Zehn Tage im Gebirge überlebt: Lob der Bergretter

Experten sind froh, dass der deutsche Wanderer Marco Brauner die Biwakschachtel in den Loferer Steinbergen mehr als eine Woche lang nicht verlassen hat. Wäre er abgestiegen, hätte er leicht in Lawinen sterben können, sagen Bergretter.

Marco Brauner Schneeschuhwanderer Leoganger Steinberge

Salzburger Nachrichten / Robert Ratzer

Marco Brauner aus Traunreut

Der 44-jährige Schneeschuhwanderer und Alpinist Marco Brauner aus Traunreut im oberbayerischen Chiemgau, ein gebürtiger Berliner, hat insgesamt zehn Tage in einer Biwakschachtel hoch in den Loferer Steinbergen (Pinzgau) ausgeharrt. Er wartete Schlechtwetter, Schneesturm, Nebel und große Lawinengefahr ab - davon sechs Tage ohne Essen. Dienstag wurde er von der Besatzung eines Hubschraubers der österreichischen Alpin-
und Flugpolizei aus Salzburg gerettet.

„Als Einsatzkräfte sind wir froh, dass der Mann trotz des Nahrungsmangels so zäh ist und über all die Tage nicht von der Biwakschachtel heruntergegangen ist, sonst wäre er jetzt vermutlich tot“, lobt Martin Leitinger von der Bergrettung Lofer das Verhalten Brauners: „Es bläst in diese riesigen Steilhänge immer wieder sehr viel Neuschnee hinein. Deshalb kann es auch schnell zu spontanen Lawinen kommen, die sich auch selbst auslösen. Er hat alles richtig gemacht.“

Ochsenhorn Loferer Steinberge Deutscher aus Biwak nach zehn Tagen gerettet

Österr. Sportfliegerclub / Gerald Lehner

Lage der Biwakschachtel

Die Geschichte des Altenpflegers findet seit Mittwoch auch in deutschen Medien ein regionales und bundesweites Echo. Brauner hat mittlerweile Anfragen für Interviews von Magazinen, Zeitungen, Radio- und Fernsehstationen. Er allerdings macht sich Sorgen, dass durch den Medienrummel und immer mehr Touristen die Einsamkeit und Ruhe seiner geliebten Berge in Österreich und Bayern aufs Spiel gesetzt werden könnte, wie er dem ORF sagte.

Fast eine Woche nichts zu essen

Der gut ausgerüstete Schneeschuhwanderer mit seinen markanten Rasta-Locken war Sonntag vor einer Woche nur für eine Nacht zum „Neuen Biwak“ („Prax Biwak“) aufgestiegen. Dann kam noch am späten Abend ein Wettersturz mit immer neuen Schneemassen, der den Rückweg ins Tal unmöglich machte. Die schroffen, steilen und in Bezug zur Seehöhe im Tal sehr hohen Kalkberge um die Wallfahrtskirche Maria Kirchenthal bei St. Martin und Lofer kannte der Mann bisher von Sommerwanderungen. Die neue Biwakschachtel haben Loferer Bergretter in den letzten Jahren errichtet - mit ihrem privaten Geld und viel Arbeit.

In dem kleinen Unterstand im Bereich des 2.511 Meter hohen Ochsenhorns - hoch über dem Mitterpinzgauer Saalach-Tal hatte der Altenpfleger über zehn Tage und neun Nächte seinen Schutz vor Wind und Wetter. Ein kleiner Herd samt Feuerholz steht dort zur Verfügung. Für den Tee schmolz er Schnee.

Polizeihubschrauber Flugpolizei Libelle Ecureil Flugeinsatzstelle Helikopter

Zoom

Salzburgs Flugpolizei sorgte für die sichere Rückkehr des unverletzten Mannes

Lawinensituation immer gefährlicher

Verpflegung hatte Brauner für die erste Zeit genügend dabei. Nach drei Tagen ging sie ihm aber aus. Fast eine Woche hatte er dann nichts Kräftigendes mehr zu essen. Er erkannte, dass die Schnee- und Lawinenlage immer noch gefährlicher wurde – und keine Entspannung war in Sicht.

So wählte der Wanderer am Dienstag, dem zehnten Tag, via Mobiltelefon den Notruf und bat um Hilfe. Bergretter konnten wegen der großen Lawinengefahr nicht aufsteigen. Die Alpin- und Flugpolizei des Innenministeriums schickte ein Hubschrauberteam der behördlichen Einsatzstelle auf dem Salzburger Flughafen.

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Starker Wind erschwert Einsatz

Den beiden Männern des Polizeihubschraubers „Libelle“ gelang es am Dienstagnachmittag trotz des starken Windes, in der Nähe der Biwakschachtel zu landen und den Wanderer an Bord des Helikopters zu nehmen. Brauner wurde unverletzt ins Tal geflogen, bedankte sich, verabschiedete sich, kaufte sich gleich eine Wurstsemmel. Der Polizei sagte er, dass er einer Wetter-App auf dem Smartphone vertraut habe, als er ins Hochgebirge aufbrach. Diese habe am 14. Jänner offenbar eine völlig falsche Prognose angezeigt.

Geretteter muss nichts bezahlen

Weil er sich laut Alpinpolizei eindeutig in einer hochalpinen Notlage befand, muss der Mann den Hubschraubereinsatz nicht bezahlen. Eine der Aufgaben der Flugpolizei ist es im hoheitsrechtlichen Sinn der Republik, Menschen in Not zu helfen, auch dann, wenn sie unverletzt sind und keinen Arzt benötigen, wenn sie zum Beispiel nachweislich nicht mehr aus eigener Kraft ins Tal oder in sichere Bereiche kommen - bzw. wenn ihnen Verletzungen oder der Tod drohen.

Gleiches gilt für Suchaktionen im Gebirge, die rechtlich als Fahndungen eingestuft sind. Kostenpflichtige Rettungshubschrauber von privaten Betreibern - mit Notärzten an Bord - kommen laut Gesetz in den meisten Fällen erst dann zum Einsatz, wenn es schon Verletzte gibt.

Gerald Gundl, Gerald Lehner, salzburg.ORF.at

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