Streit um Behindertenheim eskaliert

Im Streit um die Sanierung des Behindertenheimes auf Schloss Schernberg bei Schwarzach (Pongau) geht der grüne Soziallandesrat Heinrich Schellhorn auf Konfrontation mit der Gemeinde. Er sieht im bestehenden Projekt eher ein Ghetto für die Bewohner.

Die von der SPÖ in Schwarzach dominierte Gemeindevertetung hat vor wenigen Tagen eine Resolution verabschiedet. Sie beharrt auf der Umsetzung des bereits beschlossenen Sanierungskonzeptes für Schloss Schernberg. Dieses wird von katholischen Ordensschwestern der St. Vinzenz-Gemeinschaft seit 1846 als Behindertenheim geführt. Der grüne Landesrat Schellhorn wiederum will die geplante Sanierung keinesfalls umsetzen. Er kritisiert, dass Bewohner oft keinen Kontakt zur Außenwelt hätten.

Schloss Schernberg St. Vinzenz Schwarzach

Gerald Lehner / imschatten.org

Schloss Schernberg mit Schafweiden im Herbst

Land müsste 19 Mio. zahlen

Landesgeld gebe es nur für ein solides Projekt, das in erster Linie dem Interesse der Behinderten entspricht. Das betont der grüne Landesrat Heinrich Schellhorn zu den Forderungen aus dem Pongau, dass mit der geplanten Sanierung des Hauses möglichst rasch weitergemacht werden müsse.

Lange Tradition in der Region

Auf Schloss Schernberg gibt es eine lange Tradition in der Betreuung und Pflege von teils sehr schwer Behinderten, die weit in die Geschichte des Berglandes bis 1846 zurückreicht. Seither kümmern sich katholische Ordensleute um die landesweit vom gesellschaftlichen Leben in Gemeinden und Städten ausgesonderten Menschen, lange bevor sich staatliche Stellen einschalteten, als Industrialisierung und Landflucht auch das Leben auf dem Land grundlegend veränderten. Es gibt seit jeher auch eine eigene Landwirtschaft, die Lebensmittel für die Küche der Bewohner liefert.

Heldin des Alltags:
Während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zwischen 1938 und 1945 verteidigte die Salzburger Ordensschwester Anna-Bertha von Königsegg in Schernberg mutig und bis zuletzt das Leben der Bewohner. Dennoch wurden nahezu alle Behinderten aus Schernberg im Rahmen der NS-„Euthanasie“ ermordet, die meisten im Schloss Hartheim bei Linz vergast.

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Aus der Sicht des neuen Landesrates Schellhorn wird es die Modernisierung in der vor zwei Jahren von der Gemeinde Schwarzach beschlossenen Form aber keinesfalls geben. Das finanziell notleidende Land Salzburg müsste dafür rund 19 Mio. Euro investieren. Für die restlichen rund vier Millionen gäbe es auch noch keine Bedeckung. Eine Großbaustelle mit ungeklärter Finanzierung komme für ihn nicht in Frage, betont Schellhorn.

Landesrat für mehr Dezentralisierung

Anfang Oktober will der Soziallandesrat mit den Verantwortlichen der St. Vinzenz-Gemeinschaft über Alternativen verhandeln. Ihm schwebt offenbar auch eine Dezentralisierung der Unterbringung von Schwerbehinderten vor - weg von großen Heimen abseits der Zentren, hin zu mehr Integration im öffentlichen Leben.

Schellhorn selbst kennt das seit Jahrzehnten bestehende Heim in Schwarzach aus eigener Anschauung noch nicht. Konkret soll auch über ein kleineres Projekt in St. Johann (Pongau) und über eine Einrichtung für 36 Personen an der Lexengasse in Salzburg-Liefering geredet werden.

Der Schwarzacher Bürgermeister Andreas Haitzer (SPÖ) verweist auf eine Petition der Gemeindevertretung Schwarzach, die in den nächsten Tagen der Landesregierung übermittelt werden soll: „Wir stehen hinter dem Konzept Schernberg. Sollte Schernberg mit anderen Ideen noch verkleinert werden, dann tragen wir auch das selbstverständlich mit.“

Als „geschlossene Anstalt“ geführt?

Jürgen Rettensteiner, Geschäftsführer des St. Vinzenz-Heimes in Schernberg, weist den Vorwurf Schellhorns zurück, wonach das Heim gleichsam wie eine geschlossene Anstalt geführt werde und die Bewohner keine Möglichkeit hätten, Kontakt mit der Außenwelt aufzunehmen. Viele Bewohner seien täglich im Ortszentrum. Es gebe Urlaube, Ausflüge, Einkaufsfahrten und natürlich die Besuche der Angehörigen, betont Rettensteiner.

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