Kuba: Mozart als Patron des Tauwetters

Die Stiftung Mozarteum hat ein Studentenorchester aus Kuba eingeladen, bei der internationalen Mozartwoche aufzutreten. Dienstag geben 33 Jungmusiker in Salzburg zwei Konzerte. Das neue Tauwetter zwischen den USA und Kuba begleitet diese Premiere.

Mozart

Barbara Kraft

Mozart

Musik von Mozart sowie diverser lateinamerikanischer Komponisten wird nun bei dieser Konzertreihe in Salzburg aufgeführt. Es ist das allererste Gastspiel des jungen Orchesters außerhalb von Kuba.

EU und Kanada schon länger aktiv

Beobachter sehen darin einen weiteren Meilenstein und ein Zeichen des allgemeinen Tauwetters, das diesen Teil der Karibik nun nach Jahrzehnten des Stillstandes und der politisch-wirtschaftlichen Friedhofsruhe (gegenüber den USA) erfasst. Die diplomatischen und künstlerischen Beziehungen der bisher gegen Perestroika weitgehend immunen Diktatur Kubas zur EU und zu Kanada sind schon seit Jahren etwas entspannter und angeregter. So traten beim jüngsten Jazz Festival in Havanna im vergangenen Dezember auch einige kanadische Virtuosen auf. Und internationale Klassik-Szenen haben über Salzburg und Mozart neuerdings diese starke Schiene zu jungen Musikern in Kuba.

Havanna Cuba Kuba Malecon

Gerald Lehner

Historischer Boulevard am Meer in Havanna: Malecon

Musik als Katalysator des Wandels?

Die kulturelle Zusammenarbeit der Salzburger Stiftung Mozarteum begann 2007 mit der Übergabe einer Mozart-Büste an die Musikuniversität von Havanna. Danach wurde dort das Lyceum Mozartiano gegründet, in dem Orchestermusiker und angehende Kulturmanager ausgebildet werden: „Seither ist das Interesse an europäischer Musik und speziell an Mozart in Kuba sprunghaft angestiegen“, sagt Ulises Hernandez, Direktor des Lyceum Mozartiano in der Stiftung Mozarteum.

In das Lyceum Mozartiano von Havanna hat auch die Salzburger Kunstuniversität Mozarteum Lehrer entsandt. Zudem haben sich europäische Topinterpreten wie Thomas Hengelbrock oder Renaud Capucon in dieser Organisation als Dozenten und Musiker engagiert. Darüber hinaus wurde die laut Stiftungs-Leiter Matthias Schulz umfangreichste Mediathek Lateinamerikas gegründet und Know-how über Instrumentenbau sowie Notenmaterial nach Kuba transferiert. Zentraler Aspekt ist aber der direkte Austausch von Musikern.

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Latinos zu temperamentvoll für Mozart?

Unter der Leitung von Jose Antonio Mendez Padron wird das kubanische Jugendorchester am Dienstagnachmittag Mozarts Symphonien in A-Dur KV 134 und in B-Dur KV 319 mit Kompositionen von Carlos Farinas, Guido Popez-Gavilan und Mioses Simon Rodriguez kombinieren.

Diktatur: Wie geht es weiter?
Wir können hier keine Website des kubanischen Jugendorchesters verlinken, weil die Regierung der Bevölkerung den freien Zugang zum Internet weiterhin verweigert bzw. durch vielerlei Schikanen oder extrem hohe Kosten erschwert.

Freies Reisen ist erst seit kurzem möglich. Auslandsreisen bleiben dennoch für die allermeisten Kubaner wegen der äußerst geringen Einkommen, dem doppelten Währungssystem (zugunsten der Reichen, Parteifunktionäre und ausländischen Touristen) sowie der Wirtschaftskrise auch weiterhin nur ein ferner Traum. Generell erhoffen sich Bürger, Wissenschafter, Künstler, Autoren, Blogger, Journalisten und Intellektuelle bessere Versorgung, mehr Grundrechte, soziale Sicherheit bzw. bürgerliche Freiheiten. Noch immer gibt es Verhaftungen und massive Repressionen gegen Menschenrechtsaktivisten, die der marxistisch-(post)sowjetischen Staatsdoktrin in der seit 1959 herrschenden Diktatur der Castro-Brüder nicht entsprechen. Das jüngst proklamierte Tauwetter zwischen den USA und Kuba nach fünf Jahrzehnten mit Embargo, Kaltem Krieg und gegenseitigen Hasstiraden wird von vielen Bewohnern der Karibik als Licht am Ende eines langen Tunnels betrachtet

In einem Nachtkonzert im Großen Saal wird dann Mozarts Flötenkonzert KV 315 auf die lateinamerikanische Musik treffen.

„Wir Latinos neigen dazu, sehr viel Gefühl in jede einzelnen Note zu packen. Da besteht die Gefahr, dass wir zu viel des Guten tun und die Musiker vor allem in rhythmischer Hinsicht überphrasieren“, erläuterte Dirigent Mendez Padron: „Aber wir wollten trotzdem den international gängigen Mozart-Stil nicht einfach kopieren, sondern unsere eigene Interpretation entwickeln.“

„Das Abfeiern eines Geburtstages kann leicht zur Hülse verkommen“, sagt Kuba-Projektinitiator und Präsident der Stiftung, Johannes Honsig-Erlenburg: „Aber wenn dieses kubanische Jugendorchester das Geburtstagsständchen spielt, dann bekommt ein derartiges Jubiläum wertvollen Sinn.“ Die Konzerte finden Dienstag statt, genau am 359. Geburtstag Mozarts.

Mehr Kooperationen mit Hilfe der EU

Die EU fördert dieses Kulturaustauschprojekt zwischen Salzburg und Havanna mit rund 500.000 Euro auf drei Jahre verteilt.

Damit - sowie mit Geldern und Sachleistungen der Stiftung, des Staates Kuba, des Sponsors Hilti-Foundation sowie weiterer privater Geldgeber - wird auch eine Mozartwoche in Havanna stattfinden, und zwar von 16. bis 24. Oktober 2015 an sämtlichen geeigneten Sälen in und um Havanna. „Ziel ist es, diese kubanische Mozartwoche dauerhaft zu installieren“, so Schulz, „dafür werden wir im Laufe dieses Jahres mit der EU weiterverhandeln.“

Interkulturelle und andere Kommunikation

Es geht dabei vielen Akteuren und Teilnehmern nicht um Klassik-Folklore. Für die Kulturarbeit zuständige Stellen der Europäischen Union sind neben dem kurzfristigen Austausch auch an dauerhaften Kontakten von Institutionen und Künstlern interessiert. Das friedliche Mit- und Nebeneinander von Kultur-, Sprach- und Volksgruppen mit unterschiedlichen Hautfarben in Kuba wirkt dabei fördernd und gilt international ohnehin als vorbildlich. Und die interkulturelle Kommunikation zwischen den Kontinenten könnte durch mehr Freiheiten im Internet- und Telefonverkehr weiter verstärkt werden, heißt es.

Das ist auf der großen Insel in der Karibik nicht immer einfach. Ein Beispiel aus dem Alltag: Selbst kurze Auslandstelefonate sind in Kuba vielerorts nur über sehr teure Wertkarten möglich, für deren Kauf man sich bei staatlichen Behörden in langen Warteschlangen anstellen muss. In den noblen und für Devisen-Geschäfte abgeschotteten Touristen- und Hotelgegenden an der Nordküste sind diese harten Lebensbedingungen der Einheimischen für ausländische Gäste kaum spürbar. Auch hier könnten die Kontakte weiter ausgebaut werden.

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