Nazis: Material über Obersalzberg gesucht
Berchtesgaden im östlichen Oberbayern war neben Berlin - in Sichtweite der Stadt Salzburg - das wichtigste Machtzentrum der Nationalsozialisten. Vor Jahren entstand bei
Hitlers einstigem Domizil das „Dokumentationszentrum Obersalzberg“. Hier werden die Zeitgeschichte der Region, die der Täter und der Opfer des NS-Regimes sowie dessen Rassenwahn, Propaganda und Kriegstreiberei mit wissenschaftlicher Genauigkeit dargestellt - in gut verständlicher Form. Die multimediale Schau zieht jedes Jahr Hunderttausende Besucher aus aller Welt an.
Gerald Lehner
Übergriffe gegen einheimische Bewohner
Frühere Bewohner des Obersalzberges wurden von Behörden auf Anweisung Hitlers ab 1933 zum Teil beraubt, enteignet und vertrieben. Wer sich zu weigern versuchte, kam in KZ-Haft. Manche Familien warten bis heute auf Wiedergutmachung. Auch das sind Themen bei dem neuen Projekt.
Wie haben die Berchtesgadener das Reich Hitlers erlebt? Welche Leute machten mit? Welche nicht? Was wurde in Familien erzählt, was gibt es an Fotos und Gegenständen, die für die Ausstellung zur Verfügung gestellt werden können?
Gerald Lehner
Wie soll man heute mit diesen historischen Lasten umgehen? Nun wollen die Wissenschaftler des Münchener Instituts für Zeitgeschichte ihr Wissen stark erweitern, um das noch vorhandene Wissen bzw. Material aus der Bevölkerung im Grenzland zwischen Berchtesgaden, Reichenhall, Salzburg und Hallein.
Gemeinsames Grenzland:
In die von Touristikern weltweit verbreiteten Klischees der Region Salzburg passt nicht, dass sich wenige Kilometer von der barocken Mozartstadt entfernt Hitlers globale Machtzentrale befand. Die geopolitische Bedeutung des Obersalzberges bei Berchtesgaden im Zweiten Weltkrieg wird in den meisten Reiseführern verschwiegen oder nicht näher erläutert.
Kapitel in dem Buch „Im Schatten der Mozartkugel - Reiseführer in die braune Topografie von Salzburg“
Erweiterung der Ausstellung
Bald schon soll die Dokumentation überarbeitet werden - für die 150.000 Besucher pro Jahr mit noch mehr Augenmerk auf die Regionalgeschichte. Wünsche und Erwartungen der Bevölkerung wurden dazu Samstag im Berchtesgadener Kongresshaus gesammelt.
Der idyllisch gelegene Obersalzberg war seit dem Jahr 1923 das private Feriendomizil von Adolf Hitler. Nach 1933 wurde er neben Berlin zum zweiten Regierungssitz der Nazis. Im Berchtesgadener Land gab es im Tal dazu sogar eine zweite Reichskanzlei.
Von Hitlers Flughafen Ainring bei Freilassing brach 1939 Außenminister Ribbentrop nach Moskau auf, um mit Stalin den Nichtangriffspakt zu unterschreiben. Dem folgte wenig später der Angriff auf Polen, mit dem Hitler den Zweiten Weltkrieg vom Zaun brach - mit insgesamt ca. 62 Millionen Toten.
In den letzten Tagen des Krieges waren auf dem Obersalzberg viele private Gebäude von NS-Massenmördern - allem voran Hitlers Berghof - von britischen Bombern zerstört worden.
Dokumentation Obersalzberg
Links:
- Dokumentation Obersalzberg
NS-Verbrechen: Kaserne in Bad Reichenhall wird umbenannt (salzburg.ORF.at; 13.07.2012) - Gedenken für Opfer der Nazis im Radio (salzburg.ORF.at; 15.09.2012)
- Haftstrafe gegen jungen Nazi (salzburg.ORF.at; 14.09.2012)