Computer: Verlernen wir Handschrift?

Verlernen wir durch Computer, Tablets und Smartphones das Schreiben mit der Hand? Immer mehr bemerken, dass es schwerer fällt – zum Beispiel bei Ansichtskarten oder Formularen. Und in Finnland lernen Kinder das Schreiben mit der Hand gar nicht mehr. Droht das auch in Österreich?

Einige Beispiele: Eine Kundin, die ihre Einkaufsliste im Handy abruft. Ein Kellner, der im Wirtshaus die Bestellung in den „Orderman“ eingibt. Ein Angestellter, der seine Termine in den Computer hämmert. Eine Lehrerin, die gefürchtete und weniger gefürchtete Einträge im Klassenbuch elektronisch abwickelt. Und Jugendliche beim stundenlangen Chat bzw. Whatsapp-Tippen, längst mit eigener und sehr kurzer Kunstsprache.

Die elfjährige Schülerin Jennifer Singer aus Kuchl (Tennengau) sagt, wenn sie ein Worte schreibe, da kürze sie ab: „Da brauch ich dann nicht so lange, wie wenn ich es ausschreiben würde.“

Nur noch digital einkopieren?

Selbst Unterschriften werden inzwischen digital einkopiert; zum Beispiel bei Massen-Aussendungen. Ganz anders ist die Lage bei dem Salzburger Schriftsteller Walter Müller. Meistens im Kaffeehaus entstehen seine geschliffenen Texte. Warum tippt er die Gedanken nicht gleich in den Computer? Müller hält davon gar nichts: „Das Schreiben mit der Hand transportiert den eigenen Rhythmus viel besser. Es geht vom Kopf direkt über das Herz in die Hand hinein. Das ergibt einen ganz anderen Schwung.“

Fachleute: Handschrift grundlegend für vieles

Und wann haben Sie das letzte Mal einen längeren Text mit der Hand geschrieben? Obwohl wir immer weniger bis fast nichts mit der Hand schreiben: Den Kindern wird dieses Schreiben weiterhin beigebracht. Sogar das Schönschreiben gibt es noch; obwohl die „äußere Form“ längst nicht mehr benotet wird. „Kreatives Schreiben“ heißt dazu noch ein Freifach bzw. eine Schreibwerkstatt mit Schülern aus verschiedenen Klassen. Sie können sich aussuchen, ob sie ihre Texte und Gedichte mit der Hand oder der Tastatur schreiben wollen.

Gut für Motorik von Kindern und Jugendlichen

Schüler lernen heute in den ersten Klassen der Mittelschulen das Zehn-Finger-System auf Computer-Tastaturen. Pro Woche arbeiten sie durchschnittlich aber nur ca. drei Unterrichtsstunden am Computer, Der Rest wird mit der Hand verfasst. Erwachsene arbeiten viel mehr mit dem Computer. Viele arbeiten sogar nur noch auf diese Art.

Der Graphologe Wolfgang Caspart aus Bergheim untersucht Handschriften aus professioneller Sicht. Wie lange wird er noch seinen Job haben?

Einheit von Lernen und Können

Caspart betont, das Problem sei, dass Sprache und Schrift zwei Funktionen haben: „Es geht um das leichtere Lernen und dann um das Können. Und wer ganzheitlich denkt, dann kommt das auch in der Schrift zum Ausdruck.“

Der professionelle Umgang mit Computer-Tastaturen wird tatsächlich im Beruf fast überall gefordert - im Gegensatz zu einer guten Handschrift, die früher sehr erwünscht war.