Rottweiler-Besitzer bei Prozess uneinsichtig

Im Prozess um die durch Hundebisse schwer verletzte Vierjährige aus Wals (Flachgau) zeigt sich der angeklagte Hundebesitzer uneinsichtig. Er sei unschuldig, habe den Hund immer ordentlich verwahrt, sagte er Freitag vor Gericht.

Der Angeklagte bekannte sich Freitag beim Auftakt des Verfahrens vor dem Einzelrichter Gerhard Nathschläger „nicht schuldig“. Der Prozess wurde auf 3. Februar vertagt, weil das Gericht noch Zeugen laden will.

Er sei an jenem 6. Mai gegen 18.00 Uhr mit dem Rottweiler in seinem Garten gewesen, weil „Avego“ noch sein „Geschäft“ verrichten sollte, schilderte der gebürtige Oberösterreicher am Freitag im Salzburger Landesgericht. Er habe das Nachahmen eines Gebells und dann den Dackel der Nachbarn bellen gehört: „Amelie hat richtig geschrien. Ich bin weggelaufen, um dem Kind zu helfen.“

Vierjährige Amelie mit Kopfverband nach Hundeattacke

ORF

Amelie mit dem Kopfverband nach der Hauttransplantation.

Zaun in höherer Hecke übersprungen

Als er dem Rottweiler, der nicht angeleint war, den Rücken zuwandte, sei „Avego“ durch die rund 1,60 Meter hohe Hecke, in der sich der 1,20 Meter hohe Zaun befindet, auf das Nachbargrundstück gelaufen.

„Das ist eine Belastung, wenn man einem kleinen Kind helfen will und dann unbewusst ein Unglück auslöst“, rang der bisher unbescholtene Angeklagte mit den Worten. Innerhalb von ein paar Sekunden war der Rottweiler auf dem Grundstück, wo Amelie spielte.

Nachbar bat um höheren Gartenzaun

Er selbst sei dann bei der Garage auf das Nachbargrundstück gesprungen und in Richtung Amelie gerannt, schildert der Beschuldigte. Da hatte sich der Hund schon auf die Vierjährige gestürzt: „Ich schrie ‚aus‘, da drehte ‚Avego‘ den Kopf herüber. Ich nahm ihn am Genick und bin gleich mit ihm ins Haus marschiert und dann gleich wieder raus.“

Bereits eineinhalb Jahre zuvor hatte ihn der Nachbar gebeten, den Gartenzaun zu erhöhen, weil der Rottweiler einmal über ein Gartentor gesprungen ist. Das Tor habe er erhöht, so der Angeklagte. „Ich habe auch vorgehabt, den Zaun höher zu ziehen. Da ist das Unglück aber dazwischengekommen.“

Verteidigerin: „Hund nicht aggressiv“

Der Beschuldigte habe aber weder die Aufsichtspflicht verletzt noch würden gefährliche Verhältnisse vorliegen, betont seine Anwältin Sigrun List. Ein Gutachten habe bestätigt, dass der Hund nicht aggressiv und nicht gefährlich gewesen sei. Ihr Mandant habe mit dem Rottweiler auch die Begleithundeprüfung „eins“ absolviert.

Zum Vorwurf von Staatsanwalt Andreas Winkler, der Rüde habe schon vor der Bissattacke mindestens einmal jemanden gebissen, meinte List: Der Rüde habe im September 2009 in Kuchl (Tennengau) eine Frau gebissen. Diese habe den Hund aber während eines privaten Trainings provoziert, „sie griff ihm mehrfach ins Maul“. Bei einem zweiten Vorfall kurze Zeit später habe eine Zeugin gesagt, der Hund hätte nicht zugebissen.

Richter Nathschläger vertagte schließlich die Verhandlung auf 3. Februar. Er will drei Zeugen hören, darunter eine Hundepsychologin.

Opfer-Anwalt fordert 25.000 Euro

Der Anwalt der Opferfamilie, Wolfgang Kleibel, forderte insgesamt 25.000 Euro als Teilschmerzens- und Verunstaltungsentschädigung. Die Verletzungsfolgen würden Amelie sehr belasten. Die Operationen unter Vollnarkose seien teilweise im Wochentakt erfolgt. „Es werden noch weitere Behandlungen notwendig sein“, sagt Kleibel.

Hautlappen aus dem Kopf gerissen

Der heruntergerissene Hautlappen des Mädchens heilte nur zum Teil an, das Opfer wurde bereits an die 30 Mal operiert. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 42-jährigen Hundebesitzer fahrlässige Körperverletzung unter besonders gefährlichen Verhältnissen vor. Der dreijährige Rüde sprang über einen 1,20 Meter hohen Zaun auf ein Nachbargrundstück, stieß die kleine Amelie, die dort mit ihrem Bruder spielte, zu Boden und biss ihr einen etwa fünf mal zwanzig Zentimeter großen Hautlappen vom Kopf.

Hund war laut Anklage als aggressiv bekannt

Im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder wurde ein Hauttransplantation durchgeführt. Der Hund habe schon einmal zugebissen, sei unzureichend verwahrt und beaufsichtigt und in bestimmten Situationen aggressiv gewesen, steht in der Anklageschrift. Wenige Tage nach der Bissattacke wurde das Tier eingeschläfert. Dem Hundehalter drohen im Falle eines Schuldspruches bis zu zwei Jahren Haft.

Link:

Hund skalpiert Mädchen: Prozess am Landesgericht
(salzburg.ORF.at; 04.10.11)