinisch

ORF

Heinisch lässt nicht unreflektiert stehen, was über Trump publiziert wird

US-Präsident Trump würde massenmedial meistens als „Kindkaiser“ beschrieben, sagt der Professor der Universität Salzburg. Dabei gäbe es auch andere Interpretationen, die in den Medien aber keinen Platz fänden, nicht erwähnt und nicht debattiert würden.

Drei Möglichkeiten: Unpolitisch, infantil oder clever?

In der Außenpolitik etwa könne man sich drei mögliche Interpretationen vorstellen, so Heinisch in einem Interview der Austria Presse Agentur (APA). Der Experte lebte und lehrte mehr als 20 Jahre in den USA. Die erste Interpretation sehe Trump als „unpolitischen Menschen“, der seine Entscheidungen „ad hoc“ und „aus dem Bauch heraus“ treffe. Die zweite spreche von einem „Kind, das sich austobt“, während „die Erwachsenen im Raum“ eigentlich die Politik gestalten würden. Die dritte Interpretation vermutet hinter den außenpolitischen Entscheidungen Trumps „eine urclevere Strategie“, um mit viel Show die Gegner abzulenken, um schließlich genau das zu erreichen, was er erreichen wolle.

„Argumente für alle drei Blickwinkel“

Für alle drei möglichen Interpretationen ließen sich Argumente finden, sagt der Salzburger: „Wenn Sie sich zum Beispiel die internationalen Reaktionen zur letzten Sicherheitsstrategie des USA ansehen, sagen die meisten: ‚Naja, es hätte schlimmer kommen können.‘ Und so dumm war so vieles nicht in der Außenpolitik, wenn man das Poltern abzieht.“ Die Berichterstattung in den österreichischen Medien über diese Sicherheitsstrategie ist seiner Meinung nach - „bei aller berechtigten Kritik“ - „unisono grottenschlecht“ gewesen.

Donald Trump

APA/dpa/Bernd von Jutrczenka

US-Präsident Trump wird fast immer sehr negativ dargestellt

„Fast alle Berichte ähnlich, nicht differenziert“

Als „generell undifferenziert“ bewertet Heinisch die Berichterstattung über die USA in Österreich: „Wenn man sich Zeitschriften ansieht, die innenpolitisch und weltanschaulich unterschiedlich berichten, würde man sich erwarten, dass diese auch unterschiedlich über die USA berichten.“ Das sei aber nicht der Fall, wie er in einer seiner Studien gezeigt habe: „Die Berichterstattung ist eigentlich unisono ähnlich.“ Das heiße, dass die österreichische Sichtweise auf die USA „politische und weltanschauliche Differenzen“ überlagern würde.

Obama als „undifferenziert positiv“ propagiert

US-Präsident Donald Trump verstärkt laut dem Salzburger Politikwissenschafter diese Voreingenommenheit: „Er entspricht dem schlimmsten Klischeebild, das man sich so über amerikanische Spitzenpolitiker und Präsidenten gemacht hat.“ Obama sei in vielen Bereichen sehr europäisch gewesen, weswegen er in der europäischen Presse auch „undifferenziert positiv“ dargestellt worden sei. Trump hingegen entspreche der „bürgerlichen Schreckvorstellung eines unkultivierten Neureichen“ und „linken Vorstellungen des Superkapitalisten“, was einer differenzierten Darstellung im Weg stehe.

Traditionelle, kollektive Abneigung gegen USA?

In Österreich kommt nach Einschätzung Heinisch’ auch noch ein gewisser und fast schon traditioneller Anti-Amerikanismus hinzu: Für die „harte Rechte“ seien die USA immer ein „Schmelztiegel der Rassen“ gewesen, die Bürgerlichen hingegen hätten in den USA „Kulturbarbaren“ geortet, während die Linke wiederum den Kapitalismus und die Abwesenheit des Wohlfahrtsstaats kritisiert habe. Außerdem sei Österreich in der Nachkriegszeit weniger im Westen verankert gewesen als zum Beispiel Deutschland. Das politische System Österreichs sei überdies von „Ausgleich und Miteinander“ geprägt, während in den USA „radikaler Individualismus“ vorherrsche. „In vielen Punkten entspricht der amerikanische Lebensentwurf überhaupt nicht dem österreichischen“, fasst der Politikwissenschafter zusammen.

Zu den nationalen Eigenheiten kämen auch europäisch wirksame Klischees, die sich in Österreich auch deswegen besonders gut durchsetzen könnten, weil es kaum unmittelbaren Kontakt zu den USA gebe. Filme würden synchronisiert, und die Touristen aus der weißen Mittel- und Oberschicht - die nach Österreich kämen - würden kaum die amerikanische Gesamtbevölkerung repräsentieren, schon gar nicht die Arbeiterschaft.

Wenig Wissen über die USA in Österreich

Zu den europäischen Auswirkungen der Wahl Trumps sagt Heinisch: „Für Anti-Populisten ist Trump ein Geschenk.“ Rechtspopulististische Parteien wie die FPÖ würden sich aber nicht nur wegen der geringen Popularität von Trump in Europa vom US-Präsidenten distanzieren, sondern auch, weil sie Nationalisten seien, die sich „international nie verbrüdern“ könnten.

Angesprochen darauf, dass Österreich nach einem Jahr noch immer auf einen neuen US-Botschafter wartet, sagt der Experte von der Universität Salzburg: „Das dauert generell immer ein, zwei Jahre.“ Es seien noch sehr viele Posten vakant. Österreich stehe auf der entsprechenden Liste „weit, weit hinten“.