Rassismusvorwürfe: Kritik an EU-Abgeordneter

Ein Posting der Salzburger EU-Parlamentarierin Claudia Schmidt (ÖVP) hat Freitag für Kritik und Rassismusvorwürfe gesorgt - auch aus der eigenen Partei. Schmidt nannte „massive und willkürliche Zuwanderung aus kulturfremden Regionen“ eine „große Bedrohung für unsere Gesellschaft“.

Die EU-Parlamentarien schrieb Donnerstagabend in dem ausführlichen Statement auf Facebook unter anderem, dass „weder die afrikanische noch die moslemische Kultur kompatibel mit unserer Kultur“ seien. „Wenn wir unsere Gesellschaft, so wie sie ist, bewahren wollen, dann können wir keine Einwanderung aus Afrika zulassen. Es ist kindlich naiv zu glauben, dass ausgerechnet diejenigen Menschen, deren Kulturen nichts anderes produzieren als Leid, Verfolgung, Unterdrückung und Perspektivenlosigkeit, einen positiven Beitrag für Europa leisten können. Afrikaner wollen nicht wie wir Europäer denken und arbeiten, aber gerne wie wir Europäer leben. Würden sie unsere Gesellschaft und Errungenschaften wirklich wollen, dann könnten sie das auch in Afrika verwirklichen.“

Posting von Claudia Schmidt über Afrika und Einwanderung

Facebook/Screenshot ORF

Das lange Posting war bis Freitagmittag auf Facebook online - dies ist nur ein Ausschnitt

Kolonialisierung „tragisch“, aber lange her

Zwar sei die Kolonialisierung Afrikas „tragisch“, sie sei aber mehrere Generationen her, so Schmidt. „Damals war die Welt generell ein rauer Platz zum Leben. Man muss sich nur in Erinnerung rufen, was wir uns in Europa im 20. Jahrhundert selbst alles angetan haben. Getoppt noch von dem, was Stalin in der Sowjetunion und Mao in China an Leid angerichtet haben“, relativierte die ÖVP-Abgeordnete.

Schmidt bezog sich in dem Posting auf ihre Erfahrung als Berichterstatterin des EU-Parlaments für den Europäischen Entwicklungsfonds für Afrika: In dieser Funktion habe sie mehrere Flüchtlingslager in Afrika besucht, an einigen Wahlbeobachtungsmissionen teilgenommen - zuletzt in Simbabwe -, mit Dutzenden Botschaftern gesprochen und „Hunderte“ Entwicklungshilfeprojekte durchgesehen.

Heftige Kritik von SPÖ, Rücktrittsforderung von NEOS

Die Kritik an diesem Posting war am Freitag parteiübergreifend groß. SPÖ-Europasprecher Jörg Leichtfried schrieb: „Im Stile eines Mitglieds der FPÖ Amstetten veröffentlicht Frau Schmidt einen von rassistischen Vorurteilen strotzenden Beitrag, in dem Afrika jede Kultur abgesprochen wird.“ NEOS-Europasprecherin Claudia Gamon forderte am Freitag Schmidts Rücktritt: Deren Posting sei ein „schwerer Schaden für die Nachbarschaftspolitik der Europäischen Union und den aktuellen österreichischen Ratsvorsitz“, so Gamon.

Claudia Schmidt Mitglied des Europäischen Parlaments

APA / Barbara Gindl

Nach der Kritik der ÖVP-Spitze löschte Schmidt das Posting

Ultimatium von ÖVP-Spitzenvertretern

Auch ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer und Othmar Karas, ÖVP-Fraktionsführer im Europaparlament, kritisierten ihre Partei- und Fraktionskollegin heftig: „Der Posting-Text von Claudia Schmidt beinhaltet mehrere eindeutig rassistische Passagen und nicht zu akzeptierende Vorurteile. Solche Aussagen sind nicht akzeptabel und müssen deshalb sofort von Schmidt widerrufen werden.“

Schmidt müsse sich „aufrichtig und ehrlich“ bei allen entschuldigen, die sich „verletzt oder herabgewürdigt“ fühlen, forderten Karas und Nehammer. Das Posting müsse darüber hinaus gelöscht werden, sonst drohten Konsequenzen. Der Text wolle zwar eine wichtige Debatte über Entwicklungshilfe starten, „ist aber völlig danebengegangen“, so die ÖVP-Vertreter.

„Falsche Wortwahl“: Schmidt löschte Posting

Dieser Forderung ihrer Parteiführung kam Schmidt Freitagmittag nach: Sowohl das Originalposting von Donnerstagabend als auch ein nachträglicher Kommentar dazu von Freitagfrüh wurden gegen 12.30 Uhr von ihrer Facebook-Seite gelöscht.

Gegenüber ORF Radio Salzburg sagte Schmidt Freitagmittag, dass sie „sichtlich die falsche Wortwahl“ getroffen habe: „Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich als allerletzte rassistisch bin. Ich entschuldige mich auch ausdrücklich bei allen, die sich verletzt gefühlt haben dadurch. Es war nie meine Absicht, irgendeinem Rassismus in der Art irgendwie das Wort zu reden.“

Wahl in Simbabwe als Anlass

Sie habe eine Diskussion über das Thema anregen wollen, weil sie jetzt mehrfach in Afrika gewesen sei, so Schmidt: „Und die Diskussion ist trotzdem auf einer sachlichen und vernünftigen Ebene weiterzuführen.“ Unmittelbarer Anlass für ihre Äußerung sei die Wahl in Simbabwe gewesen: „Dort ist sehr viel Geld - unter anderem von der EU - hingeflossen, um demokratische Wahlen abzuhalten. Die Wahlen waren aber alles andere als demokratisch. Und in der Erfahrung wollte ich einfach anregen, dass man sich mit dem Thema einfach auseinandersetzt.“ Dass sie in ihrem „Überschwang manchmal die falschen Worte“ verwendet habe, tue ihr „wirklich leid“, so Schmidt.

Es sei „sicherlich falsch, das alles pauschal zu sagen“, so die EU-Abgeordnete: „Aber ich war in genügend Flüchtlingslagern, wo genau diese Probleme vorherrschen, dass die Menschen an einem anderen Ort ihr Leben weiterleben wollen. Ich sehe da persönlich große Schwierigkeiten darin. Aber ich bin keine Rassistin. Ich bin immer in der Position: Flüchtlinge aufzunehmen ist unsere Pflicht, aber ich glaube, man muss sich überlegen, wie weit das gehen soll.“

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TV-Bericht in „Salzburg heute“ über die heftige Debatte um Schmidts Facebook-Posting