Luchs entkam über stromlosen Zaun

Auch am Montag konnte der junge Luchs, der Sonntagfrüh aus dem Zoo Salzburg entkommen war, nicht gefunden werden. Inzwischen ist die Ursache für den dritten Ausbruch eines Zootieres heuer bekannt: Der Zaun war ohne Strom.

Eine großangelegte Suchaktion am Sonntag war erfolglos verlaufen. Der Suchtrupp am Montag wurde auch durch einen Blasrohrexperten aus München unterstützt. Eine Suchmannschaft bestehend aus Zoomitarbeitern, Jagdexperten und freiwilligen Helfern durchkämmte das Gestrüpp auf dem Hellbrunner Berg, um das eineinhalbjährige, etwa 50 Zentimeter große und 14 Kilogramm schwere Luchsmännchen wieder einzufangen - ohne Erfolg.

Zur Unterstützung der Suchmannschaften wurden jetzt zwei Spezial-Luchsfallen aus Deutschland angefordert. Sie werden voraussichtlich am Dienstag mit Ködern aufgestellt - der Hunger soll den Luchs dann in die Falle treiben.

Dreieinhalb Meter hoher Zaun war ohne Strom

Parallel tagte am Montag eine Untersuchungskommission, die die Ursache für den dritten Ausbruch eines Zootieres klären konnte. Der dreieinhalb Meter hohe Zaun habe keine Barriere für das Tier dargestellt - denn er war zum Fluchtzeitpunkt ohne Strom, sagte Henning Wiesner, ehemaliger Zoochef in München-Hellabrunn und Leiter der Kommission.

Luchs im Hellbrunner Zoo

ORF

Ein stromloser Zaun stellt für einen Luchs keine Barriere dar, sagt Experte Henning Wiesner

„Stürmische Nacht kappte Stromversorgung“

„Es war von Samstag auf Sonntag eine sehr stürmische Nacht. Dabei sind Äste heruntergebrochen und haben den hinteren Teil der Elektrozaunbarriere geerdet“, schilderte Wiesner, „und dann war es für den Luchs eine Kleinigkeit, da durchzukommen. Auch als Kind hört man ja schon, ob ein Weidezaun knistert oder nicht. Da sind Tiere weit cleverer, als wir Menschen denken.“

Ohne Strom sei ein dreieinhalb Meter hoher Zaun für einen Luchs einfach zu überklettern, so Wiesner. „An diesem Zaun kann - wie an einer Leiter - auch ein Fuchs hoch gehen, das muss gar keine Katze sein, und sich drüberfallen lassen. Für den Luchs ist es jedenfalls kein Problem, hochzugehen. Und wenn er nicht mit der Nase an den Elektrodraht gerät, dann geht er weiter.“

Rat an Zoowärter: „Prüfen, ob Strom funktioniert“

Der Zoo könne insofern eine Lehre aus dem Vorfall ziehen, als die Tierpfleger künftig ihre Arbeit noch genauer verrichten, empfiehlt Wiesner. „Jeden Morgen, bevor die Tiere ins Gehege gelassen werden, sollte kontrolliert werden, ob der Strom funktioniert. Auch jeder Bauer, der seine Kühe auf die Weide lässt, prüft, ob Saft im Elektrozaun ist oder nicht, und misst das. Erst dann lässt er die Kühe rein. Prüft er das nicht, dann sind auch die Kühe draußen.“

Jetzt soll auch im Luchs-Gehege eine neue Anlage für den elektrischen Zaun eingebaut werden: Sie alarmiert die Pfleger bei Spannungsverlust automatisch per SMS. Diese Technik wird im Zoo Salzburg derzeit zum Beispiel schon im Löwengehege angewandt.

Sabine Grebner, Direktorin des Salzburger Zoos in Hellbrunn

ORF

Zoodirektorin äußert sich vorsichtig

Zoochefin unter Druck

Nach dem neuerlichen Vorfall gerät auch Zoodirektorin Sabine Grebner wieder unter Druck. Zu möglichen Konsequenzen oder gar einem Rücktritt ihrerseits äußert sich die Zoochefin vorsichtig.

„Das Wichtigste ist jetzt einmal, das Tier wieder einzufangen und die Kommission tagen zu lassen. Man wird sehen, was dann passiert“, sagte Grebner Montagvormittag.

Der aktuelle Vorfall ist nicht der erste im Salzburger Zoo: Am 5. Juni rissen zwei weibliche Geparden aus, verließen das Tiergartengelände und marschierten Richtung Anif. Die Rufe der Mutter - und der Einsatz Dutzender Tierpfleger und Polizisten - bewegten die beiden Ausreißer schließlich zur freiwilligen Rückkehr. Eines der beiden Tiere riss am 1. Juli neuerlich aus, konnte aber ins Gehege zurückgedrängt werden.

Ermittlungen wegen ersten Ausbruchs

Der erste Ausbruch beschäftigt dabei auch die Justiz: „Es wird gegen die Zoodirektorin wegen Gefährdung der körperlichen Sicherheit ermittelt“, sagte am Montag die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Salzburg, Barbara Feichtinger, auf Anfrage der APA. Die Polizei hatte eine Materialermüdung eines Türschlosses zum Geparden-Gehege als wahrscheinliche Ursache für den Ausbruch angenommen. Die Zoo-Leitung geht aber davon aus, dass jemand die Raubkatzen befreit haben müsse. Vermutlich habe es sich um eine Mutprobe von Jugendlichen gehandelt.

Tiergarten-Mitarbeiter im Visier der Justiz

Im Visier der Justiz ist auch noch ein entlassener Tiergarten-Mitarbeiter. Er soll Zoodirektorin Sabine Grebner bedroht haben. Die Ermittlungen diesbezüglich sind zwar eingestellt worden. Beim Bezirksgericht Salzburg sei aber ein Verfahren gegen ihn wegen Sachbeschädigung anhängig, erläuterte die Staatsanwältin. Der Mann stehe im Verdacht, dass er das Auto von Grebner beschädigt habe.

Links: