Alte Liebesbriefe zum Valentinstag: Sex nur angedeutet

Eine Salzburger und eine Wiener Historikerin haben alte und uralte Liebesbriefe ausgegraben und ausgewertet. Zum Valentinstag stöbern wir in diesem Fundus aus den „Frauen-Nachlässen“ der Uni Wien. Es gibt dazu auch ein neues Buch.

Liebesbriefe einst und jetzt Nachlässe von Frauen

ORF

Motiv einer Bildpostkarte aus dem 19. Jahrhundert

„Lebe wohl mein Liebster, und sei bis auf Sonntag herzinngist geküsst von deiner dich unendlich liebenden Isa.“

Das schrieb „Bürofräulein Isa“ im Jahre 1903 an ihren Liebsten, einen Beamten.

„Millionenmal küsst dich dein treuer, dich unaussprechlich liebender schiacher Mann Karl.“

So formulierte einer an seine „Herzliebe Liese“ am 24. August 1875. Jahrelang haben die beiden Historikerinnen für ihre Studie und das neue Buch gesichtet und geforscht. Unzählige Schreiben unglücklich Verliebter oder aus heimlichen Affären, großen Lieben und Ehe-Anbahnungen haben sie gefunden.

Beschwörender Ton, Sexuelles nie direkt

Eine der ältesten Korrespondenzen stammt von Jänner 1874, aus der Feder eines Johann Georg an seine Anna Maria:

„Herzliebchen mein! Schau’ ich Dein Götterantlitz lichtumwoben, aufflammend in der Schönheit Wunderpracht: Da däucht mir’s wie ein Friedenshauch von oben, wie Himmelstroß, der glücklich-selig macht!“

Die Salzburger Historikerin Ingrid Bauer sagt, damals habe man von den Männern in der Eheanbahnung große Gefühle erwartet: „Es gab damals sogenannte Eheratgeber. Da wurde empfohlen, den zukünftigen Ehefrauen die innigsten Gefühle zu beweisen. Das sollte mit Superlativen, beschwörendem Ton und vielen vielen Ausschmückungen geschehen.“

Erst die 1960er-Jahre wurden direkter

Jedes Schriftstück in dieser großen Sammlung ist ein Blick ins Herz einer intimen Beziehung. Und doch werden Erotik und Sexuelles lange Zeit nicht direkt beschrieben, so Bauer: „Es passiert sehr verschlüsselt, mit Metaphern und symbolischen Worten. Und das ändert sich erst in den 1960er-Jahren im Zusammenhang mit der sexuellen Revolution, wo das Begehren dann unmittelbarer und direkter ausgedrückt wird in den Briefen.“

„Unsere Herzen führten zur Vereinigung“

In einem anderen viel älteren Brief an Liese hieß es: „Morgen wollen wir uns zusammen jenes schönen und denkwürdigen Abends erinnern, wo unsere Herzen, die sich schon lange vorher entgegenschlugen, endlich laut wurden - und zu unserer Vereinigung führten."

Im 19. und lange noch im 20. Jahrhundert ersetzte der Liebesbrief oft den direkten Kontakt. Es war meist aus sozialen und wirtschaftlichen Zwängen nicht möglich, einander öfter zu treffen.

Bildpostkarten bei Arbeiterschaft sehr beliebt

Zuneigung zeigten Verliebte häufig über Bildpostkarten, sagt die Wiener Historikerin Christa Hämmerle: „Diese Karten wurden ab den 1870er- und 1880er-Jahren sehr breit vermarktet. Vor allem auch einfache Menschen aus den sozialen Unterschichten verwendeten sie, um auch ein Liebeszeichen zu setzen. Diese Bildpostkarten wurden auch viel gesammelt, in Steckalben dokumentiert und so auch überliefert – mit ganz wenigen Worten oft nur.“

Das Bedürfnis, über Liebe zu schreiben und Liebesbotschaften auszutauschen, das werde es wohl immer geben – in immer anderen Formen und medialen Ausdrucksformen, sagen die beiden Wissenschafterinnen. Heute gebe es wieder eine Renaissance, allerdings mit Smartphones und Computer.

Bibliografie

Bauer, Ingrid – Hämmerle, Christa (Herausgeberinnen): Liebe schreiben. Paarkorrespondenzen im Kontext des 19. und 20. Jahrhunderts. Hardcover, 359 Seiten. Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, 2017. ISBN 978-3-525-30115-9 (ISBN)

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Starke Gefühle, überschwängliche Briefe

ORF-Redakteurin Romy Seidl hat mit den beiden Historikerinnen in den alten Liebesbriefen gestöbert.