Alpinunfälle: Debatte über Totenbergung

Bei Fusch (Pinzgau) ist Freitag ein Bergwanderer aus Portugal abgestürzt. Bergretter kritisieren, dass die Polizei das Team des Rettungshubschraubers Alpin Heli 6 am Samstag angewiesen habe, den Toten nicht mitzunehmen. Die Alpin- und Flugpolizei brachte ihn Samstagabend nach einem Sturm ins Tal.

Polizeihubschrauber im Einsatz.

Gerald Lehner

Polizeihubschrauber Eurocopter EC 135

Der Leichnam des 50-jährigen Portugiesen ist bis zum frühen Samstagabend im Hochgebirge gelegen. Zuvor gab es eine Wetterberuhigung. Ein Polizeipilot des behördlichen Hubschraubers „Libelle“, ein Bergführer der Alpinpolizei und Bergretter aus Fusch (Pinzgau) nutzten diese für diesen Flug zur Bergung des Toten und die Untersuchung der Unfallstelle. Seit der Nacht gab es immer wieder dichten Nebel, Sturm und relativ große Mengen Neuschnee in dem Gebiet zwischen Kapruner und Fuscher Tal - mit der Gefahr kleinerer Schneebretter im Steilgelände. Hubschrauber durften unter solchen Bedingungen nicht fliegen.

Bedenken bei Ehrenamtlichen

Zuvor hatte es einige Diskussionen um die Vorgangsweise der Polizei gegeben. Harald Etzer von der Bergrettung Kaprun kann nicht verstehen, warum die Polizei am Samstagmorgen nicht zustimmte, dass private Rettungsflieger des Hubschraubers Alpin Heli 6 den toten Wanderer mitnehmen. Dieses Team aus Zell am See fand nämlich Samstagfrüh bei einem Suchflug den Vermissten, wollte ihm noch helfen und stellte den Tod fest. Die private Maschine wird von ÖAMTC und Schider Helicopter Service betrieben.

Laut Etzer hätte die Bergrettung (ÖBRD) einen zusätzlichen Aufwand und unnötige Gefahren zu bewältigen, wenn ihre ehrenamtlichen Spezialisten neuerlich bei Schlechtwetter zu Fuß ins Hochgebirge hätten aufbrechen müssen, um den Toten zu holen. Sie hatten sich bereits die Nacht auf Samstag bei einer mühsamen Suchaktion um die Ohren geschlagen - in der Hoffnung, noch einem Lebenden helfen zu können.

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Österreichischer Bergrettungsdienst

Das Team von Alpin Heli 6 fand den Toten und wollte ihn mitnehmen

Belastung für Familie

Einsatzkräfte verweisen auch auf die zusätzliche Belastung für die Urlauberfamilie, wenn der Tote nun noch länger in den Bergen liegen sollte. Schon in der Nacht auf Samstag hatten Bergretter aus Kaprun und Fusch eine große Suchaktion für den abgängigen Portugiesen gestartet. Er war Freitag von den Kapruner Stauseen zu einer hochalpinen Wanderung auf einem Steig über das Gebiet des mehr als 3.000 Meter hohen Bauernbrachkopfes hinüber ins Fuscher Tal gestartet und dürfte dann auf dem feuchten und rutschigen Steig ausgerutscht und 100 Meter über felsiges Gelände abgestürzt sein. Der Unfallort befindet sich unweit der Gleiwitzer Hütte hoch über Fusch.

Polizei entgegnet: Nachtflüge durchgeführt

Die Alpin- und Flugpolizei erklärt dazu, dass sich auch ihre Spezialisten sehr wohl intensiv bemüht hätten, den Vermissten noch in der Nacht auf Samstag lebend zu finden. Ein Kärntner Polizeihubschrauber mit Wärmebild-Kamera und Nachtsichtgeräten habe das Suchgebiet bei Dunkelheit abgeflogen, sagte der Salzburger Polizeipilot Harald Strimitzer dem ORF. Er habe selbst dann am Samstagmorgen mit einer weiteren Einsatzmaschine mehrfach versucht, die Unfallstelle vor dem Wettersturz noch zu erreichen und den Toten an Bord zu nehmen.

Bergrettung Kaprun Aufbruch zum Nachteinsatz

Bergrettung Kaprun / Hans Dörfler

Vorbereitung und Treffen der Ehrenamtlichen zum Nachteinsatz mit mühsamem Aufstieg bei der ÖBRD-Basis Kaprun

Auch ihm sei klar, dass es eine weitere Belastung für die Urlauberfamilie sei, wenn das Team eines Rettungshubschraubers zuvor schon beim Toten war, und dieser noch nicht ins Tal gebracht wurde, sagt Polizeipilot Strimitzer. Andererseits müsse sich die Polizei im Rechtsstaat Österreich an gesetzliche Vorgaben halten, und dabei seien primär eben Polizeimaschinen vorgesehen: „Rechtlich gesehen ist es ein Tatort, wenn ein toter Mensch gefunden wird.“

Suchaktion auf dem Boden ergebnislos

Der Urlauber hatte Freitag mit seiner Familie die Hochgebirgsstauseen besucht und war dann allein aufgebrochen. Gegen 16.30 Uhr telefonierte er noch einmal mit seiner Frau. Als er bei Eintritt der Dunkelheit nicht zurück im Hotel und auch via Handy nicht erreichbar war, schlug seine Gattin Alarm. Noch in der Nacht machten sich Bergretter aus Kaprun und Fusch auf die Suche. Der Einsatz musste gegen 1.00 Uhr ergebnislos abgebrochen werden und wurde im ersten Tageslicht wieder aufgenommen.

Gegen 8.00 Uhr sichtete die Besatzung des Zeller Rettungshubschraubers „Alpin Heli 6“ im Bereich des „Brachkees“ den leblosen Körper des Vermissten. Die Fundstelle liegt in ca. 2.450 Metern Seehöhe unter einem Grat in schwierigem Gelände.

Bergrettung Kaprun Aufbruch zum Nachteinsatz Harald Etzer

Bergrettung Kaprun / Hans Dörfler

Kapruner Bergrettungschef Etzer

Steig nass, glitschig

Der Portugiese dürfte zwischen Oberer und Unterer Jägerscharte abgestürzt sein. „Der Weg ist versichert (Anm. mit Seilen), aber es herrschten schwierige Verhältnisse. Der Steig war nass und glitschig, der Mann dürfte ausgerutscht sein“, sagt Harald Etzer von der Bergrettung Kaprun. Die Angehörigen des Opfers aus Portugal werden derzeit von einem Kriseninterventionsteam des Roten Kreuz betreut.

Austria Presse Agentur & Gerald Lehner, Radio Salzburg / salzburg.ORF.at

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