Brisantes Urteil gegen Flüchtlingsquartier

Ein Wohnungsbesitzer hätte eine Miteigentümerin des Hauses um Zustimmung fragen müssen, bevor er seine Räume als Quartier für 40 Asylwerber vermieten darf. Das hat eine Richterin in Salzburg entschieden. Manche sehen darin ein richtungsweisendes Urteil.

Die Miteigentümerin des Hauses in Zell am See-Schüttdorf (Pinzgau) hatte Ende des Vorjahres auf Unterlassung geklagt, weil der Wohnungsbesitzer Räume an das Land für die Unterbringung von rund 40 Asylwerbern weitervermietete. Die Klägerin sei nicht gefragt worden, ob sie mit der Unterkunft einverstanden ist, sagte ihr Anwalt Alexander Schuberth der APA: „Sie wurde einfach vor vollendete Tatsachen gestellt. Das widerspricht dem Wohnungszweck und dem Wohnungseigentumsrecht.“

Die Zivilrichterin entschied in ihrem Urteil vom 16. Februar, dass für die Vermietung zur Aufnahme von Flüchtlingen eine rechtmäßige Widmungsänderung durch Beschluss der Wohnungseigentümer hätte vorliegen müssen. Es hätten also alle Eigentümer zustimmen müssen. Bei Uneinigkeit hätte ein Außerstreitrichter einen Beschluss fassen müssen, erläuterte Gerichtssprecher Imre Juhasz.

Berufung bis zum Höchstgericht angekündigt

Juhasz und Anwalt Schuberth bezeichneten die richterliche Entscheidung als richtungsweisend in Österreich. Das Urteil ist allerdings bislang nicht rechtskräftig. Der Beklagte wird dagegen berufen, betonte sein Anwalt Anton Waltl Mittwochvormittag gegenüber der ORF. Dass man ein Haus oder eine Wohnung an Flüchtlinge nicht vermieten dürfe, scheine der aktuellen und sachlichen Situation nicht gerecht zu werden. Mit dem Urteil des Landesgerichtes Salzburg werde „sicherlich der Oberste Gerichtshof befasst werden“, sagte Waltl: „Ich bin optimistisch, dass das Urteil noch gedreht wird.“

Klägerin verpachtet Haushälfte an China-Restaurant

Das umstrittene Gebäude in Zell am See-Schüttdorf besteht aus zwei Teilen: Die Klägerin hat ihren Teil an ein China-Restaurant verpachtet. Der Mann führte in seinem Teil des Hauses zunächst einen Beherbergungsbetrieb, dann verpachtete er ihn einige Zeit für einen Gastronomiebetrieb und zur Zimmervermietung. Im Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag wurde als Widmung „Geschäft“ angeführt.

Am 1. Dezember 2015 vermietete der Beklagte das Objekt an einen Mieter, der bekundete, darin Asylwerber unterzubringen. In der Weitervermietung an das Land und der Unterbringung von Flüchtlingen sei aber eine Widmungsänderung zu sehen, da weder ein Geschäft vorliege, noch ein Hotel- und Beherbergungsbetrieb samt Restaurant, konstatierte die Richterin in ihrem Urteil: „Die Interessen der Miteigentümerin können schon dadurch berührt sein, da in Teilen der Bevölkerung Vorbehalte gegen Flüchtlingsunterkünfte bestehen und daher beispielsweise im Falle des Verkaufes der Verkehrswert der Anteile der Klägerin gemindert sein könnte.“

Schon länger Streit zwischen Eigentümern

Dem jetzigen Rechtsstreit geht aber eine andere Geschichte voraus: Denn der Mann klagt schon seit Längerem gegen das China-Restaurant. Der Betrieb sei auch nicht erlaubt, wie ein Gericht bereits geurteilt habe, sagte Anwalt Waltl. Dass die Frau jetzt gegen das Flüchtlingsquartier klagte, sei quasi die Retourkutsche.

„Kein Unterschied, ob Gäste oder Asylwerber“

In dem Verfahren entgegnete der Beklagte durch seinen Anwalt: Es sei nicht nachvollziehbar, warum es zu einer Widmungsänderung kommen solle, wenn die Räume statt an ausländische Gäste an Asylwerber vermietet würden. Die Klägerin sei in ihrem Restaurantbetrieb auch nicht beeinträchtigt. Die 44 Asylwerber seien ja potenzielle Kunden, zumal es sich um Selbstversorger handle und damit zu rechnen sei, dass sie das Restaurant der Klägerin häufig frequentieren würden.

Bei den Asylwerbern handelt es sich um Familien und Einzelpersonen. Sie verfügen über mehrere Schlafzimmer, Küchen, ein Wohnzimmer und über einen Aufenthaltsraum, in dem auch Sprachkurse abgehalten werden. Die Räumlichkeiten wurden laut dem Beklagten vom Land Salzburg geprüft und für die Unterbringung befunden.

Land überprüft Mietvertrag

Als Reaktion auf das Urteil betonte Integrationslandesrätin Martina Berthold (Grüne), dass das Land jetzt den Quartiersvertrag mit dem Vermieter noch einmal prüfe. Es müssten alle Bewilligungen vorliegen - das sei die Voraussetzung für ein Asylquartier, hieß es aus dem Büro der Landesrätin.

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