Pfingstfestspiele: Singen kastrierte Männer besser?

„Voci celesti“ („Himmlische Stimmen“) sind das Motto der Salzburger Pfingstfestspiele. Sie beginnen heute mit der Oper „Alcina“ von Georg Friedrich Händel. Es geht um die barbarische Musiktradition der Kastraten, die bezaubernde Stimmen hatten.

Mit den „Himmlischen Stimmen“ sind die Kastraten gemeint, mit großer Grausamkeit kastrierte Buben und Jugendliche, für deren hohe Stimmen im 17. und 18. Jahrhundert extra komponiert wurde. Festival-Chefin Cecilia Bartoli hat auch heuer wieder versucht, tolle Konzerte und ein interessantes Thema zu verbinden.

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Pfingstfestspiele beginnen mit Oper Alcina
Die Pfingstfestspiele 2019 beginnen am Freitag mit der Oper Alcina von Georg Friedrich Händel. Im Mittelpunkt steht in diesem Jahr Musik, die speziell für Kastraten geschrieben worden ist.

Hoden entfernt gegen den Stimmbruch

Als Kastraten werden Sänger bezeichnet, die vor der Pubertät einer Kastration unterzogen wurden, um den Stimmwechsel bzw. „Stimmbruch“ zu unterbinden und die Knabenstimme (Sopran oder Alt) zu erhalten. Sie wurden so groß wie Erwachsene, behielten aber hohe Stimmen und konnten so kräftig singen wie unkastrierte Männer. Eine verharmlosende Bezeichnung dieser Praktiken war auch „Sopranisierung“. Nur Frankreich weigerte sich unter den europäischen Mächten damals radikal, solche „Künste“ zu praktizieren. Es wurden dort auch keine Auftritte von Kastraten geduldet.

Kastrat Farinelli

Gemälde von Corrado Giaquinto, 1752

Farinelli, eigentlich Carlo Broschi, (1705 bis 1782) war als italienischer Kastratensänger eine Berühmtheit in Europa

4.000 Buben pro Jahr in Italien kastriert

Die Arien in den Tonhöhen von Kastraten können heute die Countertenöre singen. Bartoli will mit dem Thema auch an die Grausamkeit erinnern, mit der einst diese Gesangskunst erreicht wurde. Allein in Italien wurden bis zu 4.000 Buben pro Jahr verstümmelt, sagt die Sängerin: „Das ist sehr barbarisch gewesen, auf der anderen Seite bekam man dadurch bezaubernde Musik.“

Diese Gesangskunst wird nicht nur am Freitagabend in „Alcina“ zu hören sein, wo Bartoli selbst die Titelpartie singt. Ihr ist Samstag ein eigens Galakonzert gewidmet, in dem Arien und Ensembles für Kastraten gesungen werden. Es geht beim heurigen Festival auch um medizinische, historische und soziologische Hintergründe des Genres. Dem Programm dürfte große Aufmerksamkeit sicher sein.

Eva Halus, Gerald Lehner - salzburg.ORF.at

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