Obersalzberg: Wirbel um Kündigungen

Im NS-Dokumentationszentrum am Obersalzberg wurden jetzt alle 22 Ausstellungs-Führer gekündigt. Der Grund: Die Mitarbeiter aus Salzburg und Bayern seien scheinselbstständig. Der Ärger bei den Betroffenen ist groß: Sie verloren quasi über Nacht ihren Job.

Jahrelang führten die 22 Rundgangsleiter die Besucher durch das NS-Dokumentationszentrum am Obersalzberg. Mit 31. Oktober verlieren sie Ihren Job. Das Institut für Zeitgeschichte (IfZ) München-Berlin als Betreiber des Zentrums verlängerte kurzerhand die Verträge der freiberuflichen Mitarbeiter nicht mehr. Das Institut steht im Verdacht, die Fremdenführer jahrelang als Scheinselbstständige beschäftigt und so Sozialversicherungsbeiträge gespart zu haben.

Führung im Dokumentationszentrum Obersalzberg

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Die 22 Rundgangsleiter stehen quasi über Nacht ohne Job da

„Problem war schon länger bekannt“

22 Rundgangsleiter, die bisher die Besucher an der Stelle von Adolf Hitlers ehemaliger Bergresidenz führten, erfuhren von der Entscheidung erst am letzten Freitag.

„Uns - und mich persönlich - erstaunt an dieser Situation erstens der Umgang mit den Mitarbeitern“, sagt Rundgangsleiter Erwin Meier-Heindl. „Ich glaube, das Problem war beim IfZ schon länger bekannt. Wir haben zwar öfters nachgefragt, was denn mit den Verträgen sei. Es wurde uns mitgeteilt, dass das in Bearbeitung wäre. Letztendlich erfahren haben wir das Problem auch am letzten Freitag nicht.“

Angst vor Bunker- und Gruseltourismus

Darüber hinaus fürchten die Historiker, dass jetzt ein ungefilterter Bunker- und Gruseltourismus einsetzen und der Obersalzberg zu eine Touristenort verkommen könnte: „Das ist es aber nicht. Das ist ein Täterort“, betont der Salzburger Rundgangsleiter Tibor Légrády. „Man muss wissen, dass der Obersalzberg nicht nur eine Sommerresidenz von Adolf Hitler war, wo er mit der Eva Braun in der Sonne gesessen und seinen Hund gestreichelt hat, sondern da wurden Sachen beschlossen - vom Holocaust angefangen bis zum Angriff auf die Sowjetunion.“

Dokumentationszentrum Obersalzberg

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Erwin Meier-Heindl irritiert dagegen sehr, „dass hier heroben meiner Meinung nach der Bildungsauftrag auf Grund der Vorgehensweise des IfZ sehr stark in Mitleidenschaft gezogen wird - und auch der weltweite Ruf, den die Dokumentation Obersalzberg seit Jahren hat, hier auf Dauer beschädigt wird.“

Offen, wie es weitergeht

Das Institut für Zeitgeschichte München bedauert diese harte Maßnahme. Man sei sicher gewesen, dass die Mitarbeiter selbstständig und freiberuflich durch das Dokumentationszentrum führen. Die Sozialversicherung sehe das aber anders und spreche von Scheinselbstständigkeit.

Gerade erst begrüßte man am Obersalzberg den Zweimillionsten Besucher. Wer jetzt die zahlreichen Interessierten durch die Anlage führen soll, ist bisher offen.

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