Pionier der Flugrettung erinnert sich

Einer der erfahrensten Flug- und Bergretter Österreichs sowie Pionier der Alpinpolizei vollendete vor kurzem das 90. Lebensjahr. Der Gasteiner Hermann Altenhuber war auch Mitbegründer der Warnkommissionen in Salzburgs Gemeinden, um den Lawinentod zu bekämpfen.

Hermann Altenhuber Flug- und Bergrettungspionier im Gasteiner Tal

ORF

Altenhuber feierte am 22. Dezember den 90. Geburtstag. Er ist gut zu Fuß und engagiert sich weiter für die Ortsstelle der Bergrettung in Bad Gastein, die er vor Jahrzehnten mit begründete

Begonnen hat die alpine Flugrettung in Salzburg, Tirol und Vorarlberg unter sehr schwierigen Bedingungen – mit wenig Geld, teils waghalsigen Manövern im Hochgebirge und einmotorigen Flugzeugen mit geringer Leistung. Die Vorbilder dieser ersten österreichischen Rettungsflieger waren berühmte Gletscherpiloten in der Schweiz.

Retten, dokumentieren, beobachten

Der pensionierte „Alpingendarm“ Hermann Altenhuber ist Jahrgang 1928. Heute wäre „Alpinpolizist“ seine Berufsbezeichnung. Als Zeitzeuge in Bad Gastein (Pongau) gehört er zur zweiten Generation der Pioniere nach dem Kriegsende. An dieser Zeitenwende im Frühling 1945 war Altenhuber erst 16. Für seine Altersgruppe gab es damals kaum mehr erwachsene Vorbilder. Weil viele Bergsteiger und Sportler den Krieg nicht überlebt hatten.

Der Salzburger bekam am Beginn seiner Berufslaufbahn noch die Ära der in Amerika gebauten Flugzeuge auf Schneekufen mit - die früheste Phase der Flugrettung in den Alpen. In den 1950ern wurde erstmals spürbar, dass nur der rasche Lufttransport die Überlebenschancen vieler Schwerverletzter entscheidend verbessern konnte. Dazu mussten aber die Sicht, das Wetter und die Tageszeit passen. Und diese Kriterien haben sich sich bis heute kaum verändert.

Piper auf Kufen auch in Gastein

Einer der ersten Flugrettungseinsätze Salzburgs wurde nach einem Lawinenabgang im Gasteiner Nassfeld (später „Sportgastein“) in den frühen 1950ern geflogen. Mit einer kleinen, robusten Piper Cub, einem einmotorigen Schulterdecker aus den USA, der auf sehr kurzen Pisten oder Schneefeldern starten und landen kann. Ähnliche Einsätze gab es damals auch auf dem Hochkönig sowie in den Bergen Tirols. Zum Beispiel auf einem Gletscher beim Urezzasjoch im Jamtal an der Grenze zu Graubünden. Dort steht heute das Ausbildungszentrum der Tiroler Bergrettung.

Bell 47 G

ORF Archiv

Bell 47 G aus den USA, eine der frühen Generationen von Rettungshubschraubern in Österreich - mit Außenbehälter für Verletzte oder Tote

Als in den 1960ern in Österreich die ersten staatlichen Hubschrauber zur Verfügung standen, war Altenhuber am Aufbau der neuen Infrastruktur beteiligt. Dazu mussten auch neue Einsatztaktiken entwickelt werden. Zum Beispiel wurden Fußballplätze in Gemeinden bei Bedarf behördlich zu Landeplätzen umfunktioniert, um lokale Alpingendarmen, Bergretter und andere Ortskundige an Bord zu nehmen. Altenhuber agierte hier gemeinsam mit dem Salzburger Piloten Stefan Herbst, der für sich über Jahrzehnte mit Helikoptern des Innenministeriums viel fliegerischen Ruhm erwarb.

„Unsere Jugend wurde im Krieg umgebracht“

Im Vergleich zum flächendeckenden Vollausbau der heutigen Zeit war es ein äußerst bescheidenes System mit viel höheren Gefahren. Es erforderte auf Dauer sehr viel Innovationsgeist und Mut - gepaart mit Weitblick und Vorsicht, wenn Piloten, Flug- und Bergretter mit ihren Patienten lebend nach Hause kommen wollten.

Vergangenen Samstag feierte Hermann Altenhuber im Kreis seiner Familie und der ehrenamtlichen Bergrettungskameraden seinen 90. Geburtstag. Die Ortstelle Bad Gastein des Österreichischen Bergrettungsdienstes (ÖBRD) hat er in den 1960ern als Ortsstellenleiter übernommen, logistisch aufgerüstet und stark ausgebaut. Auch in anderen Regionen der Ostalpen mussten ähnliche Schritte getan werden. Denn nun kamen immer mehr Touristen und potenzielle Unfallopfer. Der gesellschaftliche Wohlstand wuchs, und die Menschen hatten immer mehr Freizeit.

Zu Beginn sei die Lage sehr schwierig gewesen, sagt Altenhuber: "Die Bergrettung in Österreich war nach 1945 am Sand. Es hat keine Teams mehr gegeben. Die jungen Leute haben sie ja im Krieg umgebracht. Es gab noch kein Rettungsgerät und auch sonst nichts. Dann hat der Staat die alpine Einsatzgruppen der Gendarmerie gegründet, um dieses Loch aufzufüllen.“

Bildergalerie:

Bomben entschärfen, Hüttenräuber jagen

Und nicht nur Bergsteiger wurden gerettet, erzählt der Zeitzeuge: „Wir haben sogar Bomben gesprengt auf dem Berg oben, haben Hüttenräuber auf dem Rauriser Sonnblick gesucht, und wir haben mit den Bergbauern immer wieder auch verstiegene Schafe gesucht. Wir waren für alles und jedes zuständig, die Aufgabe der Gendarmerie-Flugrettung.“

Tragikomische Gespräche mit Piloten

Hermann Altenhuber arbeitete auch mit, als die Salzburger Landesregierung und die Bezirkshauptmannschaften das System der Lawinenwarnkommissionen in den Gemeinden einführten. Selbst übernahm er die Gründung und Führung der Gasteiner Kommission. Er leitete viele Lawinensprengungen, bei denen er Sprengstoff aus dem Hubschrauber in die gefährlichen Steilhänge warf.

Im Rückblick muss der Gasteiner lachen und schmunzeln: „Ich sitz dann ganz vorn neben dem Piloten, hänge die Füße seitlich hinaus über den Abgrund und muss die Zündschnur anzünden. Ich weiß ja, wie lange die brennt, aber der Pilot weiß das nicht. Die schwitzen ja nach ein paar Minuten schon. Das war immer sehr kritisch. Die haben dann immer gesagt, Bua, mit dir fliege ich nicht mehr, das ist mir zu gefährlich.“

Noch gut zu Fuß, Austausch mit Jüngeren

Roland Pfund ist Ortsstellenleiter der Bergrettung Bad Gastein: „Viele, die jetzt an der Front stehen, sind unter ihm zur Bergrettung gekommen. Er war immer auch ein väterlicher Freund und hat uns geholfen. Und heute stehen halt die vorne, die seine Schüler waren. Und sie versuchen das Beste daraus zu machen.“

Mit 90 Lebensjahren blickt Hermann Altenhuber auf hunderte Rettungseinsätze in den Bergen zurück. Er gibt seine Erfahrung noch immer gern an die jüngeren Kollegen weiter.

Katharina Garzuly, Gerald Lehner - salzburg.ORF.at

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

Von der Piper zum Eurocopter

Im TV-Beitrag von „Salzburg heute“ zu Altenhubers 90er finden sich auch historische Aufnahmen aus der Frühzeit der Flugrettung

Links: