„Erneuerer der Festspiele“ Mortier gestorben

In der Nacht auf Sonntag ist der ehemalige Salzburger Festspielintendant Gerard Mortier gestorben. Er litt an Bauchspeicheldrüsenkrebs. In seiner Intendanz 1991 bis 2001 modernisierte er die Festspiele - und sorgte für Aufregung.

Der 70-jährige Mortier war zuletzt künstlerischer Leiter des Teatro Real in Madrid. Für die Salzburger Festspiele war der Belgier von entscheidender Bedeutung: Nach dem Tod Herbert von Karajans 1989 machte Mortier in seiner Intendanz das Festival bereit für das 21. Jahrhundert.

Gerard Mortier im Oktober 2013, von seinem Krebsleiden gezeichnet

APA/EPA/Korte Rodrigo

Mortier im Oktober 2013, von seiner Krebserkrankung gezeichnet

Neustart der Festspiele nach Herbert von Karajan

Mortier erneuerte den Opernspielplan - in seiner Zeit wurden 25 Opern des 20. Jahrhunderts in Salzburg aufgeführt. Er verpflichtete Peter Stein als Schauspieldirektor und holte namhafte Regisseure wie Peter Sellars zu den Festspielen. Auch das Schauspiel- und Konzertprogramm wurde aufgewertet - etwa mit den Shakespeare-Dramen-Inszenierungen in der Felsenreitschule oder Programmen zur Neuen Musik.

Mortier erschloss den Festspielen auch neue Spielstätten - zum Beispiel die Alte Saline auf der Pernerinsel in Hallein (Tennengau). Mit dem Programm „Jugend und Festspiele“ gab es zudem auch verbilligte Karten für unter 26-Jährige.

Aufregung über Inszenierungen, bissig gegen Politik

Einige Inszenierungen unter Mortiers Intendanz sorgten aber regelmäßig für große Aufregung - so zum Beispiel die Monsterproduktion „Schlachten“ aus dem Jahr 1999 oder die „Fledermaus“-Inszenierung von Hans Neuenfels im Jahr 2001. Mortier verteidigte die Produktionen aber stets gegen die Kritiker. Immer zu verbalen Bissigkeiten bereit, legte sich das „Enfant terrible“ der europäischen Kulturszene mit der Salzburger Kulturprominenz ebenso an wie mit der österreichischen Politik.

Auch in Salzburg hatte der 70-Jährige noch Pläne: Ein Opernstudio im Salzburger Landestheater wird seinen Namen tragen. Er wollte dort Vorträge halten.

Die Salzburger Festspiel-Präsidentin Helga Rabl-Stadler

ORF

Helga Rabl-Stadler war öfter auch Zielscheibe von Gerard Mortier

„Er war ein Überzeugungstäter“

„Es ist ihm gelungen, nach der Ära Karajan eine Ära Mortier einzuleiten“, erinnert sich Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler. „Es war wunderbar, mit ihm zu arbeiten, wenn er zum Beispiel ‚St. Francois d’Assise‘ von Messiaen verwirklicht hat - eine Sache, an die sich niemand herangetraut hat. Und es war manchmal ganz schön schwer, wenn die Lust an der Provokation Künstler und Kollegen verletzt hat. Aber er war eben ein Überzeugungstäter. Er wollte alle von der Richtigkeit seines Bestrebens überzeugen. Und er war derjenige, der gesagt hat: ‚Die Salzburger müssen sich klar sein: Das sind ihre Festspiele.‘ Da ist ihm auch viel gelungen.“

Rabl-Stadler wurde auch oft zur Zielscheibe der Häme Mortiers. Das habe sie „gekränkt“, sagt die Festspielpräsidentin. „Ich wollte ja an seiner Seite sein. Ich war der Meinung, dass es richtig ist, dass er es anders gemacht hat als vorher. Mortier wollte, dass die Festspiele die besten und wichtigsten der Welt bleiben - und deshalb hat er nach Karajan alles geändert.“

Die Karriere Gerard Mortiers

Gerard Mortier wurde 1943 in Gent (Belgien) geboren und entstammte einer Bäckersfamilie. Nach einem Jus- und Kommunikationswissenschaft-Studium begann er 1968 seine Karriere als Assistent beim Flandern-Festival. 1981 übernahm er die Brüsseler Oper La Monnaie, 1991 wurde er nach Salzburg berufen.

2002 bis 2004 leitete er die erste RuhrTriennale, danach die Oper in Paris. Ein Wechsel an die New York City Opera 2009 wurde durch die Folgen der Finanzkrise vereitelt. 2010 übernahm er dann das Teatro Real in Madrid, wo er im September 2013 - bereits krebskrank - fristlos gekündigt, dann aber doch als Berater wieder eingestellt wurde.

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