Streit um Krankenkassen-Bonus für Gesunde

Wer auf seine Gesundheit achtet, soll eine Gutschrift bei der Krankenversicherung bekommen - diese Forderung von Gesundheitsreferent Christian Stöckl (ÖVP) sorgt für Streit. SPÖ, NEOS, Gewerkschaft und AK sehen eine „Bestrafung der Kranken“.

Gesundheitsreferent Stöckl hatte sich am Montag für ein Bonus-System ähnlich dem Vorbild der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA) ausgesprochen. Wer regelmäßig an Vorsorgeuntersuchungen teilnimmt, soll weniger Beiträge bezahlen bzw. eine Gutschrift bekommen, schlug Stöckl vor. Das generelle Bonus-System solle nach der Devise „Wer auf seine Gesundheit achtet, wird belohnt“ etabliert werden, meinte Stöckl. Davon, dass Gesundheit nichts kosten darf, hält Stöckl nicht: „Gratis ist gar nichts“. Denn im Endeffekt müsse dann der Steuerzahler für die Kosten geradestehen.

Stöckl bekräftigte auch erneut seine Forderung nach einer Ambulanzgebühr. Patienten sollten nur dann in Hochtechnologie-Einrichtungen mit kostspieliger Infrastruktur - den Spitälern - behandelt werden, wenn dies in anderen Bereichen des Gesundheitssystems nicht mehr möglich sei. Laut Statistik seien 50 Prozent aller Patienten in den Ambulanzen fehl am Platz und bei den niedergelassenen Ärzten besser aufgehoben, betonte Stöckl.

Steidl: „Krankheiten oft vererbt“

Diese Vorschläge sorgten am Dienstag für heftige Kritik von SPÖ, Arbeiterkammer und Gewerkschaft: „Krankheiten sind oft vererbt, genetisch bedingt oder durch soziale Faktoren ausgelöst“, argumentierte etwa SPÖ-Chef Walter Steidl. Studien würden belegen, dass der Lebensstil nur zu zehn bis 15 Prozent die Gesundheit bzw. die Krankheiten der Menschen beeinflusse.

Auch die Frage was gesund sei, sei allen paar Jahren Änderungen unterworfen. „Leben Marathonläufer gesund? Oder brauchen sie aufgrund der Belastung für Knie und Hüfte irgendwann eine Prothese?“, betonte Steidl mit einem Seitenhieb auf den begeisterten Langstrecken-Läufer Stöckl.

In dieselbe Kerbe schlug auch NEOS-Gesundheitssprecher Sebastian Huber: Jeder Mensch habe andere gesundheitliche Voraussetzungen - ein "Bonus-Malus-System“ bestrafe Patientinnen und Patienten, die auf Grund genetischer Erkrankungen mehr medizinische Hilfe beanspruchen müssen. Stattdessen sollte sich Stöckl dafür einsetzen, dass es mehr Angebot bei Vorsorgeuntersuchungen gibt - und dass die Menschen darüber auch informiert werden, fordert Huber.

Pichler: „Gesundheitspolitische Bankrotterklärung“

Die Einführung einer Ambulanzgebühr treffe vor allem finanzielle Benachteiligte. Der SPÖ-Chef sprach sich im Gegenzug dafür aus, etwa die Öffnungszeiten im niedergelassenen Bereich auszubauen oder neue Primärversorgungszentren anzubieten.

Ein Bonus-System würde besonders sozial Schwächere benachteiligen, kritisierte auch die Arbeiterkammer. „Wie sollen diese ihr Verhalten ändern, wenn sie gar nicht die Mittel haben, um anders zu essen und zu leben. Sie kommen nie in den Genuss eines Bonus“, erklärte AK-Präsident Siegfried Pichler und sprach von einer gesundheitspolitischen Bankrotterklärung. Auch die Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG) sprach in einer Aussendung von einem „nicht durchdachten Vorschlag“.

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