380 kV-Debatte: Prozess unter Nachbarn

Die geplante 380-kV-Leitung in Salzburg hat der Austrian Power Grid AG (APG) die zivilrechtliche Klage eines Anrainers eingebracht. Er beschuldigt die APG, der Intervention einer Industriellenfamilie in seiner Nachbarschaft nachgegeben zu haben - zu seinem Schaden.

Eine Salzburger Industriellenfamilie habe interveniert, sodass die Trasse der geplanten 380 kV-Leitung entgegen früheren Planungen näher an seinem Grundstück verläuft, argumentiert der Anrainer, der nun klagt. Der Technische Vorstand der APG dementierte die Anschuldigungen am Montag bei einem Prozess in Salzburg.

„Unlauteres Verhalten“ der APG?

Der Kläger wohnt in Werfen (Pongau). Er wirft der Verbund-Tochter APG „unlauteres Verhalten“ vor und klagte auf Unterlassung der Errichtung der Freileitung so nahe an seinem Grundstück. Sein Mandant sei überrascht gewesen, dass die Trasse nun nur mehr 350 Meter von seinem Haus entfernt liegt, sagte der Rechtsanwalt des Anrainers, Michael Kowarz, vor Prozessbeginn zur APA. Auf einer älteren Planungsvariante sei ein größerer Abstand eingezeichnet gewesen.

„Trassenverlauf durch Interventionen“

Der im Rahmen des UVP-Verfahrens eingereichte Trassenverlauf sei allein das Ergebnis von Interventionen und nicht von technischen Notwendigkeiten, wie die APG argumentiere, ist der Anrainer überzeugt. Der ehemals von der Salzburger Landesregierung eingesetzte EU-Koordinator Georg Wilhelm Adamowitsch habe die Trasse noch viel weiter entfernt von seinem Grundstück gelegt.

APG weist Vorwürfe zurück

Der Technische Vorstand der APG, Gerhard Christiner, konterte: Die von Adamowitsch vorgeschlagene Variante habe in den verschiedensten Gebieten eine Riesenaufregung verursacht und sei weder technisch noch rechtlich umsetzbar gewesen. In diesem Korridor sei zudem eine große Auerhahn-Population angesiedelt. „Nach unseren Sachverständigen wäre diese Trasse niemals genehmigungsfähig gewesen. Wir versuchen die bestmögliche Akzeptanz zu erreichen. Mir gegenüber hat sich der Anrainer auch nie beschwert.“

Den Vorwurf von Interventionen wies Christiner heftig zurück: Niemals sei jemand von der Industriellenfamilie oder deren Mitarbeiter in dieser Causa an ihn herangetreten. Ein ehemaliger hochrangiger Mitarbeiter des Unternehmens bestritt ebenfalls gegenüber Zivilrichterin Ursula Meßner jegliche Einflussnahme. Und ein ornithologischer Sachverständiger erklärte, die nun eingereichte Variante würde das Schutzgebiet des Auerhahns schonen.

Beweisaufnahme, Urteil ergeht schriftlich

Die Richterin hat Montag die Beweisaufnahme eröffnet und mehrere Personen, darunter den Chef des Industrieunternehmens, zur Einvernahme geladen. Der Kläger war nicht anwesend, er ließ sich wegen einer dringenden Geschäftsreise von seinem Anwalt entschuldigen. Das Urteil wird schriftlich ergehen.