Fluglotsen bundesweit gesucht
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Intelligent, reaktionsschnell, kommunikativ, verantwortungsbewusst, mit Matura, Studienabschluss oder einer anderen guten Berufsausbildung - egal welcher. Das sind Grundvoraussetzungen. Ein bisschen Alphatier sollte man auch sein und keine Angst haben, das Kommando zu übernehmen und zu führen. Fluglotsen werden im Vergleich der Berufsgruppen auch in Österreich sehr gut bezahlt. Das entspricht ihrer persönlichen Verantwortung für Menschenleben auf dem Boden und in der Luft. Sie müssen über Stunden sehr konzentriert arbeiten können.
Erste Frau kam aus dem Lungau
Salzburgs erste Fluglotsin trat im Jahr 2000 ihren Dienst auf dem Tower des Flughafens an. Bettina Bauer stammt aus dem Lungau. Sie hat eigentlich Geschichte, Altgriechisch und Byzantinistik in Wien studiert. Das letztgenannte Fach befasst sich mit Geschichte, Kunst und Literatur des Oströmischen Reiches in der Spätantike.
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Nach dem Abschluss suchte Bauer dringend einen Job, fand aber nichts und hörte im ORF-Radio davon, dass Fluglotsen gesucht würden.
Von der Altphilologie zur Luftfahrt
Das Auswahlverfahren sei nicht gerade ein Kindergeburtstag, sagen Insider. Dennoch bewarb sie sich, wurde genommen und stand auch die Ausbildung durch – mittlerweile sei es längst ihr Traumberuf, so die Stimme auf dem Funk vom Turm: "In unserem Job brauchen wir Leute mit einem gewissen Typus. Wir müssen sehr sehr viele Entscheidungen treffen. Wir haben Tage, an denen wir gleichzeitig mit zehn bis 15 Fliegern in einem großen Luftraum gleichzeitig auf einer Frequenz in Kontakt sind. Wir weisen sie ein - auf dem Boden und in der Luft. Das schafft nicht jeder, so viele Informationen in kurzer Zeit zu verarbeiten, auch sachlich zu trennen und zu fokussieren.“
Psychologische Anforderungen
Bauer ist überzeugt, dass viele Talente aus völlig anderen Fachgebieten gar nicht wissen, dass sie auch perfekte Fluglotsen sein könnten: „Psychologische Voraussetzungen für manche Berufe und für unseren Job sind sehr ähnlich. Auch sprachlich sollte man talentiert sein, schnell schalten, Neues erkennen, umdenken, sich präzise, kurz und klar ausdrücken können.“
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Chef setzt auf Teamwork
Die Kriterien für die Zulassung zur Ausbildung beschränken sich nicht nur auf Matura oder gute Englisch-Kenntnisse, schildert Walter Hager, Chef der Fluglotsen von Austro Control in Salzburg:
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„Unsere Leute müssen teamfähig sein und die Ruhe bewahren können. Es geht viel um Übersicht und räumliches Vorstellungsvermögen. Dazu kommen Stressresistenz und die Fähigkeit, schnelle und richtige Entscheidungen zu treffen. Das ist in unserem Umfeld sehr wichtig. Es ist nicht sehr einfach, geeignete Kandidaten zu finden. Wir sehen uns das in den Auswahlverfahren genau an, ob jemand geeignet ist.“
Auf Grundausbildung folgt das Spezielle
Die rund dreijährige Ausbildung erfolgt in mehreren Schritten - und hängt davon ab, ob man später bei einem Flughafen oder bei der österreichischen Überflugkontrolle ACC eingesetzt werden soll, erzählt Hager: „Die Grundausbildung ist überall gleich. Aber dann wird man für den Arbeitsplatz, auf dem man dann arbeitet, speziell ausgebildet. Man bekommt dafür ein Rating. Und mit dieser Lizenz kann man nur auf diesem Arbeitsplatz oder auf diesem Tower oder Approach oder in der ACC arbeiten. Wenn man auf einen anderen Flughafen wechselt, muss man die Grundausbildung nicht mehr machen. Aber man muss die Zulassung für den neuen Standort und seine Gegebenheiten erwerben.“
Training im Simulator
Die hohen Anforderungen sind für manche auch eine Hürde. Immer wieder steigen gute Kandidaten aus, die von der Flugsicherungsbehörde eigentlich schon akzeptiert wurden, sagt Salzburgs Cheflotse Hager: „Diese Drop-Out-Rate war in der Vergangenheit sehr hoch. Manche kommen dann in der Praxis oder im Simulator drauf, dass es doch nicht ihr Job ist. Die realen Arbeitsbedingungen lernt man erst im Simulator und dann in der Praxis kennen.“
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Nicht nur in Salzburg sucht Austro Control neue Kandidaten für die Ausbildung zum Fluglotsen. Bundesweit steht in den nächsten zehn Jahren eine Pensionierungswelle bevor.
Dazu kommt der Schichtdienst, den manche als Nachteil sehen. Andere lieben ihn, weil sie oft auch dann frei haben, wenn viele in anderen Berufsgruppen arbeiten müssen. Außerdem können sich Kandidaten bei Austro Control ihre Dienstorte oft nicht aussuchen. Wer in Salzburg auf den Tower will, der könnte auch in Schwechat, Linz oder Klagenfurt landen.
Warum noch immer wenige Frauen?
Die Salzburger Fluglotsin Bettina Bauer betont, dass nicht Männer schuld seien, dass es in der Luftfahrt generell noch immer so wenige Frauen gibt. Viele Mädchen würden sich einfach nicht oder kaum für naturwissenschaftliche Fächer interessieren. Dass sich das ändert, dazu trägt auch ihre Kollegin Judith Spörl bei.
Autorin von Jugendbüchern
Die deutsche Lotsin arbeitet nach Jahren in Hamburg und Düsseldorf nun auch schon lang in Salzburg. Sie schreibt auch Jugendbücher über das Fliegen - mehr dazu in Fluglotsin schreibt auch Jugendliteratur (salzburg.ORF.at; 23.2.2019)
privat
Auch Spörl würde es gern sehen, würden mehr junge Leute und Mädchen in die Flugsicherung einsteigen. Modernste Computertechnik komme ihnen in dem gut bezahlten Job sicher entgegen: „Es läuft heute alles digital über die Technik. Das wird nur noch durchgeklickselt. Es ist ein anderes Arbeiten als früher in analogen Zeiten. Die jungen Lotsen tun sich da wesentlich leichter. Selber kann man das natürlich auch, begreift das und wendet es auch an. Aber man wird nie so fit wie die Jungen.“
In Salzburg insgesamt 21 Lotsen
Insgesamt gibt es in Österreich etwa 300 Fluglotsen, nur zehn Prozent sind Frauen. In Salzburg arbeiten derzeit 21 Lotsen in Schichtdiensten, drei davon Frauen. Nachtdienste gibt es nicht, weil der Flughafen da zugesperrt ist.
Andreas Landrock, Gerald Lehner - salzburg.ORF.at