Evangelische arbeiten Hitler-Zeit auf

Vor 75 Jahren haben Hitlers Truppen auch in Salzburg den „Anschluss“ ans Deutsche Reich vollzogen. Evangelische wollen nun die Geschichte ihrer Kirche beleuchten und die tragende Rolle vieler Protestanten im Nationalsozialismus nicht mehr verschweigen.

Die evangelische Pfarrgemeinde der Salzburger Christuskirche in der Landeshauptstadt hat Dienstag ihr Programm zu ihrem 150-jährigen Bestehen vorgestellt. In der Festschrift sollen die Jahre vor und nach Hitlers Machtübernahme in Salzburg nicht mehr ausgeklammert werden.

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NS-Aufmarsch auf dem Salzburger Residenzplatz

Viele Deutschnationale und Antisemiten

Das Thema Evangelische Kirche und Nationalsozialismus sei für viele evangelische Familien auch in Österreich schmerzhaft, weil sie aus großdeutschen und antisemitischen Traditionen kämen. Damals hätten viele dem Nationalsozialismus große Erwartungen entgegengebracht, erläutert der evangelische Bischof Michael Bünker. Die enge Verbundenheit der Evangelischen in Deutschland mit der nationalistischen Politik des „Zweiten Reiches“ von Bismarck spielte vor, während und nach dem Ersten Weltkrieg stark nach Österreich herein und verband sich auch hier mit dem Rassenwahn des aufkommenden „Dritten Reiches“.

„In Österreich vieles verzögert angeschaut“

Es gehe nun nicht um Schuldzuweisungen sondern um Ursachenforschung, sagt Tilman Knopf, evangelischer Pfarrer in Salzburg: „Wir haben als Kirche hier schon immer einen Blick dafür gehabt, dass es Schuld gegeben hat. Die evangelischen Kirchen in Deutschland haben zum Beispiel mit dem Stuttgarter Schuldbekenntnis schon kurz nach dem Krieg zu dieser Verantwortung bekannt. In Österreich wurde manches verzögert angeschaut. Aber gerade in den letzten Jahren hat da sehr viel stattgefunden.“

Knopf betont, eine besondere Rolle der Verdrängung und des Verschweigens in der protestantischen Kirche Salzburgs gebe es nicht: „Man ist auch in Salzburg in der evangelischen Gemeinde so in die Irre gegangen, wie viele auch in die Irre gegangen sind.“

Warum erst jetzt?

Ganze 70 Jahre habe es gedauert, bis die Republik Österreich am Montag ein Denkmal für die Justiz-Opfer des NS-Regimes enthüllte, sagt Bischof Bünker: „Das zeigt, dass es schon sehr spät ist. Warum erst jetzt? Diese Frage müssen wir uns auch in der Evangelischen Kirche stellen.“

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