Steindorf: Aus „gekränkter Ehre“ Waffe gezogen

Er habe seine Waffe aus „gekränkter Ehre“ gezogen und durchgeladen. Das sagte der Tatverdächtige nach dem tödlichen Streit zwischen am Donnerstag in Steindorf (Flachgau). Bei dem Handgemenge wurde ein 53-Jähriger getötet.

Der 54-jährige in Straßwalchen lebende Tschetschene wurde in der Nacht von den Beamten des Landeskriminalamts verhört. Dabei zeigte er sich geständig. Er habe das spätere Opfer zufällig bei einer Autowerkstatt in der Nähe getroffen, sagte der Verdächtige. Die beiden Männer kannten sich. Sie seien schon in der Werkstatt in Streit geraten. Als der - vorerst verbale - Streit heftiger wurde, hätten sie sich von der Werkstatt zu Fuß entfernt, gab der Verdächtige an.

Tatverdächtiger des Mordes in Steindorf wird abgeführt

ORF

Wegen der Beleidigungen des 53-Jährigen habe er die Waffe gezogen, gab der Tatverdächtige an

Er habe schließlich die Pistole gezogen und durchgeladen, weil ihn die dauernden Beleidigungen des anderen in seiner Ehre gekränkt hätten, sagte der 54-Jährige im Verhör. Daraufhin sei der andere - ein 53-jähriger, in Hallein (Tennengau) lebender Tschetschene - auf ihn losgegangen. Bei dem Handgemenge habe sich dann ein Schuss gelöst, der das Opfer links in die Brust traf. Am Tatort wurde eine Patronenhülse gefunden. Auch Zeugen hörten den Knall - dachten aber, dass ein Jäger geschossen habe.

Tatwaffe „in Wien gefunden“

Der Tatverdächtige hatte eine SIG-Sauer-Pistole mit neun Millimetern Kaliber in einem Plastiksack bei sich. Er habe sie in Wien „gefunden“, gab der Mann im Verhör an. Einen Waffenschein dafür hatte er nicht. Die Polizei ermittelt jetzt, wie der 54-Jährige tatsächlich an die Schusswaffe kam.

Das Opfer wird jetzt obduziert, um weitere Aufschlüsse zu bekommen. Auch die Wohnung des Tatverdächtigen wird durchsucht, zwei Autos wurden beschlagnahmt. Donnerstagnachmittag hatten gleich mehrere Zeugen die Auseinandersetzung gemeldet - unter anderem auch ein Langläufer. Auch der Sohn des Opfers rief wenig später an und sagte, dass sein Vater eine Schussverletzung erlitten habe.

Pistole SIG Sauer

Polizei Salzburg

Die Polizei versucht jetzt zu klären, wie der 54-Jährige an die Waffe kam

Keine Verbindung zu Konflikt Afghanen-Tschetschenen

Einen Zusammenhang mit den gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen vorwiegend jugendlichen Afghanen und Tschetschenen in der Stadt Salzburg am vergangenen Wochenende gibt es nach Auskunft der Ermittler nicht. Der 54-jährige Tatverdächtige und sein 53-jähriges Opfer hätten damit nichts zu tun.

Viele Tschetschenen „in ständiger Alarmbereitschaft“

Krieg und Flucht hätten viele Tschetschenen traumatisiert. Deshalb sei bei manchen die Reizschwelle sehr niedrig und die Gewaltbereitschaft sehr hoch, sagt der Traumapsychologe und Vorsitzende der österreichisch-tschetschenischen Gesellschaft, Siegfried Stupnig: „Eines der Traumasymptome, die sehr sichtbar sind, ist das ‚Hyper Arousal Symptome‘. Das bedeutet: Die Menschen sind in ständiger Alarmbereitschaft und haben dadurch eine große Nervosität in sich.“

Im konkreten Fall „geht’s jetzt eher darum: Wie ist die Toleranzgrenze eines Einzelnen? Wann fühlt sich jemand beleidigt?“, sagt Stupnig. „Wenn jemand sehr ungebildet ist, möglicherweise auch noch schwer traumatisiert, dann wird er auf eine Ehrverletzung wahrscheinlich viel schneller reagieren als ein gebildeter Mann, der sich den Wertevorstellungen in Österreich viel besser anpassen kann.“

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