„Tobi Reiser war mehr als NS-Mitläufer“

Tobi Reiser, Musiker und Erfinder des Adventsingens, war ein Nationalsozialist und mehr als ein Mitläufer. Das schreibt der renommierte Zeithistoriker Oliver Rathkolb in seinem neuesten Buch. Als Reaktion darauf wird das Land Salzburg den Tobi-Reiser-Preis nicht mehr vergeben.

Reiser war deutlich mehr als ein Mitläufer des NS-Regimes. Das geht aus dem Bericht von Rathkolb klar hervor. Reiser, Jahrgang 1907, polemisierte schon vor 1938 mit antisemitischen Untergriffen öffentlich gegen jüdische Tänze und agitierte mit anderen für ein Trachtenverbot für Juden. „Es ist keine Frage mehr, dass die Volkskultur- und Volksmusikarbeit Tobi Reisers system- und herrschaftsstabilisierend gewirkt hat“, schreibt Rathkolb in seinem neuen Buch „Tobi Reiser und der Nationalsozialismus“.

1941 hat Tobi Reiser das Heimatbrauchtum als die „beste Waffe gegen das jüdische Gift“ bezeichnet. Damals war er längst Teil des Systems, ein Funktionär mit eigener monatlicher Radiosendung im Reichssender Wien.

Tobi-Reiser-Preis

Franz Neumayr

Der Tobi-Reiser-Preis wurde bis 2013 für volkskulturelle Leistungen vergeben

Politische Rolle völlig umgedeutet

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs habe Reiser seine politische Rolle in Erinnerungsbausteinen völlig umgedeutet, schreibt der Zeithistoriker weiter. Reiser habe versucht, jeden Hinweis auf eine Nähe - etwa zur illegalen NSDAP schon in den beginnenden 1930er Jahren - rundweg abzuwehren.

Für die Salzburger Brauchtumsszene bedeutet dieser Bericht des Geschichtswissenschaftlers wohl nun auch den Auftakt zu einer Neubewertung. Der Tobi-Reiser-Preis für volkskulturelle Leistungen wurde ja schon 2013 ausgesetzt, nach einem neuen Namen für den Preis wird immer noch gesucht.

Jetzt gehe es darum, Reiser in seiner Gesamtheit zu bewerten, ein komplettes Bild von musikalischer Genialität und von politischen Verfehlungen zu vermitteln, schreibt der Direktor des Salzburg Museums, Martin Hochleitner, im Geleitwort zum Bericht, der am Samstag offiziell präsentiert wurde.

Land wird Preis nicht mehr vergeben

Das Land Salzburg reagiert jedenfalls prompt auf die neuesten Erkenntnisse Rathkolbs. Der Tobi-Reiser-Preis wird in Zukunft nicht mehr vergeben werden. Das gab Kulturlandesrat Heinrich Schellhorn (Grüne) am Samstag im Salzburg Museum bekannt.

Ein solcher Preis mit Personenbezug impliziere die Würdigung und Vorbildwirkung einer Gesamtperson. Man gehe auf Distanz zur nationalsozialistischen Vergangenheit Reisers, würdige jedoch trotzdem seine Leistungen für die Salzburger Volkskultur, betonte der Kulturlandesrat.

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