Illegale Pistengeher: Liftbetreiber ratlos

Wer bei Dunkelheit auf behördlich gesperrten Pisten als Tourengeher unterwegs ist, der macht das illegal und unter Lebensgefahr. Strafen gibt es aber kaum. Pistengeher würden die Verbote und Gefahren zunehmend ignorieren, sagen Seilbahnbetreiber.

Pistengerät in der Nacht Pistenraupe Pistenbully

Gerald Lehner

Pistenraupe mit starker Stahlseilwinde

Lokalaugenschein des ORF in Krispl-Gaißau (Tennengau) am Mittwochabend bei der Skischaukel, die auch in die Flachgauer Gemeinde Hintersee führt: Sehr dichter Nebel im Steilgelände, ein besonders gefährlicher Abend für Pistengeher in den vier Sperrzonen.

„Leute wurden enthauptet“

Der Pistenraupenfahrer und Maschinenbautechniker Manuel Brunauer führt uns sein technisches Wunderwerk mit 400 PS vor. Ein Dieselmotor mit fast konstanter Drehzahl (1.500/min) für die Hydraulikpumpen, die Fahrwerk, Schubvorrichtung, Präpariermaschinen am Heck und die Hochleistungsseilwinde antreiben: „Ich habe hier tausend Meter Stahlseil mit elf Millimetern Durchmesser auf der Winde. Das System kontrolliert selbst permanent, ob das Seil beschädigt sein könnte."

Pistengeher Pistentouren Gaißau

Kurt Lindner

Pistengeher in Gaißau bei einbrechender Dunkelheit

Wenn viele Pistengeher unterwegs sind, hat Brunauer ein mulmiges Gefühl - fast jeden Abend: "Wenn der Haken weit oben auf dem Berg im betonierten Fundament eingehängt ist, und ich weit unten auf Zug gehe, dann wirken bis zu viereinhalb Tonnen auf das Stahlseil. Es kann seitlich bis zu 20 Meter ausschlagen. Was dann los, wenn ein menschlicher Körper getroffen wird, können sich viele vorstellen. Es wurden in ausländischen Skigebieten schon Menschen enthauptet. Lebensgefahr besteht auch, wenn jemand in das Seil selbst hineinfährt bei Dunkelheit.“

Drohungen: Ohrfeigen, Rechtsanwalt

Brunauer erzählt, seine Kollegen in anderen Landesteilen und er hätten immer wieder Begegnungen mit aggressiven Pistengehern. Warnungen würden in den Wind geschlagen, und nicht nur das:

Manuel Brunauer Pistenraupenfahrer Maschinenbautechniker Pistenraupe Pistengerät

ORF

Manuel Brunauer, Maschinist & Pistenraupenfahrer

„Man droht uns auch Ohrfeigen an. Oder es heißt, wir würden bald von ihren Rechtsanwälten hören. Man lasse sich gar nichts sagen, weil der Berg gehöre uns nicht allein. Ich habe mir mittlerweile angewöhnt, dass ich manches auf die Hitze der Debatte zurückführe, selbst cool bleibe und ruhig wieder in meine Raupe einsteige. Mehr als zu warnen, das können wir eh nicht tun. Ich fürchte mich nur vor dem Tag, wenn wir hier Schwerverletzte oder Tote bergen müssen. Das gute Präparieren ist unsere Arbeit, die wir fast jeden Abend und manchmal in der Nacht machen, je nach Schneefall und Wetter. Und wir wollen nicht, dass jemand zu Schaden kommt.“

Laut Pistengehern hat Brunauer aber auch Kollegen, die beim Präparieren der Pisten nicht so ruhig bleiben wie er und gegebenenfalls auch bei der Wortwahl von Schreiduellen nicht zimperlich seien.

„Landtag hat zahnloses Gesetz gemacht“

Wie sieht insgesamt die rechtliche Lage aus? Einige Steilhänge im Skigebiet sind von der hier zuständigen Gemeinde Krispl-Gaißau für die Nacht zu behördlichen Sperrgebieten erklärt worden - ähnlich wie in anderen Gemeinden und Skiregionen. Basis ist das neue Sicherheitsgesetz des Landes Salzburg. Sehr ähnliche Regelungen gibt es auch in anderen Bundesländern.

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„Private Überwachung unfinanzierbar“

Gleichzeitig ist die Alpinpolizei für die Überwachung und mögliche Bestrafung von Sündern gar nicht zuständig. Das hat der Landtag sogar explizit ins Gesetz geschrieben. Es ginge nur mit einem privaten Wachdienst, der Übertretungen dokumentiert und der Bezirkshauptmannschaft anzeigt.

Andreas Ploner Bürgermeister von Krispl-Gaißau Gaissau (ÖVP)

ORF

Andreas Ploner, Bürgermeister

Unfinanzierbar für kleine Gemeinden, sagt dazu Bürgermeister Andreas Ploner (ÖVP) aus Krispl-Gaißau: „Das gibt es leider immer wieder - neue Gesetze und niemanden, der sich um ihre Umsetzung bzw. Einhaltung und Überwachung kümmert oder kümmern kann.“

Bürgermeister & Seilbahnchef ratlos

Martin Wallmann will als Betriebsleiter der Skischaukel nicht auch noch seine Nächte da oben verbringen. Und er will nicht dauernd Pistengeher warnen, ihre Daten sammeln, Fotos machen, um sie dann bei der Bezirkshauptmannschaft anzuzeigen. Das widerstrebt ihm als Gebirgler, der auch die Freiheit liebt. Oberlehrer für offensichtlich Unbelehrbare zu spielen, das mag der Nebenerwerbsbauer nicht: „Aber es werden immer mehr Touren- und Pistengeher, die sich nicht um Regeln kümmern und zu wenig Verantwortung für sich und andere im Gebirge übernehmen.“

Martin Wallmann Betriebsleiter Gaißau Gaissau Skischaukel Hintersee

ORF

Martin Wallmann, Betriebsleiter der Skischaukel

Auch bei unserem Lokalaugenschein haben wir in Gaißau einige gesehen, die in den behördlich gesperrten Zonen unterwegs waren. Von den Gehern bzw. Abfahrern war aber niemand zu einer Stellungnahme bereit. Andere wiederum hielten sich an die Vorgaben und gingen außerhalb der Sperrbereiche.

Auch Einsichtige unterwegs

Norbert Wimmer aus Obertrum (Flachgau) findet als Bankmanager am Abend hier einen privaten Ausgleich: „Wir achten immer darauf, dass wir auf den freigegebenen Bereichen gehen und fahren.“ Das bestätigt auch sein Berufskollege und Bergspezi Michael Braun, ein gebürtiger Münchner: „Natürlich haben wir Verständnis für die Sorgen der Seilbahner.“ Und der Pistengeher Herbert Höllerer aus Obertrum schließt sich dem an: „Es geht immerhin um unsere eigene Gesundheit. Außerdem gehen und fahren wir immer mit einer starken Stirnlampe, damit wir gut gesehen werden.“

„Hoffen weiter, dass nichts passiert“

Solche Blickwinkel freuen die Männer von der Seilbahn. Wegen der zunehmenden Zahl von „Schwarzen Schafen“ herrscht aber zunehmend Ratlosigkeit. Martin Wallmann: „Dieses neue Gesetz ist zahnlos.“

Es bleibe Bergbahnen im ganzen Land derzeit nicht viel übrig, so der Gaißauer Betriebsleiter: „Wir können weiter nur warnen - vor der Unfall- und Todesgefahr bei Dunkelheit. Und wir hoffen weiter. Dass nie etwas passiert.“

Gerald Lehner, ORF Salzburg

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Gefährliche Situationen

Ein Fernsehteam des ORF Landesstudios Salzburg hat sich bei Dunkelheit und dichtem Nebel auf Spurensuche gemacht - in Krispl-Gaißau-Hintersee.

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