Private Griechenland-Hilfe rollt wieder

Während EU-Politiker debattieren, ob und wie man Griechenland mehr helfen könnte, leben dort Millionen mittlerweile in großer Armut. Der Salzburger Erwin Schrümpf und sein Team setzen unterdessen ihre privaten Hilfstransporte für Menschen in Not unbeirrt fort.

Griechenland Hilfe Erwin Schrümpf

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Die beiden Transporter aus Salzburg verlassen die Autofähre in Patras - von Venedig kommend

Erwin Schrümpf aus Seekirchen (Flachgau) ist vor kurzem wieder nach Griechenland aufgebrochen, um Medikamente und Lebensmittel in ein Land zu bringen, in dem mittlerweile jeder dritte Bewohner keine Krankenversicherung mehr hat.

Der Salzburger und sein Begleiter Walter Kopinits aus Niederösterreich beluden vor einigen Tagen wieder ihre Transporter – als ob es das lebensgefährliche Fähren-Unglück zu Weihnachten nie gegeben hätte, bei dem Schrümpf der Katastrophe knapp entging.

„Vom Wohlstand etwas zurückgeben“

Angefangen hat alles vor zwei Jahren mit einer spontanen Fahrt, um notleidenden Griechen zu Hilfe zu kommen, sagt Schrümpf: „Irgendwann hat sich alles verselbständigt. Mittlerweile haben wir in ganz Griechenland insgesamt 24 Anlaufstellen, wo ganz dringend Hilfe gebraucht wird.“

Und Walter Kopinits verweist auf den Wohlstand in Österreich: „Es ist nun Zeit etwas zurückzugeben. Egal, wie es mir gegangen ist in Österreich, ich habe immer Krankenversicherung gehabt. Ich möchte nun etwas zurückgeben, um diesen Griechen zu helfen, die nichts dafür können.“

Gemischte Gefühle nach Fähren-Unglück

In Venedig fahren die beiden wieder auf die Fähre – zum ersten Mal seit dem dramatischen Unglück ist Erwin Schrümpf damit wieder an Bord eines solchen Fahrzeuges. Er wird nachdenklich und sehr still. Als die Fähre auf See ist, sagt er: „Es war schon ein beklemmendes Gefühl, und die Unbeschwertheit der ersten Fahrten war einfach weg. Früher bist du in Venedig einfach auf die Fähre gefahren. Und nun denkt man, es ist durchaus möglich, nicht nach Patras zu kommen. Das macht schon sehr nachdenklich.“

Griechenland Hilfe Erwin Schrümpf

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Medizinische Hilfsgüter aus Salzburg

Nach einer ruhigen und mehr als 30-stündigen Fahrt durch die Adria kommen sie in Patras an, der ersten Station der Reise. Der erste Punkt ist ein Behindertenzentrum. 69 Klienten werden dort betreut. Die Lebensmittel aus Salzburg sichern die Verpflegung für zwei Wochen. Diese griechische Einrichtung lebt fast ausschließlich von Spenden, sagt die Aktivistin Joanna Stavrianou: „Diese Hilfe ist unsere einzige Hoffnung. Wir in Griechenland wissen jetzt gut, was Leid bedeutet und was es heißt, einander in dieser schweren Zeit zu helfen.“

Gute Pflege für Babys - trotz großer Not

Nächste Station ist das Kinderspital von Patras. Dort mangelt es vor allem an einfachen medizinischen Produkten wie Tragelaken oder sterilen Untersuchungshandschuhen. Der erste Bus aus Salzburg ist nun schon fast leer. Die verbliebenen Hilfsgüter sind für ein Spital auf der Insel Kefallonia vorgesehen, schildert Walter Kopinits: „Wenn man dort dieses Kinderspital und die Kinder sieht, und wie herzlich die trotz dieser Not gepflegt werden – es ist wirklich notwendig, dass wir das machen und kommen.“

Griechenland Hilfe Erwin Schrümpf

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Medizinische Untersuchung eines Neugeborenen

Hier Trennen sich die Wege. Kopinits Ziel fährt nach Kefallonia, Schrümpf nach Athen. Die Autofahrt dorthin dauert drei Stunden. Für Sehenswürdigkeiten wie die Akropolis gibt es keine Zeit. Unser Auto ist beladen mit Lebensmitteln für ein Armenzentrum. Dessen Leiter Menelaos Tsaoussis schildert die aktuelle Lage der Bevölkerung: „Vor der Krise hatten wir ein Sozialzentrum hier in Athen, jetzt sind es sieben. Vor der Krise haben wir 100 Familien unterstützt, jetzt sind es 1.500. Und es gibt immer mehr, die uns um Hilfe bitten.“

Soziales Elend vervielfacht

3,7 Millionen Griechen leben in Athen, dazu kommen viele Flüchtlinge aus Krisengebieten der Erde. Für immer mehr Kranke sind Einrichtungen wie dieses Ärztezentrum eine letzte Hoffnung. Hier werden sie gratis behandelt.

Die Mitarbeiter stehen oft am Rand von Resignation und Verzweiflung, sagt Bettina Krumbholz von der Organisation „Ärzte der Welt“: „Wir haben viele Klienten, die hatten früher vielleicht selbst ein kleines Geschäft, hatten auch Angestellte. Diese Läden sind alle geschlossen, oft sind auch die Kinder arbeitslos. Die Eltern können nicht die Kinder unterstützen, und umgekehrt auch nicht. Es gibt auch immer mehr Menschen, die depressiv sind.“

Wegschicken, sterben, weitermachen?

Die letzte Station dieser Reise durch ein Griechenland abseits der Urlauberklischees und früherer Erinnerungen ist ELPIS, das Spital der Hoffnung in Athen. Jeder vierte Patient hier dürfte eigentlich nicht behandelt werden, weil er keine Versicherung mehr hat. Aber ELPIS setzt darüber hinweg, betont Direktor Theodoros Yannaros: „Dann kommt die Frage, schickst du die einfach nach Hause zum Sterben? Oder machst du was? Ich habe gesagt, O.K., wir machen weiter. Wir behandeln und operieren die Leute. Natürlich ist das illegal. Es ist nicht mein Geld, und es ist nicht mein Krankenhaus. Ich bin nur der Leiter des Krankenhauses.“

Hilfe entgegen der „Vorschriften“

Und zum Weitermachen - trotz der gegenteiligen Vorschriften - helfen auch die Medikamente und medizinischen Produkte aus Salzburg. Zwei Zahlen noch: In vier von zehn griechischen Familien leben die Kinder inzwischen in Armut.

Die Salzburger Griechenlandhilfe nimmt Sachspenden aus den beschriebenen Aufgabenbereichen gerne entgegen und bietet Mitgliedschaften um den Jahresbeitrag von je 60 Euro an, die vollständig in die Hilfe fließen. Website und Kontakt unten.

Reportage: Reinhard Grabher, ORF Salzburg.

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