Rathgeber-Prozess: Aussage gegen Aussage

Seit Freitag bekämpft Ex-Budgetreferatsleiterin Monika Rathgeber ihre Entlassung vor Gericht. Bei ihrer Aussage belastete sie ihre Vorgesetzten. Diese wehrten sich vehement. Damit steht Aussage gegen Aussage.

Mit der Klage beim Arbeitsgericht geht Rathgeber gegen ihre fristlose Entlassung vom 7. Dezember vor. Das Land nannte damals mehrere Gründe für den Hinauswurf: Urkundenfälschung, Protokollfälschung und Lügen gegenüber ihren Vorgesetzten.

Die Vertragsbedienstete klagte ihren Arbeitgeber, das Land Salzburg, auf „Feststellung des aufrechten Bestandes des Dienstverhältnisses“ beim Arbeits- und Sozialgericht Salzburg. Die Verhandlung am Landesgericht Salzburg führte Richter Herbert Moritz.

Monika Rathgeber vor dem Arbeitsgericht

APA/Neumayr/MMV

Monika Rathgeber will bei Gericht eine Rücknahme der Entlassung erreichen

Chronologie des Finanzskandals genau aufgerollt

In der stundenlangen Befragung am Freitag legte Rathgeber vor Gericht ihre Sicht der Dinge im Finanzskandal dar - teilweise unter Tränen, über weite Strecken aber sehr konzentriert. So wurde die ganze Chronologie der Finanzaffäre noch einmal aufgerollt.

Rathgeber sagte, sie habe die Unterschriften eines jungen Kollegen nicht gefälscht, sondern kopiert - und das nur bei Formalitäten längst nach Abschluss eines Finanzgeschäfts.

Rathgeber: Protokolle auf Paulus Wunsch geändert

Bei den Protokollen habe sie nicht Zahlen geändert, sondern nur Gesprächsabschriften gelöscht - und dies auf Wunsch ihres Vorgesetzten Eduard Paulus, betonte Rathgeber. Paulus habe sie aufgefordert, die Protokolle zu ändern, um so vor dem Rechnungshof besser dazustehen, sagte Rathgebers Anwalt Herbert Hübel.

„Der Vorgesetzte hat gewünscht, dass das gemacht wird, und zwar mit den Worten: ‚Na, wenn Du Dich das traust, Monika, das wäre mir schon recht‘“, sagte Hübel. „Da muss man aber den fragen, der den Auftrag gibt und nicht den, der ihn ausführt. Natürlich hat auch ein Beamter eine Sorgfaltspflicht, aber die Änderungen haben nicht Zahlen betroffen. Es sind nur Kommentare weggelassen worden.“

Paulus: Am 5. Dezember von Manipulationen erfahren

Die Vorwürfe, er habe die Protokolle ändern lassen, seien eine „absolute Unwahrheit“, wehrte sich der derzeit suspendierte Paulus in seiner Aussage. Er habe erst am 5. Dezember 2012 von den Protokoll- und Unterschriften Manipulationen erfahren.

Rathgeber habe sich mehrfach nicht an klare Anweisungen gehalten, gab Paulus zu Protokoll. So habe sie bei Abschluss eine „Range-Accrual-Swaps“ am 8. Mai 2012 das Vier-Augen-Prinzip „klar missachtet“. Doch trotz nachfolgender Ermahnung habe sie am 10. Juli neuerlich ein solches Geschäft abgeschlossen: „Das war für mich Anlass für eine Vertrauenskrise“, sagte Paulus. Er habe das Geschäft rückgängig machen lassen: „Da wurde Rathgeber wütend, stampfte mit dem Fuß und verließ den Raum. Dann schickte sie eine Mail nach Frankfurt, um die Auflösung wieder zu stornieren.“

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„Wie eine griechische Tragödie“

Richtig aus dem Ruder gelaufen seien die Ereignisse aber erst im Herbst, sagte Paulus: „Das hat sich entwickelt wie eine griechische Tragödie.“ Der zum Land gewechselte neue Mitarbeiter habe schon nach kurzer Zeit Unregelmäßigkeiten gefunden - und er sei am 15. Oktober zu Paulus gekommen, um 253 Derivat-Geschäfte zu melden, die alle dokumentiert und abgezeichnet waren, nicht aber in den regelmäßigen Berichten an die Deutsche Bank aufschienen: „Hätten wir das zum offiziellen Portfolio dazugerechnet, hätten wir die Richtlinien-Limits klar überschritten.“

Er habe Rathgeber immer als kompetente, fleißige, intelligente und ordentliche Mitarbeiterin geschätzt, „aber das war klar, dass es eine Lösung geben muss und wir sie im Amt versetzen müssen.“ Als Brenner im November aufgrund Medienberichten und einer Anfrage der Grünen schriftlich den Auftrag gegeben habe, eine völlige oder eine Teilauflösung des Derivatportfolios des Landes zu prüfen, habe Rathgeber hysterisch reagiert. Kurz darauf habe der neue Mitarbeiter den Verdacht geäußert, dass Wertpapier unzulässigerweise mit Krediten finanziert worden sein könnten.

Zudem berichtete Paulus von dem angeblichen Geständnis Rathgebers am 26. November im Büro von Brenner: „Sie sagte, sie hat schon immer mehr Geschäfte gemacht, als berichtet und hat zugegeben, die Rechenstelle in Frankfurt nicht korrekt informiert zu haben.“ Sie habe von einer großen Schieflage des Portfolios nach der Finanzkrise gesprochen und geschätzt, dass bei einer Auflösung ein Minus von 340 Millionen Euro sichtbar werden würde.

Land schließt Vergleich aus

Der Vertreter des Landes in dem Arbeitsgerichtsprozess, Rechtsanwalt Alfred Ebner, schloss am Freitag einen Vergleich aus. Er gab sich sicher, den Prozess zu gewinnen. Rathgeber werde ihren Posten nicht zurückbekommen, sagte Ebner: „Sie hat wahrscheinlich verbotene Geschäfte gemacht. Dann sind verbotene Geschäfte schief gegangen, worauf sie versucht hat, diese Geschäfte zu verschleiern und zu verheimlichen. Schließlich musste sie dafür Unterschriften und Protokolle des Rechnungshofes fälschen. Und dann ist die Entlassung ausgesprochen worden.“

Die Entlassung Rathgebers werde nicht rückgängig gemacht: „Ich bin nicht dazu ermächtigt, einen Vergleich zu schließen.“ Hübel hatte dem Land zuvor vorgeschlagen, die Entlassung „zurückzusetzen“ und Rathgeber bis zum Ausgang des Strafverfahrens weiterarbeiten zu lassen.

Erfolgte Entlassung rechtzeitig?

Bei dem Termin am Freitag ging es auch um die Frage, ob die Entlassung rechtzeitig oder zu spät erfolgte. Denn wenn das Land seine Ex-Budgetreferatsleiterin zu spät entließ - Tage und Wochen nach schweren Fehlern - wäre das ein formaler Fehler und ein Etappensieg für Rathgeber in dem Arbeitsgerichtsprozess. Deshalb ackerte sich das Gericht am Freitag durch zahlreiche Protokolle.

Monika Rathgeber vor dem Arbeitsgericht

ORF

Der Andrang beim Prozess war groß

Ex-Finanzreferent David Brenner (SPÖ) sagte Freitagnachmittag bei dem Prozess wenig Neues: Er habe nach der Besprechung vom 26. November, bei dem es eine „Wucht an Informationen“ gegeben habe, einen „Zwischenbericht“ angefordert. Diesen Bericht habe er am 5. Dezember bekommen - erst dann von der ganzen Dimension des Skandals erfahren und sofort veranlasst, Rathgeber zu entlassen, betonte Brenner.

Von Entlassung „im Internet gelesen“

Rathgeber schilderte, dass sie am 6. Dezember um 17.00 Uhr vom Leiter der Personalabteilung angerufen worden sei: „Er sagte, er wolle mich sehen und müsse mit mir reden. Eine Entlassung hat er aber nicht ausgesprochen.“ Ein Treffen kam aber an diesem Tage nicht mehr zustande, ergänzte die Ex-Budgetreferatsleiterin: „Am Freitag um 10.30 Uhr ist dann ein Anruf gekommen. Ich war gerade in einem Elektrogeschäft unterwegs, wo es sehr laut war. Der Chef der Personalabteilung sagte, es liegt ein Bericht der Abteilung vor, ich sagte, es wird wohl um meine Entlassung gehen, was er bejahte.“

Man habe ein Treffen für den Montag vereinbart, wozu es aber wegen der Hausdurchsuchung durch die Korruptionsstaatsanwaltschaft nicht mehr kam: „Am 11. Dezember habe ich dann die Entlassung schriftlich über meinen Anwalt bekommen“, schilderte Rathgeber. Selbst als sie schon von Medien verfolgt wurde und darum am 9. Dezember den Leiter der Personalabteilung anrief, weil sie Angst um ihr Leben hatte, habe dieser formell keine Entlassung ausgesprochen: „Dass ich entlassen bin, das habe ich im Internet gelesen", betont Monika Rathgeber.

Hektik nach Grünen-Anfrage im November

Am 26. November habe es eine Vorbesprechung zu den Budget-Ausschussberatungen im Landtag zwei Tage später gegeben, sagte Rathgeber: „Dabei ging es vor allem um die Beantwortung der Anfrage der Grünen und wie ich das im Landtag präsentiere.“ Obwohl ihr die Kompetenzen damals schon entzogen worden waren, habe man offenbar Fragen nach personellen Veränderungen in der Finanzabteilung vermeiden wollen und sie zur Sitzung geschickt. „Brenner hat beschlossen, dass Paulus und ich das machen sollen, damit es keine Fragen gibt.“

Sie habe in jener Sitzung am 26. November noch einmal gewarnt, dass bei sofortiger Auflösung des Derivatportfolios nach Auffassung des Finanzbeirates Schaden für das Land drohe: 100 Mio. Euro durch die Auflösung der Derivate und 240 Mio. Euro durch zusätzliche Fixzinsverpflichtungen. In Summe also jene 340 Mio. Euro, die den Skandal ausgelöst haben. „Ich habe nur das gemacht, für das ich da war. Ich habe über mögliche Verluste informiert.“ Konsequenzen habe diese Aussage für sie zunächst nicht gehabt, im Gegenteil. Im Landtag sei sie am 28. November noch von ihren Vorgesetzten gelobt worden.

Rathgeber: Wollte Verluste abwenden

Unter Tränen berichtete Rathgeber, dass sie im Juni und Juli 2012 Dienstanweisungen deshalb nicht eingehalten habe, weil sie einen finanziellen Schaden vom Land habe abwenden wollen. Aufgrund einer Empfehlung des Finanzbeirates wäre dem Land durch die Aufkündigung der Derivate eine höhere Fixzinsbelastung von mindestens 16 bis 18 Mio. Euro jährlich entstanden. „Das habe ich nicht umsetzen können", wischte sich die Ex-Budgetreferatsleiterin die Tränen aus den Augen.

Sie habe immer für jeden Cent und Euro gekämpft, und dann habe man von ihr verlangt, Geschäfte abzuschließen, die Millionen kosten würden, sagte Rathgeber.

Urteil für Mitte März geplant

Ein Urteil in diesem Arbeitsprozess will der Richter Mitte März fällen. Zuvor will er noch andere prominente Zeugen befragen - so zum Beispiel Landesamtsdirektor Heinrich Christian Marckghott, Personalreferent Sepp Eisl (ÖVP) und auch einen früheren Kollegen Rathgebers.

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