FPÖ „scheidet als Koalitionspartner aus“

Nach der anstehenden Neuwahl des Nationalrats „scheidet die FPÖ für alle Parteien als Koalitionspartner aus“. Das sei die Konsequenz aus der „Ibiza-Video-Affäre“, sagt Salzburgs ÖVP-Chef und Landeshauptmann Wilfried Haslauer im ORF-Interview.

Im Gespräch mit ORF-Salzburg-Redakteur Andreas Heyer begründete Haslauer die Entscheidung für die Aufkündigung der ÖVP-FPÖ-Koalition noch einmal: „Die rote Linie ist mit dem Video eindeutig überschritten worden. Hier kommt eine Einstellung, eine Gesinnung zu Tage, die in einer Regierung nichts verloren hat. Das ist halt ein unrühmlicher Gipfelpunkt einer Serie von sogenannten ‚Einzelfällen‘, die ein Bild verdichtet, das es uns unmöglich macht, mit der FPÖ weiter zusammenzuarbeiten.“

Haslauer: Keine neuerliche ÖVP-FPÖ-Zusammenarbeit

Eine neuerliche Koalition mit der FPÖ nach der anstehenden Nationalratswahl ergebe für die ÖVP „wenig Sinn“, ergänzte Haslauer. „Die Konsequenz ist ja weitreichend. Mit dieser Entscheidung scheidet aus meiner Sicht für alle Parteien die FPÖ zumindest in näherer Zukunft als Koalitionspartner aus. Das heißt: Der Spielraum wird enger. Und Demokratie hat ja immer auch mit Wahlmöglichkeiten zu tun.“

Wilfried Haslauer im ORF Interview

ORF

Wilfried Haslauer erwartet eine schwierige Koalitionsbildung nach der Neuwahl

Insofern sei es „sehr bedauerlich, dass eine politische Partei, die ein bestimmtes politisches Lager in Österreich vertritt, derzeit als Variante für Koalitionsbildungen ausscheidet“, so Salzburgs ÖVP-Chef. „Es wäre völlig unverständlich, jetzt die Koalition aufzukündigen und dann mit derselben Partei wieder in eine Regierung zu gehen. Das geht nicht.“

Andere Koalitionsvarianten: „Alles ist möglich“

In der Salzburger Landesregierung ging Haslauer mit seiner ÖVP 2018 ja eine Koalition mit Grünen und NEOS ein. Ob das auch ein Modell für eine Bundesregierung sein könnte, müsse die Wahl zeigen, ergänzte Haslauer: „Alles ist möglich. Es muss sich nur rechnerisch ausgehen. Es müssen Mehrheiten zustandekommen. Derzeit sind die Grünen nicht im Parlament. Und eine Koalition mit NEOS alleine würde nicht gehen. Und ich glaube, mit der Liste Jetzt scheidet eine Zusammenarbeit auf Grund der fundamental unterschiedlichen inhaltlichen Positionen aus. Aber das werden wir sehen, wenn gewählt ist. Das wird nicht leicht werden, weil eine Option weggefallen ist. Und das ist ein nachhaltiger Schaden - zumindest mittelfristig - für Österreich.“

Zu einer Koalition mit der SPÖ wollte sich Haslauer nicht äußern: „Jetzt gibt’s einmal die Europawahl, dann wird die Nationalratswahl sein. Ich glaube, von den Fristen wird sich Juli nicht ausgehen. Das wird dann im September sein. Im August zu wählen, ist auf Grund der Ferienzeiten nicht möglich. Dann muss man schauen, dass man wieder eine arbeitsfähige Regierung bekommt, die über eine Mehrheit im Parlament verfügt. Wie das gelingt, wird die Wahl zeigen.“

ÖVP-Spitze diskutiert, wie es bis zur Wahl weitergeht

Bei dem anstehenden Treffen der ÖVP-Spitze in Wien „wird der weitere Weg festgeschrieben werden“, betonte Haslauer. „Es gibt ja auch eine Zeit bis zur Wahl. Das wird ja nicht so einfach. Wie ist die Regierung positioniert? Wie wird weiter gearbeitet? Wird überhaupt noch weiter gearbeitet? Wir haben zwar in Österreich eine gewisse Erfahrung, wie es in Übergangszeiten nach platzenden Regierungen geht. Das hat bisher noch immer ganz gut funktioniert. Hoffen wir, dass das auch diesmal der Fall sein wird.“

Interview mit Wilfried Haslauer

Die FPÖ scheide als Koalitionspartner für die nähere Zukunft aus. Das betonte Wilfried Haslauer Samstagnacht im Interview mit ORF-Redakteur Andreas Heyer.

„Legitime“ Wartezeit am Samstag

Haslauer verteidigte in dem Interview auch die stundenlange Verzögerung, bis Bundeskanzler Sebastian Kurz am Samstag seine Entscheidung zu Neuwahlen verkündete: „Innerhalb eines Tages zu entscheiden, ist - glaube ich - ein legitimer Zeitraum. Eine Regierung aufzukündigen und in Neuwahlen zu gehen, ist nicht etwas, was man so im Vorübergehen machen kann, sondern da muss man aus der Emotion heraus. Die Emotion war von Anfang an da, klar. Aber man muss schauen: Was bedeutet das? Was sind die Auswirkungen für Österreich - international und im Land selbst? Was heißt das für die Arbeit, für die Reformagenda, die am Tisch liegt? Das muss man gut überlegen. Die Zeit muss man dem Bundeskanzler geben.“

Einblick in Überlegungen der ÖVP-Spitze

Freitagabend und am Samstag habe es viele Überlegungen in der ÖVP-Spitze gegeben, so Haslauer: „Natürlich muss man sich auch die Frage stellen: Kann man mit der FPÖ weitermachen? Strache musste natürlich gehen, das ist keine Frage. Wenn andere Persönlichkeiten hier in die vordere Reihe treten, gibt es noch eine Chance? Ist das akzeptabel? Ist auch akzeptabel für die Österreicherinnen und Österreicher, auch die Anhänger der ÖVP, die Sebastian Kurz gewählt haben? Wie geht’s ihm selber dabei? Welche Personen sind da? Kann noch einmal eine Vertrauensbasis aufgebaut werden? Das Gesamtbild hat dann die Entscheidung ergeben, dass es das nicht ist.“

Im Endeffekt müsse man aber die Parteistrategie beseite lassen, so Haslauer: „Da geht es um Punkte wie um eine grundsätzliche Enscheidung, auch um so etwas wie Moral irgendwo, so etwas wie ‚Geht das noch?‘, ‚Ist das noch zumutbar?‘. Und die Frage ist klar beantwortet worden.“

Koalition ohne Kickl „durchdiskutiert“, verworfen

Haslauer bestätigte auch die ÖVP-Forderung, dass die Koalition ohne FPÖ-Innenminister Herbert Kickl hätte fortgesetzt werden können. „Natürlich ist das durchdiskutiert worden. Natürlich hat man sich auch die Frage gestellt: Ist es mit einem Rücktritt von Strache getan? Welche Zeichen und Signale muss die FPÖ noch setzen, damit zumindest ein Rest an Glaubwürdigkeit wiederhergestellt wird, der es auch uns ermöglicht, mit der FPÖ weiter in der Regierung zusammenzuarbeiten? Aber letztlich war die Entscheidung war ganz klar.“

Dass das Ibiza-Video auch für die ÖVP unangenehme Enthüllungen enthalten könnte, darüber macht sich Haslauer keine Sorgen: „Das sind selbst abqualifizierende Aussagen. Herr Strache qualifiziert sich selbst ab mit der ganzen Art und Weise, wie er da agiert. Aber es ist schon ganz traurig und betrüblich, dass so jemand Vizekanzler in der Republik Österreich ist.“

Links: