Bergfilm: „Junge Wilde und alte Haudegen“

Die Österreich-Umrundung von Gertrude Reinisch und Christine Eberl sowie die umstrittene politische Vergangenheit des Bergsteigers und Schriftstellers Herbert Tichy: Das sind zwei von vielen Film- und Gesprächsthemen rund um das diesjährige Bergfilm-Festival im Filmkulturzentrum „Das Kino“.

Gertrude Reinisch und Christine Eberl

Christine Eberl

Gertrude Reinisch in Österreichs Wildnis

40 Filme, Diskussionen, Vorträge, eine Ausstellung und eine Stadtführung zur Erfindung des Skispringens - das ist das Angebot des 21. Salzburger Bergfilmfestivals im Filmkulturzentrum Das Kino.

Unter dem Motto „Junge Wilde - alte Haudegen“ wird von 20. November bis 8. Dezember ein Mix aus Klassikern und neuen, stilistisch unterschiedlichen Beiträgen und Filmen zu diesem zunehmend populären Genre präsentiert.

Österreich-Umrundung von Reinisch/Eberl

In einer Podiumsdiskussion erzählen die Bergsteigerinnen Gertrude Reinisch-Indrich und Christine Eberl über ihre Abenteuer bei der großteils zu Fuß durchgezogenen Umrundung Österreichs. Die beiden sind mit dem Paddelboot, Pferden, Fahrrädern, zu Fuß und mit Kletterausrüstung von Salzburg aus präzis an den Grenzlinien rund um das Land gezogen.

Herbert Tichy Land der namenlosen Berge

Nachlass Tichy / Wolfgang Friedl

Tichy (Mitte) mit einem Team junger Sherpas bei der Durchquerung Westnepals (1953)

Historiker: „Herbert Tichy zweifelsfrei in der NSDAP“

Es war in den letzten Tagen bzw. zwei Wochen bei den Veranstaltern noch im Gespräch, auch sehr aktuelle Themen wie historische Forschungen über die NSDAP-Vergangenheit des Bergsteigers, Schriftstellers und Journalisten Herbert Tichy ins Programm zu nehmen. Hintergrund: Der Wiener Historiker Hannes Stanik hat Tichys Nachlass erforscht und dabei auch seine Rolle als Reporter im japanisch besetzten China näher beleuchtet, wo Tichy für Zeitungen im nationalsozialistischen Deutschland berichtete. Er hat laut Stanik dabei fast 700 Zeitungsberichte verfasst, mit viel Propaganda im Sinn von Hitlerdeutschland und dem mit diesem verbündeten Japan. Auch antisemitische Töne soll Tichy dabei angeschlagen bzw. das Judentum für Asiens Krisen und den Krieg im Pazifik verantwortlich gemacht haben. Historiker Stanik sagt, er sei vom Bergfilmfestival kontaktiert worden, ob noch ein Vortragstermin mit ihm für das heurige Programm in Salzburg fixiert werden könne. Er sagte zu. Am Donnerstag schilderte er dem ORF, er könne Tichys sehr frühe NSDAP-Parteimitgliedschaft seit 1932 nach weiteren Forschungen mittlerweile zweifelsfrei nachweisen.

Am Donnerstag wurde dann bei einem Pressegespräch des Festivals auf die Frage eines Journalisten bekannt, dass es im Rahmen des heurigen Programms nun doch keine Einladung für Stanik gebe. Das Festival bringt zu Tichy - wie schon länger geplant - ausschließlich einen Film von Lutz Maurer sowie einen Vortrag von Herwig Frisch vom Verein „Götterberge-Menschenwege“, der Tichys Lebenswerk seit Jahren pflegt und seine Vorbildfunktion publizistisch hervorhebt. Der ORF hat beim Festivalleiter, Michael Bilic, um eine Stellungnahme angefragt. Dieser war bisher nicht erreichbar.

Hochkarätige Unterhaltung

Spielfilme im Bergmilieu wie „Jennerwein“ mit Christoph Waltz und Fritz Karl, „Die Siebtelbauern“ von Stefan Ruzowitzky oder die abendfüllenden Streifen „Die Wand“ (nach Marlen Haushofer) und „Die Fernsehsaga“ von Julian Pölsler stehen ebenso auf dem Programm wie die österreichische Erstaufführung von „Berg der Kristalle“ von und über Kurt Diemberger.

Zu den „echten Haudegen“ kann auch Wolfgang Nairz gezählt werden, der 1978 jene Expedition leitete, bei der Reinhold Messner und Peter Habeler als Erste ohne künstlichen Sauerstoff den Everest bezwangen. Von Nairz wird das Buch „Es wird schon gut gehen“ sowie der Film „Die wilden Siebziger“ präsentiert. Filmische Beiträge über Alpinismus-Pioniere wie Walter Bonatti gibt es auch.

Junge Extreme kommen nach

Dazu mischen sich die „Jungen Wilden“: Vier bis fünf Minuten kurz sind die Filme „The State of Excellence“ von David Unterberg über den Weltrekord Michael Kemeters im Balancieren über ein locker gespanntes Seil beziehungsweise „More than a feeling“ von Paul Doppler über einen Salzburger Extrem-Paragleiter. „Abendfüllende, tief gehende Filme zu finden, das ist auf den Festivals in St. Anton, Trient oder Tegernsee gar nicht so schwer, und direkt angeboten werden uns auch immer wieder gute Filme“, sagte Michael Bilic, Ko-Kurator des Festivals bei dem Pressegespräch am Donnerstag: „Aber gute, kurze Filme zu finden, die durchaus auch mit sehr geringen Budgets realisiert werden können, dafür haben wir viel recherchiert.“

In memoriam Gerfried Göschl

Das Festival wird sich auch mit Gerfried Göschl beschäftigen: Der Steirer starb 2012 beim Versuch, im Winter einen Achttausender zu überqueren. Und auch im Film „Shane McConkey“ ist der Tod präsent - in diesem 110-Minuten-Film geht es um den gleichnamigen Freeski-Rider, der 2009 bei einem wahnwitzigen Stunt in den Dolomiten tödlich verunglückte, weil eine Skibindung zu spät aufging.

„Insgesamt haben wir eine Mischung gesucht, von kurzen und langen Filmen, zwischen Tradition und junger Moderne“ sagten Bilic und Ko-Kurator Thomas Neuhold. Das Publikum (erwartet werden auch heuer zwischen 7.000 und 10.000 Besucher) habe sie darin immer wieder bestärkt, „dass nicht nur schnell geschnittene, teure Hochglanzstreifen, sondern auch ruhige, langsame Filme gefragt sind, in denen Geschichten über Menschen und Berge erzählt werden“, so Neuhold, der sein neues Buch über die beliebtesten Skitouren im Land Salzburg in Das Kino als auch auf der Bühne im „Oval“ präsentieren wird.

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