Politikwissenschafter: „Kluger SPÖ-Schachzug“

Eine Woche nach der Landtagswahl laufen die Spekulationen über mögliche Koalitionen weiter auf Hochtouren. Die von SPÖ-Chef Walter Steidl ins Spiel gebrachte neue Koalitionsvariante ist für Politikwissenschafter Reinhard Heinisch nachvollziehbar.

Mitten in die Koalitionsverhandlungen von ÖVP-Chef Wilfried Haslauer platzte am Wochenende der neue SPÖ-Chef Walter Steidl mit einer neuen Koalitionsvariante. Steidl brachte eine Regierung aus SPÖ, Grünen und Team Stronach auf das Tablett: ohne Wahlsieger ÖVP und mit der Grünen Astrid Rössler als Landeshauptfrau.

Politikwissenschafter Reinhard Heinisch

ORF

Reinhard Heinisch: „SPÖ bringt die anderen unter Zugzwang.“

Der Salzburger Politikwissenschafter Reinhard Heinisch sieht in diesem Vorschlag der Sozialdemokraten aber keine Revanche an der Volkspartei: „Es ist klug, dass eine Partei versucht, das Gesetz des Handelns an sich zu reißen. Die SPÖ versucht, die anderen Parteien unter Zugzwang zu bringen und zu signalisieren, dass man selbst auch andere Optionen habe und nicht passiv verharre und die Dinge einfach auf sich zukommen lasse.“

„Es wirkt wie ein Kuhhandel“

Sich auf diese Art zu positionieren sei Teil der Verhandlungen und aus dieser Sicht auch verständlich und nachvollziehbar. Wie immer bei Koalitionsverhandlungen sei auch dieses Mal sehr viel Taktik im Spiel. Den viel beschworenen Respekt vor dem Wähler sieht Heinisch in den laufenden Verhandlungen dennoch erfüllt: „Es wirkt zwar ein bisschen wie ein Kuhhandel, aber die Tatsache, dass wir über alternative Regierungs- und Koalitionsformen ernsthaft sprechen, zeigt, dass sich die Handelnden doch am Wähler orientieren wollen.“

Der Wähler habe signalisiert, etwas Neues und etwas Anderes zu wollen. Aus diesem Wunsch würden sich die anderen Koalitionsformen ergeben: „Ich würde das schon so verstehen, dass man den Wählerauftrag nach einem Neubeginn doch ernst nimmt. Das ist halt etwas unüblich und braucht daher auch mehr Zeit.“

„Es steht für alle viel auf dem Spiel“

Alle Parteien würden derzeit sehr hoch pokern, und vor allem für die Sozialdemokraten stehe viel auf dem Spiel, sagt Reinhard Heinisch: „Die SPÖ hat natürlich numerisch die Möglichkeit als Juniorpartner in eine Koalition zu gehen. Das war wohl auch die Erwartung vor der Wahl, dass es zu einer Neuauflage der Großen Koalition kommt. Wenn dem nicht so ist, ist für die Sozialdemokratie wirklich viel verloren, und sie muss sich neu positionieren. Das ist eine Zäsur.“

Ähnliches gelte für die Grünen, die weit über den Erwartungen abgeschnitten hätten. Wenn es die Partei um Astrid Rössler nicht in die Regierung schaffen sollte, würden sicher viele sagen, dass die Grünen viel verspielt hätten, sagt Reinhard Heinisch.

Andererseits wäre natürlich die Volkspartei der große Verlierer, wenn es wider erwarten zu einer Regierung ohne ÖVP-Beteiligung kommen sollte. Davon sei aber aus heutiger Sicht nicht auszugehen, betont der Politikwissenschafter.

Links: