Gerissenes Vieh: Heftige Debatte über Wölfe

Durch eine DNA-Analyse ist nun bestätigt: Es war ein Wolf, der um den 10. Juni bei Fusch (Pinzgau) einige Weidetiere gerissen hat. Er soll aus Kroatien stammen. Unterdessen ist eine heftige politische Debatte über das Thema im Gang.

Wolf in der Nacht

Tiergarten Schönbrunn/Zupanc

Die Agrarpolitik fürchtet um die Zukunft der Almwirtschaft, wenn mehr Wölfe in den dicht besiedelten Alpenraum einwandern

Laut einem Experten sei das Tier bisher noch nie in Salzburg gewesen, hieß es Dienstag aus dem Büro von Agrarlandesrat Josef Schwaiger (ÖVP). Er wurde zuletzt wegen seines Vorschlags, Wölfe zu betäuben, vom WWF heftig kritisiert. Doch Schwaiger wehrt sich und verweist auf mögliche hohe Kosten für Almbauern, die ohnehin schon durch die Milchkrise schwer geschädigt seien.

„Wolf war auf Durchreise“

Am 11. Juni wurden von den Bisswunden an den Weidetieren einige Speichelproben genommen. Das Ergebnis liegt nun vor. Der „kroatische“ Wolf, der die Tiere gerissen hat, soll auf der „Durchreise“ gewesen sein. Dem Land Salzburg waren fünf tote Schafe, Lämmer und Ziegen auf einer Alm im Käfertal in Fusch gemeldet worden. Der Besitzer der Zuchttiere bekommt nun eine finanzielle Entschädigung. 220 Euro für ein getötetes Schaf, 110 Euro für ein Lamm.

Weil es immer wieder Meldungen über gerissene Tiere gibt, ist die Verunsicherung bei Almbauern groß. Gegenmaßnahmen wie das Einzäunen von Almen und der Einsatz von Hütehunden werden als nicht praktikabel und auch als finanziell nicht leistbar abgelehnt.

Heftige Debatte nach WWF-Kritik

Salzburgs Agrarlandesrat hatte in der Vorwoche vorgeschlagen, die Wölfe in bestimmten Gebieten zu betäuben. „Fachlich ist dieser Vorschlag ein Nonsens“, sagt Wolfsexperte Christian Pichler vom Umweltverband WWF Österreich (World Wide Fund For Nature): „Gefährdete Arten wie Wölfe stehen unter strengem Naturschutz und dürfen nur in Ausnahmefällen und von Veterinärmedizinern betäubt werden, etwa wenn Gefahr für Menschen in Verzug ist.“ Außerdem lasse Schwaiger die Antwort offen, wohin er die betäubten Wildtiere bringen würde.

Forderung nach besserem Herdenschutz

Betroffene Nutztierhalter sollten „endlich auf effiziente und erprobte Methoden für den Schutz ihrer Herden zurückgreifen“, forderte Pichler. Er verweist auf eine Kombination aus Elektrozäunen mit Schutz- und Hütehunden. So könnten auch bei weit größeren Wolfsbeständen die Schäden an Nutztieren gering bleiben. In der Schweiz, Frankreich und Italien mache man damit gute Erfahrungen. Es fehle in Österreich der politische Wille zur flächendeckenden Umsetzung und Finanzierung für eine Ausweitung des Herdenschutzes.

Wölfe wollen leichte Beute

Wölfe seien ja von Natur aus Nahrungsopportunisten, „also Tiere, die vor allem das fressen, was leicht zu erbeuten ist“, gibt Max A. E. Rossberg, Vorsitzender der European Wilderness Society mit Sitz in Tamsweg im Salzburger Lungau, zu bedenken: „Wenn Schafe ungeschützt auf der Alm stehengelassen werden, ist das für einen Wolf wie die Einladung zum Buffet.“ Eine Betäubung der Wildtiere sei jedenfalls kein taugliches Mittel und obendrein streng verboten.

Landesrat gegen hohe Zusatzkosten für Almbauern

Salzburgs Agrarlandesrat Schwaiger befürchtet, dass eine zunehmende Verbreitung des Wolfes im Alpenraum mittel- bis langfristig massive Auswirkungen auf Kulturlandschaft, Tourismus und den gesamten ländlichen Raum nehmen kann. Hunderte Hektar große Almflächen wolfsdicht einzuzäunen, Nachtpferche für Schafe auf Almen zu errichten und Hirtenhunde anzuschaffen, die auch Wanderer als Feinde der Schafe sehen würden, „ist für die Almbauern existenzbedrohend, für die öffentliche Hand nicht finanzierbar und für den Tourismus verheerend“.

Kritik an EU-Naturschutzvorgaben

Die Forderung nach Herdenschutzprogrammen und finanzieller Unterstützung widerspreche auch einem verantwortungsvollen Umgang mit Steuergeldern, sagt der Landesrat: „Der ländliche Raum ist kein Zoo, sondern vor allem Lebensraum und Wirtschaftsraum für Menschen. Es gibt im Pinzgau schon eine große Alm, auf die keine Tiere mehr aufgetrieben werden. Und ich habe keine Argumente, um die Almbauern von dieser Entscheidung abzubringen.“

Schwaiger fordert auch eine Diskussion über die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU. Diese müsse „im Sinne der Menschen handeln und und nicht um jeden Preis ein gut gemeintes Naturschutzprojekt durchsetzen“.

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