Nazis: Material über Obersalzberg gesucht

Wissenschafter ersuchen Einheimische im Grenzland von Salzburg und Bayern, unbekanntes Material aus dem Nationalsozialismus für die historische Ausstellung auf dem Obersalzberg - Hitlers einstigem Regierungssitz - zur Verfügung zu stellen.

Berchtesgaden im östlichen Oberbayern war neben Berlin - in Sichtweite der Stadt Salzburg - das wichtigste Machtzentrum der Nationalsozialisten. Vor Jahren entstand bei
Hitlers einstigem Domizil das „Dokumentationszentrum Obersalzberg“. Hier werden die Zeitgeschichte der Region, die der Täter und der Opfer des NS-Regimes sowie dessen Rassenwahn, Propaganda und Kriegstreiberei mit wissenschaftlicher Genauigkeit dargestellt - in gut verständlicher Form. Die multimediale Schau zieht jedes Jahr Hunderttausende Besucher aus aller Welt an.

Obersalzberg Altes Foto Hitler Berghof

Gerald Lehner

Nationalsozialistischer Propaganda-Kitsch aus den 1930er-Jahren - kritisch beleuchtet in der Ausstellung auf dem Obersalzberg: Hitlers Berghof und Watzmann-Massiv

Übergriffe gegen einheimische Bewohner

Frühere Bewohner des Obersalzberges wurden von Behörden auf Anweisung Hitlers ab 1933 zum Teil beraubt, enteignet und vertrieben. Wer sich zu weigern versuchte, kam in KZ-Haft. Manche Familien warten bis heute auf Wiedergutmachung. Auch das sind Themen bei dem neuen Projekt.

Wie haben die Berchtesgadener das Reich Hitlers erlebt? Welche Leute machten mit? Welche nicht? Was wurde in Familien erzählt, was gibt es an Fotos und Gegenständen, die für die Ausstellung zur Verfügung gestellt werden können?

Obersalzberg Altes Foto Hitler Berghof Teehaus Eagles Nest Untersberg

Gerald Lehner

Hitlers Teehaus („Eagles Nest“) auf dem Westgrat des Hohen Göll, oberhalb des Obersalzberges. Hinten: Untersberg mit Mittagsscharte und Salzburger Hochthron. Der Untersberg wurde von SS-Ideologen wie der Kailash in Tibet als heiliger bzw. mystischer Berg den Massen politisch „verkauft“. Es hieß, im Untersberg würden germanische Heere schlummern, die nur darauf warten würden, Juden und Freimaurer zu vernichten

Wie soll man heute mit diesen historischen Lasten umgehen? Nun wollen die Wissenschaftler des Münchener Instituts für Zeitgeschichte ihr Wissen stark erweitern, um das noch vorhandene Wissen bzw. Material aus der Bevölkerung im Grenzland zwischen Berchtesgaden, Reichenhall, Salzburg und Hallein.

Gemeinsames Grenzland:
In die von Touristikern weltweit verbreiteten Klischees der Region Salzburg passt nicht, dass sich wenige Kilometer von der barocken Mozartstadt entfernt Hitlers globale Machtzentrale befand. Die geopolitische Bedeutung des Obersalzberges bei Berchtesgaden im Zweiten Weltkrieg wird in den meisten Reiseführern verschwiegen oder nicht näher erläutert.

Kapitel in dem Buch „Im Schatten der Mozartkugel - Reiseführer in die braune Topografie von Salzburg“

Erweiterung der Ausstellung

Bald schon soll die Dokumentation überarbeitet werden - für die 150.000 Besucher pro Jahr mit noch mehr Augenmerk auf die Regionalgeschichte. Wünsche und Erwartungen der Bevölkerung wurden dazu Samstag im Berchtesgadener Kongresshaus gesammelt.

Der idyllisch gelegene Obersalzberg war seit dem Jahr 1923 das private Feriendomizil von Adolf Hitler. Nach 1933 wurde er neben Berlin zum zweiten Regierungssitz der Nazis. Im Berchtesgadener Land gab es im Tal dazu sogar eine zweite Reichskanzlei.

Von Hitlers Flughafen Ainring bei Freilassing brach 1939 Außenminister Ribbentrop nach Moskau auf, um mit Stalin den Nichtangriffspakt zu unterschreiben. Dem folgte wenig später der Angriff auf Polen, mit dem Hitler den Zweiten Weltkrieg vom Zaun brach - mit insgesamt ca. 62 Millionen Toten.

In den letzten Tagen des Krieges waren auf dem Obersalzberg viele private Gebäude von NS-Massenmördern - allem voran Hitlers Berghof - von britischen Bombern zerstört worden.

Obersalzberg Altes Foto Hitler Berghof

Dokumentation Obersalzberg

Hitlers Berghof mit Untersberg-Massiv: Berchtesgadener und Salzburger Hochthron

Links: