Auch Lebenshilfe gegen Behindertenheim

Der Streit um das Behindertenheim auf Schloss Schernberg in Schwarzach (Pongau) geht weiter. Die Lebenshilfe unterstützt den grünen Soziallandesrat Heinrich Schellhorn gegen SPÖ und Gemeinde Schwarzach. Die entgegnet, die Lebenshilfe sei eigennützig gegen Schernberg.

Schloss Schernberg Euthanasie Nazis Nationalsozialismus St. Veit Pongau

Gerald Lehner / imschatten.org

Schloss Schernberg auf der normalerweise sehr warmen Sonnenterrasse des Pongaues, hier im herbstlichen Nebel

Wie ausführlich berichtet, lehnt der grüne Soziallandesrat Schellhorn eine Umsetzung des bereits 2011 beschlossenen Sanierungskonzeptes für das Schloss Schernberg in Schwarzach strikt ab.

Die Schwarzacher Gemeindevertretung und Bürgermeister Andreas Haitzer wollen jedoch mit ihrer Petition an den Landtag erreichen, dass das seit 1846 bestehende Behindertenheim der katholischen Vinzenz-Gemeinschaft für die 118 behinderten Bewohner rasch umgebaut und modernisiert wird.

Lebenshilfe: „Gegen UN-Konvention“

Steuergeld in große, zentrale Wohnformen für Behinderte zu investieren, das stehe im Widerspruch zu UNO-Behindertenrechtskonvention, argumentiert die Lebenshilfe. Die Organisation unterstützt die Forderung des grünen Soziallandesrates Heinrich Schellhorn, der kleinere Betreuungseinheiten einfädeln will.

Eine Einrichtung für 118 Personen wie auf Schloss Schernberg entspreche keinesfalls den Bedürfnissen der Behinderten. Das betont Michael Russ, Präsident der Lebenshilfe Salzburg: „Es ist besser, wenn in durchmischten Wohngebieten kleine Einheiten integriert werden - mit jeweils zwölf bis 15 Menschen mit Beeinträchtigungen. Ein UN-Komittee hat erst in den letzten Wochen festgestellt, dass es in Österreich noch viele große Institutionen bei der Betreuung gibt.“

Russ: „Keine Kritik an Team von Schernberg“

Russ ergänzt in einer Aussendung, die Kritik richte sich nicht gegen das Arbeitsteam von Schernberg. Überholt seien jedoch Größe und Struktur der Institution: "Im Mittelpunkt muss die Selbstbestimmung der Menschen stehen. Deshalb führt diese Debatte am eigentlichen Thema vorbei.“ Es gehe für Behinderte zunächst darum, den Zugang zur Betreuung selbstbestimmt zu gestalten:

„Heute können sie nicht wirklich entscheiden, welchen Dienstleister sie in Anspruch nehmen. Da wird einfach nach Maßgabe freier Plätze zugeteilt. Wir kennen das Team in Schernberg als zuverlässigen und kompetenten Partner und vertrauen darauf, dass Schernberg seine Erfahrung auch in Zukunft – vor dem Hintergrund der UN-Konvention – einbringen wird“, so Michael Russ, Präsident der Salzburger Lebenshilfe.

Sachwalter: „Ausbau wäre erster Schritt“

Christian Berger, Geschäftsführer des Sachwalter-Vereins in Schernberg, teilte Mittwoch in einer Aussendung zu den Argumenten der Lebenshilfe und des Landesrates Schellhorn mit: „Art. 19 der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen fordert, dass diese die Möglichkeit haben sollten, ihren Aufenthaltsort zu wählen und zu entscheiden, wo und mit wem sie leben wollen. Dieses Selbstbestimmungsrecht kann nur verwirklicht werden, wenn sie aus verschiedenen Wohnformen auswählen können.“

„Viele Formen der Betreuung nötig“

„Wir brauchen dringend zusätzliche Wohnangebote mit unterschiedlichsten Unterstützungsformen, von der intensiv betreuenden Einrichtung bis zum selbständigen Wohnen mit Assistenz. Alle Wohnformen müssen jedoch - wie in Art. 28 UN-Konvention festgeschrieben - einen angemessenen Lebensstandard bieten. Die von der früheren SPÖ-ÖVP-Landesregierung versprochene Verbesserung im St. Vinzenz-Heim wäre nur ein erster Schritt“, sagt Berger.

Zur Kritik der Lebenshilfe entgegnet Berger: „Erst kürzlich ist eine Klientin einer Lebenshilfe-Einrichtung, die wegen ihrer speziellen Bedürfnisse dort nicht länger bleiben konnte, in eine andere Wohnform übersiedelt - nämlich in das St. Vinzenz-Heim von Schernberg.“

Schloss Schernberg bei St. Veit, Pflegeheim für Behinderte.

Gerald Lehner / imschatten.org

Festungsartige, sehr schöne Lage mit großem Alpenpanorama zwischen Goldegg, Schwarzach und St. Veit

SPÖ: Lebenshilfe als Konkurrentin von Schernberg

Die Lebenshilfe sei eine Konkurrenzorganisation zur katholischen Vinzenz-Gemeinschaft und ihren Ordensschwestern in Schernberg und habe deshalb kein Recht, sich beim Behindertenheim auf Schloss Schernberg einzumischen, zeigt sich der Schwarzacher Bürgermeister und Landtagsabgeordnete Andreas Haitzer (SPÖ) verärgert.

200 hochwertige Jobs in der Region

Haitzer unterstützt mit dem SPÖ-Fraktionschef im Landtag, Walter Steidl, die Petition der Gemeindevertretung an den Landtag. Ziel ist die rasche Umsetzung des ursprünglichen Konzeptes auf Schloss Schernberg - mit kleinen Wohneinheiten und Tagesangeboten für 118 Menschen mit Beeinträchtigung. Zugleich würden mit der Sanierung auch 200 hochwertige Arbeitsplätze im Pongau gesichert, heißt es in der Petition.

Dazu weisen Verteidiger des Standortes darauf hin, dass seit Gründung des Heimes auf Schloss Schernberg durch katholische Ordensleute im Jahr 1846 immer wieder Behinderte auch in der heimeigenen Landwirtschaft gearbeitet haben. Auch das sei ein wertvoller Beitrag zu Integration, Inklusion und zur Stärkung des Selbstbewusstseins behinderter Menschen.

„Kein Ghetto, viel Kontakte“

Die Leitung von Schernberg betont, für die Bewohner gebe es immer wieder Einkaufsfahrten, Ausflüge und andere Möglichkeiten, mit der Bevölkerung der Region in Kontakt zu kommen und zu bleiben. Viele Bewohner würden auch selbst zu Fuß ins Ortszentrum gehen und dort die Geschäfte und Kaffeehäuser besuchen. Schernberg sei alles andere als ein „Ghetto“, wie Soziallandesrat Schellhorn und die Lebenshilfe anklingen lassen würden.

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