Wieder Felssturz durch Klimawandel

Auf dem Hochseiler (2.793 m) bei Maria Alm und Dienten (Pinzgau) haben Flieger zwischen Steinernem Meer und Hochkönig einen Bergsturz entdeckt. Einige Felstürme sind nach Norden abgebrochen - durch den Klimawandel. Experten analysieren die Bilder.

Für Menschen bestand keine direkte Gefahr. Die Felsmassen sind nicht nach Süden abgestürzt. Dort ginge es mehr als 1.500 Höhenmeter hinunter - in Richtung Hinterthal bei Maria Alm, wo auch Siedlungen stehen. Die Trümmer sind in einer sehr einsamen Gegend am oberen Rand eines kleinen Eisfeldes nach Norden hin in Richtung Hochplateau abgebrochen - vermutlich schon vor einem oder zwei Jahren. Auf Satellitenbildern der USA sind dazu einige Spuren zu sehen. Und möglicherweise wissen Insider und ein paar Einheimische schon länger davon. Der genaue Zeitpunkt dürfte nicht mehr herauszufinden sein.

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Geschultes Auge eines Glaziologen

Der Salzburger Gletscherforscher Heinz Slupetzky hat uns Montag diese Interpretation der Flugbilder übermittelt: „Abbruch im Vorjahr bis nur wenige Jahre vorher. Die oberen Felstrümmer stecken im Altschnee von 2017/18, vermutlich auch in der Firnschicht von 2016/17. Nur wenn die Ausaperung heuer weiterginge könnte man sehen, auf welcher Schicht die Rutschspuren sind. Der Felssturz müsste jahreszeitlich früh vor dem Sommer oder im Sommer gewesen sein. Denn nur so konnten Trümmer im Schnee so stecken bleiben, bevor sie größere Geschwindigkeiten erreichten. Bei einem späteren Absturz im Sommer wären die Trümmer weitergeglitten bzw. nicht so hoch oben liegen geblieben.“

Einsame Gegend

Die Flanke ist ein westlich des Hochkönig gelegener Rest der Übergossenen Alm, des einst riesigen Gletschers. Der bedeckte noch im 19. Jahrhundert große Teile des ganzen Massivs. Unterhalb des Abbruches führt ein nicht oft begangener Steig des Alpenvereins vorbei, der das Steinerne Meer über die Torscharte mit dem Hochkönig verbindet.

Warnung

Auch der Salzburger Landesgeologe Gerald Valentin sah sich vor kurzem die Flugbilder an. Für ihn ist auch dieser Felssturz eine Folge des Klimawandels, wenn auch das letzte Eis noch mehr zurückgeht: „Das Festgestein ist dort über Jahrhunderte immer kühl unter dem Eis gelegen. Es war konserviert und wird nun den warmen Temperaturen freigegeben. Das Schmelzwasser sickert in die Tiefen, gefriert dort wieder. Das Eis dehnt sich aus und treibt damit Risse in den Untergrund. Dieser Wechsel geschieht mehrfach, und dann können solche Felsstürze passieren. Wir haben sie in den Hohen Tauern derzeit noch öfter als in den Kalkalpen, weil im Hauptkamm der Permafrost noch stärker aufweicht, wenn es warm ist.“

„Obere Gletscherränder meiden“

Valentin hat eine generelle Warnung für Bergsteiger: „Im oberen Bereich vieler Gletscher sieht man an den Rändern nun oft frische Ausbruchstellen. Dort solle man sich generell fernhalten, weil die Gefahr ist natürlich groß, dass Massen herunterstürzen.“

Der Bergsturz auf dem Hochseiler wurde vor kurzem bei einem Schulungsflug für Nachwuchspiloten entdeckt.

Gerald Lehner, salzburg.ORF.at

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