Gedenkstein für Deserteure beschmiert

In Goldegg (Pongau) haben Unbekannte die Gedenkstätte für Wehrmachtsdeserteure beschmiert, die 1944 gejagt und dann ermordet wurden. Die Schmieraktion wurde bei der Polizei angezeigt.

Der Gedenkstein ist erst vor vier Jahren beim Erholungsheim der Salzburger Gebietskrankenkasse nach langer, hitziger Debatte in Goldegg enthüllt worden. Demnächst erscheint ein neuer Roman von Hanna Sukare, der dieses Kapitel der Ortsgeschichte beleuchtet - nach mehreren Publikationen eine weitere und intensive Auseinandersetzung mit nationalsozialistischen Verbrechen in dieser Gegend.

Tochter eines Ermordeten schockiert

Die Sachbeschädigung wurde von dem früheren Grünpolitiker Cyriak Schwaigerhofer, Manager des Kulturzentrums auf Schloss Goldegg, bei der Polizei angezeigt. Brigitte Höfert, Tochter des von den Nationalsozialisten ermordeten Einheimischen Karl Ruppitsch, hat das Mahnmal und die Gedenkstätte für alle Goldegger Opfer mit dem Historiker Michael Mooslechner vor einigen Jahren initiiert. Die Pongauerin entdeckte nun die Tat und zeigte sich gegenüber salzburg.ORF.at schockiert darüber.

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Gedenkstein für Deserteure beschmeirt
Unbekannte haben in Goldegg (Pongau) den Gedenkstein für Deserteure beschmiert. Die Schmieraktion wurde bei der Polizei angezeigt.

Kritik des Autors Ludwig Laher

Der Salzburger Schriftsteller Ludwig Laher kritisiert in einer Aussendung, dass sich Ermittler der Salzburger Polizei bei der Einschätzung der Tat offenbar auf eine unpolitische Sachbeschädigung festgelegt hätten, wie es Montag in Medienberichten hieß. Wenn nicht in alle Richtungen ermittelt werde, „dann muss sich die Polizei den Verdacht der Parteilichkeit gefallen lassen“, so Laher.

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Was geschah 1944 in Goldegg?

Am 2. Juli 1944 – zehn Monate vor der Befreiung Salzburgs durch Soldaten der 3. Infanterie-Division der United States Army - ermordete die SS im Salzburger Pongau untergetauchte Regimegegner und Deserteure. Diese wollten sich an Hitlers Vernichtungskrieg in Russland und im Westen nicht mehr beteiligen, einige schon seit 1943.

Ab 2005 der Umbruch

Erst mit den Vorbereitungen für den 2. Juli 2005 war in der Region endlich Schluss mit jahrzehntelangem Schweigen nach dem Zweiten Weltkrieg: An diesem Tag spielten die Trachtenmusikkapellen aus Taxenbach (Pinzgau) und Goldegg mit der Band des Wiener Gitarristen und Jazzers Harri Stojka. Sie führten vor 3.000 Menschen beim Böndlsee - einem Tatort der Morde - die „Symphonie der Hoffnung“ auf (Komposition: Thomas Doss, historische Forschung: Michael Mooslechner).

So gedachte man erstmals offiziell des Dramas von 1944. Spitzel der Gestapo hatten damals Regimegegner verraten, die in den Salzburgs Bergen den Untergang Hitlers und die Befreiung Österreichs vom Nationalsozialismus abwarteten. Sie wurden von einigen Einheimischen unterstützt und mit Proviant versorgt.

Ruppitsch und Egger im KZ ermordet

SS-Soldaten machten Jagd auf Karl Ruppitsch, Peter Ottino, August Egger, Ernst Klug, Sebastian Bürgler, Simon Hochleitner, Alois Hochleitner, Georg Köstner, Richard Pfeiffenberger und Franz Unterkirchner. Ruppitsch versuchte, auch andere zum Widerstand zu motivieren. Im Juli 1944 umstellte die SS ihr Versteck. Der kampferprobte Peter Ottino tötete zwei SS-Männer, bevor er fiel. Die anderen gaben auf. Die SS erschoss die Gefangenen Simon und Alois Hochleitner noch beim Marsch ins Salzachtal hinunter bei Lend (Pinzgau) von hinten. Die Morde an Karl Ruppitsch und August Egger fanden wenig später im KZ Mauthausen (Oberösterreich) statt. Traditionsverbände der SS und „Deutschen Wehrmacht“ diffamierten die Pongauer Freiheitskämpfer über Jahrzehnte als „Verräter“ und „Landplage“. Auch in der offiziellen Ortschronik von Goldegg wurde letztere Bezeichnung „verewigt“, sehr zum Missfallen vieler Kritiker im In- und Ausland.

Gerald Lehner, salzburg.ORF.at

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