Kritik an Gemeinden: „Vieles illegal“

Der Ex-Amtsleiter der Gemeinde Werfen (Pongau) kritisiert Gemeindevertretungen als Baubehörden zweiter Instanz. Mandatare würden sich Parteien und deren Klientel verpflichtet fühlen - nicht den Gesetzen. Bei Bauprojekten und Raumordnung sei das offensichtlich.

Gemeindeamt

APA/Helmut Fohringer

Die Debatte um Kompetenzen der Gemeindepolitik wird heftiger

Johann Weiss war 35 Jahre Amtsleiter der Gemeinde Werfen. Er finde es vollkommen richtig, dass künftig Berufungen in Bau- und Abgaben-Verfahren von Gemeinden nicht mehr von der jeweiligen Gemeindevertretung behandelt und entschieden werden sollten, sagte er zu ORF Radio Salzburg.

Parteipolitik & Freundeskreise

Die Schaffung neuer Landesverwaltungsgerichte sei ein richtiger Weg, schreibt Weiss auch in einem Brief an LHstv. Christian Stöckl (ÖVP) und den Landtagsklub der Grünen, die mit der Volkspartei in der neuen Landesregierung sitzen. Stöckl ist für die Gemeinden ressortzuständig.

Die Burg Hohenwerfen über Werfen (Pongau)

ORF

Festung Hohenwerfen in Werfen (Pongau), einst vorgeschobener Posten der mit absoluter Macht regierenden Erzbischöfe

Wie berichtet, hatte sich zuletzt der Hallwanger Bürgermeister Helmut Mödlhammer (ÖVP) und Chef des Österreichischen Gemeindebundes vehement dagegen ausgesprochen, den Gemeinden, ihren Mandataren und Bürgermeistern Kompetenzen wegzunehmen. Mödlhammer weist auch den Vorwurf zurück, dass Freunderlwirtschaft von „Dorfkaisern“ vielerorts die Gemeindepolitik bestimmen würde.

Weiss: „Viele Beschlüsse illegal“

Nun fordert der Ex-Amtsleiter von Werfen das Gegenteil von Mödlhammer und begrüßt die geplante Einführung einer neuen Kompetenzverteilung und anderen Möglichkeiten zur Berufung. Weiss betont, die Gemeindevertretungen fungieren derzeit bei Berufungen als offizielle Behörden und sollten eigentlich nur nach der Gesetzeslage entscheiden.

Die Praxis sehe aber völlig anders aus, so Weiss. Gemeindevertreter fühlten sich ihrer Partei und deren Klientel verpflichtet und würden oft nur nach eigenem Gutdünken entscheiden. Und Amtsberichte der Amtsleiter, die Entscheidungshilfen mit juritischen und anderen fachlichen Argumenten - zum Beispiel aus der Raumordnung - sind, würden „einfach ignoriert.“

Es gebe genügend Beispiele, so Weiss. In einem Berufungsfall habe das Amt der Salzburger Landesregierung als Aufsichtsbehörde der Gemeindevertretung von Werfen sogar reine „Willkür“ vorgeworfen und den Beschluss der Gemeindevertretung aufgehoben, betont der Pongauer Ex-Amtsleiter. Der Beschluss der Gemeindevertreter sei gegen seinen Amtsvorschlag gefallen. Es komme leider nie ans Licht, wie viele gesetzwidrige Beschlüsse und Entscheidungen bundesweit von Gemeindevertretern getroffen würden.

„Bürger wehren sich zu wenig“

Viele Bürger würden nämlich darauf verzichten, beim Amt der Landesregierung Widerspruch oder Protest einzulegen. Eine parteipolitisch agierende Behörde wie eine Gemeindevertretung tue sich einfach schwer, möglichst objektiv und dem Gesetz entsprechend zu entscheiden. Das sagt der ehemalige Werfener Amtsleiter zur laufenden Debatte, ob Gemeindepolitikern ein Teil ihrer Macht entzogen und objektiviert werden sollte.

„Nur Blabla“

Originalzitat zum Schluss des Briefes: „Das Gelöbnis der Gemeindevertreter (bei der Angelobung), die Gesetze des Bundes und das Landes zu beachten, ist nur Blabla.“

Wortlaut im Brief von Weiss (Download):

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