Filmdoku über illustres Paar in Brasilien

Mit „Saudade - Rendezvous in Brasilien“ haben Herbert Lindsberger und Ulrike Halmschlager eine Filmdoku über den Salzburger Komponisten und Freimaurer Sigismund Ritter von Neukomm (1778 bis 1858) und Maria Leopoldine gedreht, die Kaiserin von Brasilien.

Maria Leopoldine von Österreich Kaiserin von Brasilien

Gemälde von Joseph Kreutzinger (1757 - 1829)

Maria Leopoldine aus dem Hause Habsburg, Kaiserin von Brasilien

Ihre Wege kreuzten sich im schon damals sehr schönen und reizvollen Rio de Janeiro. Er war Komponist aus Salzburg und Fan von Mozart, Lieblingsschüler von Josef Haydn, Weltreisender, früher Aufklärer, Freimaurer, Wissenschafter, Diplomat, Abenteurer.

Sie war eine Tochter aus dem Hause Habsburg, später Kaiserin von Brasilien und maßgeblich am politischen Kampf für die Unabhängigkeit des riesigen Landes von Portugal beteiligt. Ein neuer Dokumentarfilm aus Salzburg zeigt nun diese beiden Biografien. Offiziell war ihre Verbindung rein künstlerisch und kulturell motiviert. Ob sie im Geheimen auch ein Paar waren, bleibt weiterhin Gegenstand von Spekulationen und Fiktionen. In Brasilien gibt es Wissenschafter, die vermuten, dass Neukomm homo- oder bisexuell gewesen sein könnte, weil in seinen Tagebüchern nur Männer vorkommen.

Sigismund Neukomm

Zeitgenössisches Portrait

Sigismund Ritter von Neukomm

Heimweh, kulturelle Wurzeln

Ritter von Neukomm traf während seiner Jahre in Brasilien auf Maria Leopoldine von Österreich (1797 bis 1826). Die Tochter von Kaiser Franz I. heiratete 1817 in Rio de Janeiro den portugiesischen Kronprinzen Pedro I. und gilt in Brasilien manchen Fans des ehemaligen Kolonialreiches noch heute als Landesmutter.

Musikwissenschafter und Kamerafrau

„Beide sind in Europa wenig bis gar nicht bekannt, genießen in Brasilien jedoch Kultstatus oder zumindest adäquaten Bekanntheitsgrad“, sagt der Musiker und Musikwissenschafter Herbert Lindsberger.

Zusammen mit ORF-Kamerafrau und Regisseurin Ulrike Halmschlager hat er dieses Projekt verwirklicht. Der Film der beiden Salzburger folgt zunächst dem Leben Neukomms: „Er war ein Rastloser, vom Fernweh getrieben. Sein Weg führte ihn von Salzburg nach Wien, Paris, St. Peterburg - und schließlich nach Rio de Janeiro.“ Dort wurde er als Kompositionslehrer am Kaiserhaus eingeführt, ein Jahr später kam Leopoldine an den Hof.

Vier gemeinsame Jahre verbrachten die beiden bis 1821 am Kaiserhof in Rio. Eine amouröse Beziehung soll der Titel des Films nicht implizieren: „Rendezvous ist hier im ursprünglichen Wortsinn als Treffen unter Künstlern zu verstehen, nicht als Stelldichein.“ Die beiden musizierten, spielten vierhändig Klavier, unterhielten sich auf Französisch. „Sie litt an Heimweh, aber die Treffen haben ihr offenbar viel Kraft gegeben“, sagt Lindsberger.

Tod mit knapp 30 Jahren

Als Neukomm zurück nach Europa ging, blieb Leopoldine im Land. Sie starb nur wenige Jahre später, noch vor ihrem 30. Geburtstag an den Folgen einer Fehlgeburt - möglicherweise nach Misshandlungen durch ihren Gatten. Der titelgebende portugiesische Begriff „Saudade“ kann dabei für beide Protagonisten stehen. Von „Weltschmerz, Wehmut, Traurigkeit, Blues“, schreibt das Online-Lexikon Wikipedia, von „Fernweh und Lamento“, spricht Lindsberger.

Mozart überstrahlte Neukomm

Zwei Jahre dauerten die Recherchen für das Filmprojekt, viele Informationen stammen aus Tagebüchern und Briefen: „Ich wollte Genaueres erfahren über sein spannendes Leben, seine abenteuerlichen Reisen, was ihn trieb und wohin es ihn führte.“ Dann wurde drei Jahre lang gedreht, auch an Originalschauplätzen. Als Gesprächspartner kommen auch Dirigenten, eine Theaterwissenschafterin und eine Leopoldine-Forscherin zur Wort. „Ich selbst bin während eines Aufenthalts in Brasilien auf Neukomm aufmerksam gemacht worden. Er ist keiner, den man im Laufe seines Studiums kennenlernt“, erzählt Lindsberger. Dabei habe der Salzburger mehr als 2.000 Kompositionen geschaffen, 50 davon in Brasilien. Doch Mozart - 22 Jahre vor Neukomm geboren - habe damals alles überstrahlt.

„Saudade - Rendezvous in Brasilien“, eine Dokumentation von Ulrike Halmschlager und Herbert Lindsberger. Österreich, 2015, Laufzeit: 60 Minuten. Sprecher: Sven-Eric Bechtolf und Sinikka Schubert. Zu sehen erstmals im Salzburger Filmkulturzentrum „Das Kino“ am Wochenende, dann wieder beim Fest zur Festspieleröffnung und möglicherweise zukünftig auch in ORF-Programmen. Das werde noch ausverhandelt, sagt Kamerafrau und Regisseurin Ulrike Halmschlager.

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