Herzkrankheiten: Ärzte so wichtig wie Computer

Fast die Hälfte aller Todesfälle geht auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen zurück. Neben der Digitialisierung bei der Hilfe für Kranke bleibe der persönliche Kontakt zu Ärzten der wichtigste Faktor. Mittwoch beginnt dazu in Salzburg ein Fachkongress.

Die Jahrestagung 2019 der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft (ÖGK) findet von 29. Mai bis 1. Juni 2019 im Kongresszentrum Salzburg statt. Das Motto lautet „art@heart: Kardiologie zwischen ärztlicher Kunst und Artifical Intelligence“.

Monitoring, Apps, Algorithmen

Die Heilkunde für Herz-Kreislauf-Patienten profitiere in hohem Maß von den Fortschritten der Digitalisierung, erläuterten Kardiologen am Dienstag anlässlich der Auftaktpressekonferenz zu ihrer Jahrestagung.

Telemonitoring, Maschinenlern-Algorithmen und nicht zuletzt Apps zur Vorsorge haben sich für die Versorgung von Herzpatienten durchaus etabliert. Nicht selten erweist sich heute ein Algorithmus als verlässlicher als jedes Stethoskop: Vor allem in der Vorhersage können selbstlernende Systeme menschliche Prognoseverfahren schlagen. Künstliche Intelligenz verändert in der Herzmedizin vieles: Neben der Primärprävention erweist sich die Patientenüberwachung als vielversprechend.

„Riesiger Spagat“

Andrea Podczeck-Schweighofer, Präsidentin der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft (ÖKG) vom Wiener SMZ Süd - Kaiser Franz Josef-Spital, sprach von einem „riesigen Spagat“, den es zu bewältigen gelte. Unmittelbares ärztliches Tun wie zuhören, angreifen, abhören, interpretieren von Befunden und nicht zuletzt der persönliche Kontakt mit Patienten und Angehörigen blieben Dreh- und Angelpunkt. Auf der anderen Seite eröffne die Digitalisierung Möglichkeiten, die die Arbeit von Kardiologen völlig verändern - und dabei gleichzeitig Chancen und Risiken bergen.

„Patienten tun sich mit Geräten schwer“

Vielversprechend zeigen sich etwa Ansätze künstlicher Intelligenz in der Primärprävention via Fitness- und Gesundheits-Apps. Die Wertigkeit insgesamt rund 14.000 vorhandener mobiler Schrittzähler, Blutdruck- oder Trainingsprogramme sei unbestritten - allerdings tun sich Laien nicht selten schwer bei der Interpretation der Daten aus den verschiedenen Tools, was eine gute Arzt-Patienten-Beziehung in den Fokus rückt. Der Gefahr der „Entmenschlichung der Medizin durch Digitalisierung“ müssen gerade Kardiologen entgegenwirken. „Herzkranke Patienten brauchen Zuwendung und ein kompetentes Gegenüber, das ausreichend Zeit hat“, zeigten sich die Mediziner überzeugt. IT sollte die Kardiologie „unterstützen, aber nicht ersetzen“ wollen.

Rhythmusstörungen besser therapierbar

Ein weiterer Ansatz sei die bessere Vorhersage von gefährlichen Herzrhythmusstörungen: Das EU-Projekt PROFID („Personalized Risk Prediction for Sudden Cardiac Death“) etwa hat unter Einsatz selbstlernender Algorithmen eine Neuanalyse bestehender Evidenz zum plötzlichen Herztod vorgenommen. Das Resultat ist eine genauere Prognose - die Leben retten kann: „Es gibt es eine bessere Prädiktion von bedrohlichen Herzrhythmusstörungen - damit können wir künftig kardiale Implantate noch gezielter einsetzen. Für die Patienten wird es sicherer, ihre Überlebenschancen steigen“, sagte Kardiologin Podczeck-Schweighofer.

Medikamentengabe über digitale Systeme

Auch im Spital kann die Digitalisierung in Zukunft gute Dienste leisten: Medikamentengabe erfolgt oft nicht mehr via Zentralapotheke, sondern computergestützt. Das schließt nicht nur menschliches Versagen aus, sondern es findet gleichzeitig auch eine Überprüfung der Interaktionen der Arzneien, die ein Patient nimmt, statt, und bei Problemen wird Alarm geschlagen.

Auch mögliche Risiken der Entwicklungen wie Datenschutz, Datensicherheit und eine „entmenschlichte Medizin“ werden bei der Konferenz in Salzburg thematisiert. Durchaus gerechtfertigt sind etwa Bedenken in Richtung Internetkriminalität. Es müssten „alle erdenklichen Vorkehrungen für maximale Sicherheit“ getroffen werden - nicht zuletzt, weil einer Studie der Roland-Berger-Stiftung zufolge 64 Prozent aller deutschen Kliniken bereits Opfer von Cyberattacken und Hackerangriffen wurden.

Weitere Trends und Highlights des Kongresses sind unter anderem die Themen Umwelt, Lärm und Verkehr als Risikofaktoren, der Stellenwert neuer Antidiabetika und bahnbrechende Entwicklungen zur Behandlung der Herzmuskelkrankheit Amyloidose.

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