Neustart bei Osterfestspielen

Erstmals unter dem neuen künstlerischen Leiter Christian Thielemann und „seiner“ Sächsischen Staatskapelle Dresden beginnen am Samstag die Salzburger Osterfestspiele. Das Festival wendet sich heuer auch mehr an die Salzburgerinnen und Salzburger.

In ihren 47. Jahr stehen die Osterfestspiele vor einem Neubeginn: Das 1967 von Herbert von Karajan begründete Festival war mehr als vier Jahrzehnte untrennbar mit den Berliner Philharmonikern verbunden. Doch die Beziehung kriselte bereits seit Jahren, als die Berliner im Mai 2011 bekanntgaben, in Zukunft zu Ostern in Baden-Baden auftreten zu wollen.

Clemens Thielemann mit der Sächsischen Staatskapelle Dresden

Matthias Creutziger/Osterfestspiele

Thielemann für fünf Jahre künstlerischer Leiter

Wenige Wochen später stand der Neubeginn bereits fest: Christian Thielemann und die Sächsische Staatskapelle Dresden geben ab 2013 den Ton an. Sie bringen Richard Wagners Oper „Parsifal“ in der Inszenierung von Michael Schulz auf die Bühne. Die Entscheidung für Parsifal traf noch Sir Simon Rattle. Doch für Christian Thielemann war sie wie ein Geschenk: Denn 1981 war er blutjunger Assistent, als Herbert von Karajan in Salzburg „Parsifal“ herausbrachte - eine Begegnung, die Thielemann auch heute noch als prägend empfindet.

Noch nicht ausverkauft

Für fünf Jahre ist Thielemann künstlerischer Leiter der Osterfestspiele. „Sein“ Orchester, die Sächsische Staatskapelle Dresden, spielt Oper und Kammerkonzerte, außerdem einen Kammermusikabend und ein spezielles „Konzert für Salzburg“ zu moderaten Preisen. Mit populären Werken der beiden Jahresregenten Wagner und Verdi soll die heimische Bevölkerung für ein Festival begeistert werden, das oftmals als zu teuer und zu exklusiv galt.

Die Osterfestspiele brauchen Zustimmung nach den Skandalen um den früheren Geschäftsführer. Und sie brauchen auch das Publikum: Denn ausverkauft sind Opern und Konzerte noch nicht. Auch in Salzburg sei das Publikum abwartend geworden, sagt der geschäftsführende Intendant Peter Alward: „Es ist immer schwer, im Vorhinein wissen zu können, wie viele Leute kommen, weil die Leute viel später ihre Entscheidung treffen.“

„Jeder fünfte Förderer ist neu“

Alward ist es im Wesentlichen zu verdanken, dass die Osterfestspiel vor knapp zwei Jahren nach dem vermeintlichen Absturz schnell neue Partner und einen neuen künstlerischen Leiter fanden.

Das Publikum kann nun wählen zwischen den Osterfestspielen in Baden-Baden mit den Berliner Philharmonikern und jenen in Salzburg: "Die Zahl der Förderer hat sich ungefähr gleich gehalten, aber das interessante ist: „Wir haben neue Anmeldungen. Jeder fünfte ist neu. Und das ist toll“, sagt Intendant Alward. „Einige sind aus Altersgründen ausgeschieden, nur sehr wenige nach Baden-Baden, was mich sehr freut. Aber die Neuen sind sehr wichtig für uns - das bedeutet einen Generationswechsel und das ist sehr wichtig für uns.“

Das neue Publikum kommt aus Österreich, Deutschland, der Schweiz und aus Asien, betont Alward: „Das ist auch eine schöne Sache, weil Thielemann auch in Asien sehr beliebt ist.“

Szene aus "Parsifal"-Inszenierung bei den Salzburger Osterfestspielen 2013

Osterfestspiele Salzburg/Forster

„Parsifal“ auch in Dresden, Madrid, Peking zu sehen

Auch die Osterfestspiele ihrerseits werden nach Asien gehen: Denn Koproduktionspartner des „Parsifal“ ist neben der Oper in Dresden und dem Teatro Real in Madrid auch das Beijing Music Festival.

Sendungshinweise

3sat überträgt „Parsifal“ am Samstag ab 20.15 Uhr. Auf Ö1 ist die Oper am Karsamstag, 30. März, ab 19.30 Uhr zu hören.

Partnerschaften und Sponsoren sind weiterhin überlebenswichtig für die Osterfestspiele. Denn Subventionen gibt es nicht mehr automatisch: „Wir haben jetzt eine Ausfallshaftung, die theoretisch bis zu einer Million Euro ist - zwischen Land, Stadt und Tourismusförderungsfonds“, betont Alward. „Es ist aber nicht so, dass es eine Garantie ist.“ Wie viel Geld die Osterfestspiel tatsächlich brauchen, ist noch nicht klar. Abgerechnet wird erst nach dem letzten Festivaltag.

Thielemann: „Eine tolle Aufgabe“

Bei der „Parsifal“-Produktion ist die Vorfreude bei Dirigent Thielemann jedenfalls groß: „Wenn die Leute alle so mitmachen, wie sie hier jetzt mitmachen, und das Orchester so wunderbar spielt, dann fließt es manchmal von alleine. Es ist eine tolle Aufgabe für alle Beteiligten.“

Wagners betörende Farben, aber auch Textdeutlichkeit und klare Linien - das Publikum erwartet das gesamte Klangspektrum, das Wagner für die gegensätzlichen Welten des „Parsifal“ vorgesehen hat. In der Salzburger Inszenierung erscheinen sie lebensfeindlich bis zum Schluss: Auf der einen Seite die keuschen Gralsritter unter König Amfortas, der dieses Gebot verletzt hat und nun endlos leidet. Auf der anderen Seite das Reich von Klingsor und seinen Blumenmädchen. Er will nur Verführung als Rache dafür, dass er nicht Gralsritter werden konnte. Dazu zwei Figuren, die zwischen den Welten wandeln: Parsifal, der reine Tor und Kundry, Verführerin und für ihre Verführung Büßende.

Die Besetzung ist hochkarätig: Johan Botha in der Titelpartie und Michaela Schuster als Kundry. Wolfgang Koch singt Amfortas und Klingsor, Stephen Milling Gurnemanz.

Ende ohne Erlösung

Unkonventionelle Bilder prägen die Inszenierung von Michael Schulz - Bilder, die sich nicht direkt aus Wagners Anweisungen ableiten: Wichtig sind Torsi und Köpfe in Klingsors Welt, eine Szene wie aus einem Skulpturenpark, in der Welt der Gralsritter schweben Totenköpfe in großen Röhren aus Acrylglas. Im dritten Akt ist die Welt gefroren, statt Karfreitagsaue gibt es eine Eisscholle.

Die Erlösung, die Wagner vorsah, findet bei Michael Schulz nicht statt: „Weil Parsifal das akzeptiert, was ihm durch die Gralsenthüllung vermeintlich zur Kenntnis gegeben wird - nämlich dass Lust etwas Schlechtes ist und nur davon ablenkt, die eigene Aufgabe wahrzunehmen. Nur in der Askese und Beherrschung der Libido liegt die wahre Chance zur Bewusstseins-Erweiterung.“

Link: