Der Blues von Salzburgs Straßenmusikern

Salzburg ist eine Musik- und Kulturstadt. Dennoch haben es Straßenmusiker mit der Stadtpolitik und ihren Beschränkungen für diese Alltagskultur nicht immer leicht. Im Mirabellgarten verteidigt ein Akkordeonspieler seinen Standplatz gegen Konkurrenten.

Der Akkordeonspieler Karl Mayr , mit Künstlername Charlie Kamati, auf seinem Standplatz im Mirabellgarten.

APA / Barbara Gindl

In der Stadt Salzburg gibt es insgesamt nur sieben Plätze, die von der Politik für Straßenmusiker freigegeben sind. In vielen anderen Städten Europas seien keine solchen Limits bekannt, sagen Kritiker.

„Glück ist, wenn man die Persönlichkeit hat, ein Clown zu sein“.

Wer dem Akkordeonspieler Karl Mayr am späten Nachmittag in der Stadt Salzburg ein paar Münzen in die Spendentasse wirft, stößt auf das von Kerzen beleuchtete Zitat des weltberühmten Clowns Charlie Rivel. Der oberösterreichische Straßenmusikant ist zwar kein Clown, er will mit seinem Repertoire - 300 Lieder spielt er auswendig - aber ebenfalls fröhliche Stimmung verbreiten.

Der Akkordeonspieler Karl Mayr , mit Künstlername Charlie Kamati, auf seinem Standplatz im Mirabellgarten.

APA / Barbara Gindl

„Mirabellplatz schönstes Probezimmer“

Seinen Standplatz, den Mirabellgarten, bezeichnet der 66-jährige Pensionist als das „schönste Probezimmer in seinem Leben“, das er „mit polizeilicher Strenge“ vor Konkurrenten verteidigt.

Die Blumen sind zwar Anfang Dezember schon längst verblüht, doch das Lied „Überall blühen Rosen“ des Franzosen Gilbert Becaud erweckt Träume. Freundlich lächelnde Passanten lassen Kleingeld fallen, sie goutieren die lieblichen Melodien in der Ecke zwischen Mozarteum und Landestheater. Becauds Text hat der Ziehharmonikaspieler noch mit einer Eigenkomposition ergänzt: „Soviel Leid ist auf der Welt, soviel Unrecht und Gemeinheit...dir wird kalt, wenn du siehst, was die Leute ‚Leben‘ nennen...“

Bei Frost geht es nach Hause

Wenn der Frost auch untertags die Stadt in seinem Bann hält, dann verstummt das Ziehharmonikaspiel. „Charlie Kamati“, wie Mayrs Künstlername lautet, verlegt das musikalische Training in seine kleine Wohnung nach Vöcklabruck.

„Sobald die Sonnenstrahlen zehn Grad überschreiten, bin ich wieder da.“ In der Zwischenzeit tritt er in der „gehobenen Gastronomie“ auf, wie er der APA erzählte, vorausgesetzt, er wird gebucht. Bis zum Wintereinbruch fährt er für das nachmittagliche „Üben“ mit dem ICE nach Salzburg. Aus den Spendengeldern finanziert er sich Zugfahrt, Speis und Trank. Den Rest legt er auf das Sparbuch seiner vier Enkel.

Der Akkordeonspieler Karl Mayr , mit Künstlername Charlie Kamati, auf seinem Standplatz im Mirabellgarten.

APA / Barbara Gindl

Früher Versicherungsvertreter

Seit 21 Jahren ist der ehemalige Versicherungsvertreter Straßenmusiker in Salzburg, seit 19 Jahren tritt er vor internationalem Publikum im Mirabellgarten auf, gibt Heurigenlieder, Operetten- und Walzermusik, Folk, Chansons, den Rainermarsch und das „Salzburger Nockerl“ zum Besten.

Er ist stets auf gepflegte Adjustierung bedacht, die Fliege zum Hemd und auf Hochglanz polierte Schuhe sind obligat. „Schwierigkeiten mit der Polizei gab es noch kein einziges Mal, auch keine Anrainerbeschwerden. Der Wirt des angrenzenden Schanigartens freut sich, wenn ich spiele. Die Umsätze steigen.“

Verordnung der Stadt als „Drohung“

Wie er seinen Standplatz vor anderen Musikern verteidigt? „Ich zeige ihnen mit strenger Miene die Verordnung der Stadt, dann ziehen sie ab.“

Aufhören will „Charlie“ noch lange nicht. „Vielleicht mach ich’s noch 40 Jahre lang - der 108 Jahre alte Johannes Heesters tanzt ja auch noch. Straßenmusiker bereichern die Stadt, wenn sie gut und kultiviert sind.“

Damit die Präsentationen nicht ins Niveaulose triften, sollte der Magistrat die Qualität der Darbietungen testen, lautet sein Vorschlag.

Nur sieben Plätze für Straßenmusiker

Im Gegenzug sollten mehr als die derzeit sieben genehmigten Plätze bespielt werden, damit der heimische Nachwuchs nicht zu kurz komme. „Diese Musiker sind sehr talentiert, haben aber gegen die Russen und Rumänen keine Chance“, so Mayr. Straßenmusiker aus Ost- und Südosteuropa fallen nicht selten durch künstlerisch nahezu perfekte Darbietungen auf.

Stadtpolitik will keine Erleichterungen

Die Stadt denkt allerdings nicht an eine Novellierung der Verordnung für Straßenmusiker aus 1983.

„Es gibt die zugewiesenen Plätze. Diese müssen die einzelnen Musiker nach einer Stunde wieder räumen. Einen Eignungstest machen wir sicher nicht. Die Anrainer wollen die Spielzeiten lieber reduziert haben. Große Probleme mit den Straßenmusikern gibt es aber nicht in Salzburg“, sagte Bernd Huber vom Büro des ressortzuständigen Vizebürgermeisters Harry Preuner (ÖVP).