NS-Urteil gegen Goldegger Bäuerin aufgehoben

Das Wiener Landesgericht hat nun ein Urteil aus der Zeit des Nationalsozialismus gegen die Goldeggerin Maria Etzer aufgehoben. Die 1960 Verstorbene hatte im Zweiten Weltkrieg Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern geholfen.

Bergbäuerin Maria Etzer (1890-1960) geriet 1943 nach Denunziation aus ihrem engsten Umfeld in die Fänge des NS-Regimes. Wegen „verbotenen Umgangs“ mit französischen Kriegsgefangenen wurde sie vom Sondergericht Salzburg zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt und ins Zuchthaus Aichach (Bayern) eingewiesen.

Kurz vor Kriegsende wurde die Pongauer Bäuerin entlassen. Gegenüber der Republik Österreich stellte sie mehrfach Anträge auf Opferfürsorge. Diese wurden allerdings mit der Begründung abgelehnt, sie habe nicht aktiv an der Errichtung eines freien Österreich mitgewirkt. Jahrelang konnte Etzer wegen Verleumdungen nicht in ihr Heimatdorf zurückkehren.

Maria Etzer

Kulturverein Schloss Goldegg

Etzer postum vollständig rehabilitiert

In der Begründung des Urteils vom 18. September 2018 hielt das Landesgericht Wien fest: „Letztlich lag der primäre Grund für die Verfolgung und Verurteilung von M. E. darin begründet, dass sie auch während der NS-Diktatur ihren christlichen Wertvorstellungen treu blieb und sich auch gegenüber den als Zwangsarbeitern eingesetzten Kriegsgefangenen menschlich verhielt. Ein solcher Dissens mit der NS-Ideologie war den Machthabern ein Dorn im Auge und wurde schon als Form des Widerstands angesehen.“

Mit Etzers Rehabilitierung postum sei „spät, aber doch einer glaubensstarken und christlich handelnden Frau“ Gerechtigkeit widerfahren, erklärte die Präsidentin der Katholischen Aktion Salzburg, Elisabeth Mayer. Die Mutter von ursprünglich acht Kindern habe unter dramatischen Bedingungen vorgelebt, was christliches Handeln bedeutet. Etzer habe gegenüber „Fremdarbeitern“, die laut Gesetz nicht einmal am gemeinsamen Tisch essen durften, ihre Menschlichkeit bewahrt.

Etzers Heimat war Schauplatz eines SS-Massakers

Eine Enkelin Etzers, Brigitte Menne, hatte die vollständige Rehabilitierung ihrer Großmutter nach dem Aufhebungs- und Rehabilitationsgesetz von 2009 beantragt. Sie hoffe auf ähnliche Verfahren, um „endlich die kleinen, ‚ganz selbstverständlich‘ Widerständigen aus dem Schatten zu holen“. In Etzers Heimat Goldegg, das auch Schauplatz eines SS-Massakers an Deserteuren war, wird zur Zeit auf Betreiben des dortigen Kulturvereins an einer Neufassung der Ortschronik gearbeitet, in der auch das Schicksal Etzers beschrieben wird.

Die Sozialforscherin Maria Prieler-Woldan veröffentlichte vor wenigen Monaten eine Biografie unter dem Titel „Das Selbstverständliche tun“ über die Salzburger Bäuerin (Studienverlag).

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