Prangstangen: Ein Ort bindet gemeinsam

Das Ergebnis von wochenlanger Arbeit wird am Donnerstag durch die 500-Einwohner-Gemeinde Muhr im Lungau getragen: Bei den mit tausenden Blumen geschmückten sechs bis acht Meter hohen Prangstangen bindet der ganze Ort mit.

Die Stangen werden in tagelanger Handarbeit mit tausenden Blumen umwickelt. In Muhr dreht sich seit Tagen alles darum. Denn bis zum 29. Juni, dem Hochfest von Peter und Paul, mussten die Prangstangen fertig sein. Zum Beispiel beim Nicklbauern in Hintermuhr half heuer die ganze Familie gemeinsam mit Nachbarn zusammen, um die Naturblumen auf den Wiesen zu sammeln und danach in Kränze zu binden, die auf die Prangstangen gewickelt und dort fixiert wurden.

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Dabei war es heuer besonders schwierig, ausreichend schöne Blüten zu finden. Denn durch das milde Frühjahr und die Hitze im Juni ist die Vegetation schon weit fortgeschritten. Eine ganze Woche lang wurde nach den passenden Blüten gesucht: „Heuer war’s ein bisschen schwerer, weil es extrem heiß war. Die meisten waren schon verblüht“, sagte Nicklbäuerin Kathrin Pritz. So waren zum Beispiel die Margeriten „nicht mehr so schön“. Dennoch kamen genug Blüten zusammen, um sie auf die Stangen zu wickeln.

„Der höchste Feiertag in der Gemeinde“

Doch nicht nur das Binden braucht Routine: Auch das Tragen der bis zu 80 Kilogramm schweren Prangstangen will gelernt sein. Für Franz Gruber ist das aber Ehrensache: „Ich trage die Prangstange heuer schon das 15. Mal - und es ist immer wieder schön. Es ist so gut wie der höchste Feiertag bei uns in der Gemeinde. Wenn man das Schmuckstück da betrachtet, ist es immer wieder eine Ehre, wenn man so etwas tragen und herzeigen darf.“

Alle Beteiligten am Gelingen der handgemachten Kunstwerke nehmen sich Urlaub und Zeit für diesen alten Brauch: „Jeder, der gefragt wird, hilft und tut mit. Von jedem ist etwas oben, sonst gäbe es die Stange nicht. Das verbindet einfach schön“, sagt Peter Schwaiger, Pfarrprovisor von Muhr und Zederhaus. Zederhaus ist neben Muhr der zweite Ort mit großer Prangstangen-Tradition. Hier findet das Prangstangentragen jährlich am 24. Juni, dem Johannestag, statt.

Ort hilft bei Prangstangen zusammen

Der kleine Ort Muhr im Lungau hilft zusammen, wenn es darum geht, einmal im Jahr die prächtigen Prangstangen zu binden.

Gelübde von 1693 gilt weiterhin

Der Legende nach geht der Brauch auf ein Gelübde zurück: Demnach schworen nach einer katastrophalen Heuschreckenplage im Jahr 1693 die Bewohner von Muhr und Zederhaus, die Prangstangen zu binden und zu tragen: „Ich bin auch überzeugt: So lange die Bevölkerung das Gelübde aufrecht erhält, werden wir auch vor derartigen Plagen verschont bleiben“, ist Bürgermeister Sepp Kandler (SPÖ) überzeugt.

Am Donnerstag werden die Prangstangen in einer feierlichen Prozession durch das Dorf getragen. Die Segnung fand Mittwochabend statt.