Pflegeheime: Kritik an Freiheitsbeschränkungen

Rund 1.300 Bewohner in Salzburger Pflegeheimen seien im Vorjahr fixiert, eingesperrt oder sediert worden. Das sei strukturelle Gewalt, kritisieren Bewohnervertreter und Volksanwaltschaft. Vertreter der Pflege wehren sich.

Ältere und demente Menschen würden in Pflegeheimen mit einem Gurt in ihrem Sessel festgeschnallt, in ihrem Zimmer eingesperrt oder einfach mit Medikamenten ruhig gestellt, kritisieren die Bewohnervertretung für Salzburg und Tirol sowie Volksanwalt Günther Kräuter. Diese Freiheitsbeschränkung sei strukturelle Gewalt, die die Kritiker ablehnen. 2015 habe es insgesamt 1.700 gemeldete Fälle in Salzburg gegeben, so die Bewohnervertretung. In den Seniorenheimen in der Stadt Salzburg und im Flachgau soll es sogar jeden vierten Bewohner betreffen.

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Strukturelle Gewalt oder Notwendigkeit?

ORF-Redakteurin Isabell Gunzer hat sich über diese heftige Debatte erkundigt und diesen TV-Beitrag gestaltet.

Eine der Ursachen für die vielen Freiheitsbeschränkungen sei, dass es zu wenig Personal gebe, das zu wenig Zeit für die Pflege habe, sagen die Kritiker. Zum UNO-Welttag gegen die Misshandlung älterer Menschen am Mittwoch diskutieren Fachleute in Salzburg über dieses Problem.

Pflegevertreter: Fixierung oft notwendig

Vertreter der Pflege wehren sich vehement gegen diese Vorwürfe: Zum Selbstschutz zum Beispiel von dementen Personen sei eine Fixierung oder Sedierung oft notwendig, betonte Karl Schwaiger, Pflegedirektor des Krankenhauses Hallein und Vizepräsident des Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverbands. Zudem seien alle Maßnahmen gesetzlich gedeckt, so Schwaiger.

Für Soziallandesrat Heinrich Schellhorn (Grüne) ist es hingegen „wichtig, das Personal zu schulen und zu sensibilisieren. Das ist das Entscheidende, um zu garantieren, dass die beste Qualität in der Pflege geboten wird.“

Kleinere Einheiten sollen helfen

In Salzburg versuche man außerdem, mit kleineren Einrichtungen die Menschen besser betreuen zu können, so Schellhorn - also weg von großen Heimen hin zu kleineren Hausgemeinschaften. Ende Mai wurde beispielsweise in Salzburg-Liefering ein Provinzenz-Wohnhaus für Menschen mit Behinderung eröffnet. Sie waren zuvor im Behindertenheim Schernberg in Schwarzach (Pongau) untergebracht. Auch dort werden kleinere Pflegeeinheiten geschaffen.

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