Mordfall Krenn: „Neue Ermittlungen belasten Verdächtige“

Im Prozess um den mutmaßlichen Mord an dem Salzburger Roland Krenn liegen neue Ermittlungsergebnisse vor. Sie belasten laut Opferanwalt Stefan Rieder die 21-jährige Angeklagte. Deren Anwalt Kurt Jelinek weist das zurück.

Zudem wurde eine Anzeige ihres Verteidigers gegen ermittelnde Polizisten wegen Amtsmissbrauchs von der Staatsanwaltschaft mangels eines Anfangverdachtes nicht weiter verfolgt.

Komplizierte, genaue Ermittlungen

Laut Anklage sollen ein 24-jähriger Musiker und dessen damalige, mittlerweile 21-jährige Freundin den Akademiker Roland Krenn nach der Verabreichung von Pralinen, in denen sieben bis acht Tabletten des Medikaments Noctamid gemischt waren, in dessen Villa in der Stadt Salzburg am 19. Juli 2016 getötet haben.

Mitangeklagte Ex Freundin im Mordprozess Krenn wird von Justizwachebeamtin in den Gerichtssaal geführt

ORF

Die 21-jährige Verdächtige vor Gericht

Ein befreundeter 29-jähriger Wirt habe das Paar zu der Tat angestiftet. Das Motiv sei gewesen, aus dem Nachlass des Salzburgers ein schönes Leben zu führen. Die Leiche von Krenn wurde am 12. Mai 2017 in einem aufgelassenen Schweinestall auf dem Grundstück des Gastronomen im Innviertel nach einem Hinweis des bereits in Verdacht geratenen Musikers gefunden. Der Musiker gestand einen Raub ohne Tötungsvorsatz ein, die beiden anderen Angeklagten beteuerten ihre Unschuld.

Anwalt der Frau zeigte Polizisten an

Mit dem brisanten Fall ist seit 19. April ein Geschworenengericht beim Landesgericht Salzburg befasst. Nach fünf Verhandlungstagen wurde der Prozess am 3. Mai zur weiteren Beweisaufnahme vertagt. Die Verhandlung wird am kommenden Montag, 18. Juni, fortgesetzt. In der Zwischenzeit hat sich einiges getan. Der Verteidiger der 21-Jährigen hegte den Verdacht, dass Polizisten während des laufenden Prozesses illegal gegen seine Mandantin ermittelt und auf ihrem Google-Account im Internet recherchiert hätten. Er brachte am 13. Mai eine Anzeige bei der Staatsanwalt Salzburg gegen zwei namentlich genannte Polizisten und gegen weitere, unbekannte Beamte ein.

Keine Ermittlungen gegen die Polizisten

Weil das Strafverfahren gegen die drei Beschuldigten in Salzburg anhängig ist, wurde die neunseitige Anzeige von der Staatsanwaltschaft Linz geprüft. Diese hat am 11. Juni entschieden, dass von der Einleitung eines Ermittlungsverfahren gegen die Beamten „mangels Anfangsverdachtes“ abgesehen wird, wie die stellvertretende Sprecherin der Staatsanwaltschaft Linz, Ulrike Breiteneder, am Mittwoch auf Anfrage der APA erklärte.

Opferanwalt sieht „Ablenkungstaktik“

Opferanwalt Rieder - er vertritt im Prozess die beiden Schwestern des getöteten Krenn - ortete in dem Vorgehen des Verteidigers eine „Ablenkungstaktik“. „Mir platzt langsam der Kragen. Es geht offenbar darum, die Ermittler in ein schlechtes Licht zu rücken, von der Angeklagten abzulenken und die Geschworenen zu beeinflussen.“ Er erachte es vor Beginn der nächsten Verhandlung als seine Pflicht, einiges richtigzustellen, betonte der Rechtsanwalt. Die nun vorliegenden neuen Ermittlungsergebnisse würden Angaben der 21-jährigen Angeklagten zum Tattag widerlegen. Die Frau erklärte im Prozess, es habe einmal ein Abendessen mit „Garnelen und Salat“ mit Roland Krenn, ihr und dem Musiker in der Wohnung ihres Freundes im Flachgau stattgefunden, aber nicht am 19. Juli.

Hat beschuldigte Frau nicht die Wahrheit gesagt?

Rieder konterte: Die Erhebungen hätten nun ergeben, dass am 19. Juli 2016 mit einer Bankomat-Karte der Beschuldigten in einem Supermarkt im Flachgau um 16.45 Uhr eingekauft wurde. Auf dem Kassazettel stünden auch Waren wie Iglo Jumbo Garnelen, Iglo Königsgarnelen, Vogerlsalat, Schnittsalat, Biokarotten, Kuvertüre weiße Schoko und Haselnuss Krokant, schilderte Rieder. „Ihre Verantwortung ist widerlegt, sie habe mit der Sache nichts zu tun.“ Das Handy der Angeklagten sei zur Einkaufszeit auch an dem Ort eingeloggt gewesen.

Die Ermittlungen hätten weitere belastende Beweisergebnisse gebracht, so der Anwalt. Die 21-Jährige habe im Prozess ausgesagt, dass sie am 19. Juli 2016 am Nachmittag wegen Schlafstörungen die Ambulanz der Salzburger Christian-Doppler-Klinik (CDK) aufgesucht und dort - ohne Verwendung der E-Card - von einer Ärztin ein Post-it (Notizzettel, Anm.) erhalten habe, auf dem Arzneimittel notiert gewesen wären, darunter das Medikament „Benzodiazepin Noctamid“. Das Noctamid habe ihr dann eine Hausärztin verschrieben. Laut Angaben des Musikers hat er und die 21-Jährige das Schlafmittel Noctamid in die selbst gefertigten Pralinen gemischt, um Roland Krenn zu betäuben und dann auszurauben. Den Ermittlungen zufolge „war die Frau aber nicht in der Klinik“, sagte Rieder.

Laut einer Stellungnahme der CDK wurde am 19. Juli kein Kontakt mit der 21-Jährigen vermerkt. Der behandelnde Arzt wäre aber verpflichtet, einen Dekurs, also den Krankheitsverlauf, anzulegen. Zudem besitze die Klinik ein Rezepturrecht - in der Ambulanz würden Rezepte ausgestellt und keine Post-its den Patienten mitgegeben. Das hier genannte Noctamid werde in der Klinik nicht verwendet. Außerdem habe damals ein männlicher Arzt in der Ambulanz Dienst gehabt, wurde in der Stellungnahme der CDK noch vermerkt.

Weitere Ermittlungen über den Hund der Frau

Die Ermittlungen hätten zudem eine Aussage der Frau widerlegt, wonach ihr Hund im Auto am 19. Juli vor der Klinik warten habe müssen und ein Passant die Polizei gerufen habe, erklärte der Opferanwalt. Es habe tatsächlich eine Kennzeichenabfrage der Polizei gegeben, allerdings am 28. Juni, an dem die 21-Jährige zusammen mit dem Musiker die Klinik wegen Partnerproblemen aufgesucht habe. Rieder stieß auch noch sauer auf, dass in den Medien zwar berichtet wurde, dass gegen eine Schwester von Roland Krenn wegen des Verdachtes der Testamentsfälschung ermittelt werde. Dass das Strafverfahren wegen Urkundenfälschung und Betruges am 30. Mai von der Staatsanwaltschaft Salzburg bereits eingestellt wurde, davon sei nichts geschrieben worden. Unverständlich für die Angehörigen sei auch, dass die Leiche von Krenn immer noch nicht zur Beerdigung freigegeben worden sei, kritisierte der Rechtsanwalt.

Im weiteren Prozessverlauf soll nun ein IT-Experte sein Gutachten erörtern. Beleuchtet werden digitale Spuren der Angeklagten im Internet und auf Mobiltelefonen, die Hinweise über die zeitlichen und örtlichen Aufenthalte der Beschuldigten am mutmaßlichen Todestag von Roland Krenn geben könnten. Der SMS-Verkehr des Trios wird ebenfalls unter die Lupe genommen. Der Gutachter soll auch eine zeitliche Auflistung der Ergebnisse der Rufdatenrückerfassung im vermuteten Tatzeitraum vorlegen.

Anwalt der angeklagten Frau kontert

Der Verteidiger der 21-jährigen Angeklagten, Kurt Jelinek, hat Mittwoch im APA-Gespräch erneut die Unschuld seiner Mandantin betont. Die Angeklagte habe an jenem 19. Juli 2016 nicht selbst in dem Supermarkt eingekauft, „sie bestreitet das vehement“. Der Rechtsanwalt geht davon aus, dass der mitangeklagte Musiker mit der Bankomatkarte eingekauft habe.

„Musiker laut Gutachten ein Psychopath“

Weil der Musiker - er war der Freund der Flachgauerin - damals keine Arbeit und kein Geld gehabt habe, habe ihm die 21-Jährige die Bankomatkarte immer wieder gegeben, sagte Jelinek. Der Verteidiger erklärte zudem, dass es sich aus dem Google-Account der Frau sehr wohl ergebe, dass sie am 19. Juli 2016 in der Christian-Doppler-Klinik gewesen sei. „Ich möchte noch auf einen Umstand besonders hinweisen: Dass es sich bei dem Musiker laut dem Gerichtsgutachten der Psychiaterin Adelheid Kastner um einen Psychopathen handelt, ist trotz aller Widersprüche in keiner Weise in die Ermittlungen zu dem Strafverfahren eingeflossen.“

Was seine Anzeige gegen die Polizisten betreffe, so hätten die Beamten in einem Aktenvermerk selbst dargelegt, dass sie, nachdem der Prozess im Fall Krenn bereits gestartet war, am 23. April 2018 im Google-Account der Beschuldigten waren. „Aus meiner Sicht ist die Vorgehensweise der Polizisten mit der Strafprozessordnung nicht in Einklang zu bringen.“ Der Verteidiger des Musikers, Rechtsanwalt Franz Essl, hatte das Gutachten der von der Staatsanwaltschaft beauftragten Sachverständigen Kastner allerdings als „schwer fehlerhaft“ bezeichnet. „Die Hauptverhandlungen haben schon gezeigt, dass mein Mandant kein Psychopath ist“, erklärte Essl.

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