Film über NS-Massenmörderin im Kino
Archiv - nemada.at
Christian Strasser und David Neumayr haben jahrelang auf den Spuren Mandls in Österreich, Deutschland und Polen geforscht, recherchiert und gefilmt. In dem preisgekrönten und auch schon bei zahlreichen Festivals in Übersee gezeigten Film erzählen die beiden Salzburger die Lebensgeschichte dieser gebürtigen Oberösterreicherin - vor dem Hintergrund ihrer mit Worten und anderen Darstellungsformen fast nicht beschreibbaren Verbrechen.
Sadistin und Mörderin
Es sind auch die mühsam in ausländischen Archiven beschafften Dokumente und Aufnahmen, die Intensität und Ausmaß der Gewalttaten und Exzesse ahnen lassen, die die nationalsozialistische KZ-Aufseherin Maria Mandl mit größter Härte durchzog. Die junge Frau stammte aus Münzkirchen bei Schärding im Innviertel und machte in Himmlers industriell geplanter Todesmaschinerie auf eigene Initiative eine steile Karriere.
Eine halbe Million Tote
In der Film-Doku der beiden Salzburger dienen die gespielten Szenen - mit der Schauspielerin Constanze Passin in der Rolle der SS-Offizierin - der besseren Darstellung und Verständlichkeit zeitgeschichtlicher Hintergründe. Mandl folterte und ermordete zahlreiche Menschen mit eigener Hand. Laut Augenzeugen soll sie sich dabei auch sexuell erregt haben. Für den Tod von ca. 500.000 Menschen war sie als Managerin und Oberaufseherin des Frauenlagers in Auschwitz-Birkenau direkt und indirekt verantwortlich - im größten Vernichtungslager der Nazis, das als riesige Fabrik des Todes strukturiert und organisiert war.
Bilder-Galerie:
Verharmlost, verdrängt, verschwiegen
Auf Initiative von Maria Mandl gründete die SS das berüchtigte und später weltweit bekannte Lagerorchester der todgeweihten Häftlingsfrauen von Auschwitz-Birkenau. Ihre Ausbildung zur Aufseherin hatte die Österreicherin im Konzentrationslager Ravensbrück nördlich von Berlin erhalten.
Gerald Lehner
Vom Landmädel zur Todesfabrikantin
Die Taten dieser Nationalsozialistin sind ein Phänomen, das der Regisseur, Produzent und Kulturwissenschafter Christian Strasser nicht verstehen, aber erklären kann: „Ein paar Wochen Einschulung, und man war drin. Und dann lockten Macht, scharfe Diensthunde, Waffen, die Lust am Töten und natürlich die Entmenschlichung der Opfer. Die Unschuldigen wurden nur noch als rechtlose Dinge und Masse betrachtet, die es zu foltern und umzubringen galt.“
Buchtipp
Regisseur Strasser berichtet auch in einem Buch über Mandl: „Im Schatten von Hitlers Heimat. Reiseführer in die braune Topografie von Oberösterreich“ - gemeinsam geschrieben mit Susanne Rolinek und Gerald Lehner - erschienen im Czernin Verlag, Wien
Zeitzeugen vor der Kamera
Betagte Zeitzeugen aus Münzkirchen erinnerten sich vor der Kamera noch an die Gefühllosigkeit der Maria Mandl. Eine Oberösterreicherin schildert, dass sie Frauen bei Geburten im KZ die Beine zusammenbinden ließ und sich damit gebrüstet habe: „Mit der Konsequenz des Todes bei Kind und Mutter.“
In Österreich und besonders im Innviertel ist diese Lebensgeschichte laut Filmteam noch immer ein Tabu. Ältere Einheimische würden das Thema verschweigen oder verdrängen. Und jüngere hätten noch nie etwas gehört, sagt Regisseur Strasser. Kleine Gemeinden seien bei der Aufarbeitung solcher Verbrechen ihrer Bürger zu lange alleingelassen worden: „Es bräuchte eine fachliche und pädagogische Begleitung, um das Thema so zu behandeln, dass es positiv in die Zukunft gerichtet sein kann.“
1948 wurde sie in Krakau gehängt
Den Titel „Pechmarie“ wählten Strasser und Neumayr, weil Mandl offensiv ihre „Unschuld“ propagierte, als sie nach dem Zweiten Weltkrieg zunehmend in Bedrängnis geriet. Sie habe es zeitweise sogar geschafft, sich als Verfolgte der Nazis hinzustellen und scheinbar glaubwürdig zu wirken, so Strasser.
Letztlich geriet Mandl doch noch in die Mühlen der Justiz. 1945 war sie auf der Flucht vor den alliierten Befreiern Europas über Schleichwege in die Heimat Oberösterreich zurückgekehrt. Ihr Vater wollte - wegen der damals auch zu Hause schon bekannten Schandtaten - nichts mehr mit ihr zu tun haben. Die Verbrecherin tauchte unter, wurde ausgeforscht, an die Behörden Polens ausgeliefert, vor Gericht gestellt, zum Tod verurteilt und im Jänner 1948 in Krakau gehängt.
Kino-Tipp für Freitagabend
Der Salzburger Dokumentarfilm „Pechmarie“ mit Spielszenen ist am Freitag, 17. November 2017, um 19.00 Uhr im Pfarrzentrum der Gemeide Alkoven (Bezirk Eferding) in der Nähe von Linz zu sehen. Anschließend gibt es eine Podiumsdiskussion.
Gerald Lehner, ORF Salzburg