„Es is a Never-Ending-Therapie für mi“

Seit über 30 Jahren steht Hans Söllner auf der Bühne. Mit seinen Liedern schaffte er es seither immer wieder in die Schlagzeilen und vor Gericht. Doch auch wenn sich die Prioritäten im Laufe der Zeit geändert haben, ans „Ruhe geben“ denkt der 56-Jährige nicht.

Hans Söllner

Hans Söllner

Zwei ausverkaufte Konzerte in Salzburg, seit Anfang des Jahres eine neue CD - Hans Söllner ist gefragt wie eh und je. „Mei Zuastand“ heißt das neue Album, darauf sind 14 alte Lieder des Bayern zu hören, die er mit Band neu aufgenommen hat.

Und der „wüde Hund von Reichenhall“, der schon vor über 25 Jahren über Ausländerhass, Kindesmissbrauch und Tierquälerei gesungen hat, trifft damit auch heute noch den Nerv der Zeit. Selbst nach all den Jahren wird er nicht müde mit Akustikgitarre und Mundharmonika gegen Missstände in der Gesellschaft zu singen, gegen das Träge und Feige, gegen das Wegschauen.

„Manchmal verstehe ich die Texte erst später“

Und das alles nicht ohne Eigennutzen, wie Söllner zugibt: „Für mich ist das eine Never-Ending-Therapie. Weil ich glaube, dass ich im Laufe meines Lebens meine Lieder oft erst viel später verstanden habe. Ich habe sie zeitweise vor 15 oder 20 Jahren geschrieben und wenn ich mir die letzte Platte mit den Liedern jetzt anhöre, mit einer anderen Musik und aus einem anderen Zusammenhang, dann versteh ich sie nochmal ganz anders.“

„Manchmal brauch ich selber Zeit, um das was ich geschrieben habe zu verstehen. Es ist nicht immer so, dass ich gleich verstehe, was ich schreib. Manchmal schreib ich’s nur, weil es sich reimt oder gut klingt. Und dann hör ich die Lieder zehn Jahre später wieder und ich versteh sie plötzlich ganz anders. Und das ist für mich die Therapie. Ich kann mich damit selbst therapieren.“

Hans Söllner bei Konzert

Hans Söllner

Jedes Konzert ein Unikat

In seinen Lieder schimpft er über die Polizei, beleidigt Politiker und sagt das ganz laut, was sich viele nur leise denken. Wo der bayerische Zyniker hinkommt, sind seine Konzerte ausverkauft. Und wer ihn schon einmal live gesehen hat, weiß, dass keiner seiner Auftritte wie der andere ist.

Hans Söllner

Gerald von Foris/Creative-Commons-Lizenz BY/SA 3.0

Hans Söllner 1995

„Ich hab mir irgendwann abgewöhnt ein Programm zu schreiben, denn dann musst du dich an das halten, was du planst. Und ich kann einfach nicht sechs Wochen oder auch nur zwei Tage vorher ein Programm schreiben, weil es könnte ja irgendwas passieren - mit mir, mit meiner Seele, mit meiner Familie. Und dann müsste ich mit lustigen Liedern auf der Bühne stehen. Ich will das einfach so gestalten, wie es mir an dem Abend geht und deshalb hab ich auch kein Programm.“

„Für die Familie ist das oft nicht einfach“

Dass er immer er selbst geblieben ist, scheint Söllners Erfolgsgeheimnis zu sein. Auf der Bühne ist er der unangepasste Widerständler, der sein Publikum zum Nachdenken bringen will. Doch zu Hause warten Frau und Kinder, die nicht den Unterhalter und Star Hans Söllner brauchen, sondern den Ehemann und Familienvater.

Hans Söllner wurde am 24.12.1955 in Bad Reichenhall geboren. Er ist heute zum zweiten Mal verheiratet und hat insgesamt fünf Kinder.

„Für die Familie ist das sehr schwer. Ich bin ja immer ich. Es ist ja nicht so, dass ich einen Schalter umlegen kann und einmal bin ich der Hans Söllner auf der Bühne und dann bin ich der Privatmensch. Für meine Frau und meine Kinder ist das oft nicht einfach. Wenn ich sechs Wochen jeden Tag zu Hause bin, dann möchte ich mich auch manchmal zum Lieder schreiben zurückziehen oder mit der Band einige Tage für mich haben. Und das geht einfach nicht, weil meine Frau ja auch ein Recht auf Privatleben hat und da gibt es eben immer wieder Differenzen.“

„Ich versuche mein Künstlerleben und mein Familienleben irgendwie zu vereinbaren, aber es ist eigentlich nicht möglich. Immer wieder komme ich an meine Grenzen, wo ich sage, meine erste Ehe hat mich das gekostet - meine ganzen Spinnereien. Obwohl, es sind keine Spinnereien, wenn ich mich mit der Politik anlege. Den ganze Zorn, den ganze Grant, den ich auf die Politik habe, den lebe ich auch in meiner Familie aus. Ich mach nicht daheim die Türe auf und dann ist das alles weg. Ich glaube, dass das wirklich das Problem ist und es ist wirklich nicht einfach.“

Hans Söllner CD

Hans Söllner

Cover der neuen CD „Mei Zuastand“

„Hab mit der Platte nix zu tun“

Viele dieser Konflikte und täglichen Probleme verarbeitet der fünffache Familienvater in seinen Liedern, wie etwa in „Blumen und Farben“ oder „Für meine Buam“. Beide Stücke sind auch auf „Mei Zuastand“ zu hören. Doch viel zu tun habe er mit der neuen Platte nicht gehabt.

„Ich hab die Auswahl der Lieder nicht mir überlassen, sondern meiner Plattenfirma. Ich habe damit nichts zu tun gehabt, außer, dass ich die Lieder nochmal aufgenommen habe. Da ist kein Lied dabei, das unter 20 Jahre alt ist. Und dass sie jetzt funktionieren, und dass sie jetzt gehen, zeigt mir einfach, dass ich entweder schon damals gewusst hab, was passieren wird, oder dass sich in den letzten 20 - 30 Jahren nichts geändert hat.“

Bis heute 300.000 Euro an Strafen gezahlt

Nicht nur einmal ist Hans Söllner wegen seiner Liedtexte vor Gericht gestanden und zu hohen Geldstrafen verurteilt worden. Über 300.000 Euro hat er laut eigenen Angaben schon an Strafen bezahlt. Trotzdem würde der 56-Jährige rückblickend nichts anders machen.

„Egal was ich gezahlt habe, egal was passiert ist, egal wie schwer es für mich war - und es war schwer für mich dreimal hintereinander zu einer Gerichtsverhandlung zu gehen und zu wissen, dass du jedesmal 48.000 Euro los bist - ich habe mich im Laufe der Jahre damit abgefunden und ich weiß, dass ich’s gebraucht habe. Ich hab’s gebraucht damit ich weiß, dass du ganz zum Schluss niemanden hast außer dich selbst.“

Marihuana rauchen „ohne Angst vor Konsequenzen“

Aber nicht nur wegen seiner provokanten Texte, auch wegen seinem offenen Umgang mit Marihuana gerät Hans Söllner immer wieder ins Visier der Polizei. Seit er vor 23 Jahren von einem Jamaika-Urlaub zurück gekommen ist, setzt sich der Bob-Marley-Verehrer für die Legalisierung von Marihuana in Deutschland ein.

„Es ist eigentlich mein Plan gewesen die Legalisierung voranzutreiben, damit man halt ab und zu, wenn man das Gefühl hat ‚Heute ist ein guter Tag‘, dass man sagen kann ‚Heute mag ich mich NICHT mit fünf Caipirinhas ansaufen, sondern heute mag ich mich auf meine Hausbank setzen oder in meinem Zimmer verkriechen und einen Joint rauchen.‘ Und das ohne Angst, ohne Konsequenzen, ohne drei Jahre Nachspiel, ohne Existenzverlust, ohne 10.000 Euro Strafe. Das kann es doch nicht sein!“

Söllner Joint

Hans Söllner

„Die Ganzheit besteht auch aus traurig sein“

Mitte März geht der bayerische Sänger und Liedermacher wieder auf Tour und viele seiner Konzerte sind bereits jetzt schon ausverkauft. Und auch wenn sich Söllner selbst als Unterhalter sieht, bei seinen Auftritten geht es um mehr als „Gaudi, Spaß und Tralala“: „Ich glaube, mein Erfolgsrezept ist, dass ich nichts verleugne, dass ich auch den Mut habe schlecht drauf zu sein und das auch zeige. Das machen die meisten einfach nicht. Und viele kommen zu mir und sagen: ‚Mir tut das so gut, wenn du sagst, dass es dir schlecht geht, denn mir geht es auch schlecht.‘“

Sendungshinweis

„Unterwegs in Salzburg“, 2.3.2012

„Die meisten sind heute sowieso auf Gaudi und Spaß aus, und ich bin halt nicht so ausgerichtet. Ich mag das schon ganz gerne, ich kann auch lustig sein, das ist ein Teil von mir. Aber die Ganzheit besteht halt auch aus traurig und nachdenklich sein und aus weinen in der Nacht und aus Einsamkeit. Das gehört einfach dazu und ich denke, dass ich das schon ganz gut im Griff hab.“

Link:

Carina Buchner, ORF Salzburg