Wetterpech und Publikumsjubel bei „Jedermann“
Mit Riesenjubel, vielen Bravos, gestoppten 5:50 Minuten Applaus und am Ende auch noch Standing Ovations wurde am Sonntagabend im Großen Festspielhaus in Salzburg die Wiederaufnahme-Premiere der „Jedermann“-Inszenierung aus dem Vorjahr gefeiert. Tobias Moretti und Regisseur Michael Sturminger hatten bereits für das Vorjahr eine neue Fassung erstellt und sie heuer nochmals überarbeitet.
Außer Geld und schrillen Partys gibt es im Leben von diesem Jedermann nicht viel, die Buhlschaft gibt sich zwar als Seelenfreundin aus, steht ihrem Geliebten in der Todesstunde aber auch nicht bei. Stefanie Reinsperger spielt ihre Partie in kühler Eleganz.
Diese Gesellschaft braucht tatsächlich eine existenzielle Krise, um zu sich selbst zu finden. Die Anmutung des Heute wird durch die Musik von Wolfgang Mitterer verstärkt.
Bereits vierte „Jedermann“-Premiere indoor
Einzig, dass infolge des Schlechtwetters (der Regen hatte erst am frühen Abend aufgehört, die Zeit, Bühne und Zuschauerränge zu trocknen, war zu kurz) bereits die vierte „Jedermann“-Premiere in Folge indoor stattfinden musste, tat der allgemeinen Begeisterung einen kleinen Abbruch.
Es fehlen im Festspielhaus die Domfassade und die spezielle Atmosphäre des Platzes. Ansonsten hat die im Vorjahr teilweise recht arg gescholtene Inszenierung deutlich gewonnen. Moretti präsentiert seine Titelfigur geschäftiger und weniger grüblerisch, ehe ihm die Todesahnung die finstersten Gedanken beschert. Peter Lohmeyer hat als Tod deutlich mehr Gewicht bekommen und legt Auftritte von gespenstischer Intensität hin.
Neue Musik von Wolfgang Mitterer begeistert
Weiterhin zu Herzen gehen Edith Clever als Jedermanns besorgte Mutter und Mavie Hörbiger als schwindsüchtige Werke. Reinsperger hat als Buhlschaft deutlich vorteilhaftere Kostüme erhalten und sorgt sich als ehrlich Liebende um ihren Freund, den sie schließlich doch verlässt. Ebenfalls als Gewinn erweist sich die neue Musik Mitterers, die Facetten von Filmmusik einbringt. Nur der krampushafte Teufel Hanno Koflers will noch nicht so recht in das Gesamtbild passen, das dem Genius Loci auch ohne Domplatz um vieles gerechter wird als im Vorjahr.
Hugo von Hofmannsthals „Spiel vom Sterben des reichen Mannes“, jenes Werk, das mit den Salzburger Festspielen verbunden ist wie kein zweites, steht bis 27. August noch 13-mal auf dem Spielplan.
Bierdusche für Gäste bei Premierenfeier
Auch wenn man die heurige Premiere des „Jedermann“ bei den Salzburger Festspielen wegen des Regens vom Domplatz ins Große Festspielhaus verlegte, viele der Gäste kamen trotzdem nicht trocken nach Hause. Schuld war Jedermann Moretti, der es nach der Premiere am Sonntagabend erst nach einem guten Dutzend Schlägen schaffte, das Bierfass anzuschlagen. Und auch das nicht ganz reibungslos.
APA/Barbara Gindl
Eine kräftige Bierdusche schoss aus dem 25-Liter-Fass und erwischte neben der Buhlschaft - die ihm assistierte - auch viele der Gäste im Saal. „Es braucht wohl wieder ein bisschen Übung“, erklärte der Jedermann, der die obligate Aufgabe im vergangenen Jahr noch mit einem Drittel der Schläge und ohne Bierdusche bravourös gelöst hatte.
Links:
- Vor „Jedermann“-Premiere: Wenig Erotik, viel Tiefe (salzburg.ORF.at; 22.7.2018)
- Festspiele: Kartenglück durch Rückgaben (salzburg.ORF.at; 21.7.2017)
- „JedermannJedefrau“ - Festspiele im ORF (salzburg.ORF.at; 13.7.2018)