Salzburger Festspiele offiziell eröffnet

Die diesjährigen Salzburger Festspiele sind Freitagvormittag durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen offiziell eröffnet worden. Beim Eröffnungsakt betonten die Redner die Bedeutung eines geeinten Europas.

Festredner Philip Blom hat Philosophie, Geschichte und Judaistik studiert, er schreibt über Klimawandel und Jobverlust durch Digitalisierung und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft. Mit der Verpflichtung des in Wien lebenden Autors setzten Intendant Markus Hinterhäuser und Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler auf einen Redner, der sich mit dem Thema der Aufklärung auseinandersetzen soll - gewissermaßen als Gegenpol zum heurigen Festspielmotto „Passion, Ekstase, Leidenschaft“.

Blom: „Wir sind alle Kinder der Aufklärung“

„Wir sind alle Kinder der Aufklärung“ lautet der Titel der Rede des in Deutschland geborenen und in Wien lebenden Historikers und Schriftstellers Philipp Blom - mehr dazu auch in Historiker Blom kritisiert Rückzug aufs Eigene (news.ORF.at; 27.7.2018) Er selbst sei - ungeachtet aller pubertären Schwierigkeiten bei der Annäherungen an die Kant’sche Philosophie - doch früh von der Liebe zur Vernunft infiziert worden.

Die Behauptung, dass sich ein Pfad durch die chaotische Welt nicht in einer heiligen Schrift, einer Bibliothek oder einem Mythos, sondern in sich selbst finden lasse, in der Fähigkeit zur Vernunft, das sei berückend gewesen. Er habe begriffen, dass Philosophie nicht aus Lehrsätzen bestehe, sondern aus einem ganzen Feld von Diskursen und Debatten: „Philosophie ist, wie die Schweizer Philosophin Barbara Bleisch es formuliert, riskantes Denken.“

„Respekt vor Fakten gerät in die Defensive“

Die vermeintliche Selbstverständlichkeit, mit der sich die westliche Welt als Kind der Aufklärung begreife, entlarve sich derzeit jedoch: „Dabei widerlegt gerade die Gegenwart ganz offensichtlich solche Bekenntnisse, denn es hat in westlichen Ländern seit dem Ende des Totalitarismus keinen so weit reichenden und mächtigen Angriff auf die Aufklärung gegeben, wie heute.“ Mit einem Male gerate der Respekt vor Fakten und dem kritischen Denken gegenüber Meinungen, Gefühle und Vorurteilen in die Defensive.

„Auch die universellen Menschenrechte sind längst zu einer rhetorischen Beschwichtigung zusammengeschnurrt“, so Blom mit Verweis auf den Umgang mit Migranten und Flüchtlingen: „Das universelle Denken und die universellen Menschenrechte sind abgelöst worden vom Rückzug auf das Eigene, auf die Nation, die Grenze. Freiheit, Gleichheit und Solidarität sind offensichtlich nur dann attraktiv oder durchsetzbar, wenn sie von hohen Mauern und Stacheldraht geschützt werden.“ Hier mutiere der Begriff der Aufklärung zum Kampfbegriff der Abgrenzung.

„Zukunft Bedrohung, nicht mehr Verheißung“

Der Grund, dass dies genau jetzt passiere, sei einfach: „Weil es immer mehr Menschen mit der Angst zu tun bekommen.“ Man fürchte den Verlust in einer Welt, die Rationalität durch die Rationalisierung ersetzt habe, die Freiheit des Menschen durch die Wahl der Konsumenten zwischen Produkten. Und immer mehr Menschen würden spüren, dass die künstliche politische Idylle der Nachkriegszeit vorbei sei. Zukunft sei keine Verheißung mehr, sondern eine Bedrohung, da man nicht noch reicher, sicherer und privilegierter werden könne. „Die schönste Hoffnung unserer Gesellschaften ist es deswegen geworden, Zukunft überhaupt zu vermeiden und in einer nie endenden Gegenwart zu leben“, so Blom.

Man verstehe sich als Nachkommen von Pionieren des Denkens, halte sich insgeheim für moralisch überlegen, weil die Vorfahren einst mutig waren. „Vielleicht ist es an der Zeit, endlich erwachsen zu werden“, desavouierte Blom das Diktum von den „Kindern der Aufklärung“.

„Neue Aufklärung unter anderen Parametern nötig“

Notwendig sei deshalb eine neue Aufklärung unter anderen Parametern. „Was wäre, wenn eine neue, dringend gebrauchte Aufklärung mit einer Rehabilitierung der Leidenschaft beginnen würde?“, plädierte Blom für einen neuen Fokus. Der Mensch müsse sich wieder als leidenschaftliches Wesen begreifen, das 98 Prozent seines Erbguts mit dem Schimpansen teile: „Dann würden wir begreifen, dass wir nicht erhaben sind über die Natur, sondern mitten in ihr.“

Stattdessen weise der Mensch leider erstaunliche Nähe zum Hefepilz auf: „Auf individuellem Niveau haben Hefepilze zwar keinen Mozart und keinen Shakespeare hervorgebracht; kollektiv aber scheinen Menschen über Jahrmillionen der Evolution wenig mehr gelernt zu haben als die Hefe. Wir fressen uns dem eigenen Ersticken entgegen.“ Deshalb bedürfe es wieder der Lust am riskanten Denken: „Wer bereit ist, die Dynamik des aufgeklärten Denkens gegen die Dogmen der Gegenwart zu kehren, wer bereit ist, riskant zu denken, kann Teil einer Zukunft werden, in der es sich zu leben lohnt. Nicht als Kind oder als Erbe, sondern als Teil der Natur, als empathischer Primat - und aus Leidenschaft für ein gutes Leben.“

Festrede von Philipp Blom

In seiner Festrede stellt der deutsche Schriftsteller Blom die Aufklärung ins Zentrum. Die Gegenwart sei geprägt von einem Angriff auf die Aufklärung. Das Paradies Europa sei bedroht.

Rabl-Stadler: Bekenntnis zu vereintem Europa

Festspiel-Präsidentin Helga Rabl-Stadler plädierte in ihren Grußworten für ein Bekenntnis zu einem vereinte Europa. "Widersprechen wir jenen, die ihre Redegewalt für europäische Untergangsszenarien missbrauchen. Investieren wir unsere rhetorische Stärke, vor allem aber unsere Tatkraft, um die faszinierende Idee eines vereinten Europas wieder voranzutreiben.

„Die Manifestation des Glaubens an Europa" und „Festspiele als europäisches Friedensprojekt" waren das Anliegen unserer Gründer Max Reinhardt und Hugo von Hofmannsthal. Mit diesen Worten eröffnete Rabl-Stadler den Festakt zur Eröffnung der Salzburger Festspiele und stellt damit den europäischen Geist in den Vordergrund.

Rede von Helga Rabl-Stadler (Festspielpräsidentin)

Festspiele sollen ein europäisches Friedensprojekt sein, ganz im Sinne der Gründer Max Reinhard und Hugo von Homannsthal

Haslauer: „Metamorphose hat längst begonnen“

Landeshauptmann Wilfried Haslauer widmete seine Grußworte dem Gedenkjahr 2018. Wir schwören auf ein nie wieder, warnen vor den Anfängen. Ob eine Wiederholung aber tatsächlich ausgeschlossen sei stellt Haslauer in Frage, das hänge von der Verwandlungsfähigkeit des Menschen ab: "Ändert sich also der Mensch, ändert sich die Menschheit? Es kommt darauf an, ist man versucht zu antworten. Es kommt darauf an, unter welchen Bedingungen wir leben, es kommt darauf an, was wir für entscheidend halten, was wir aus uns machen, was wir einander wert sind.

Die Metamorphose hat längst begonnen, ergebnisoffen. Was dabei herauskommt, welche Richtung sie nimmt, liegt in der Spanne unseres Lebens an uns und es liegt nicht zuletzt auch daran, welchen Stellenwert wir Kunst und Kultur beimessen, wie genau wir hinsehen und hinhören", sagt Haslauer in seinen Begrüßungsworten.

Rede von Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP)

Die Metamorphose hat längst begonnen. Was dabei herauskommt, welche Richtung sie nimmt, liegt in der Spanne unseres Lebens

Blümel: Kunst und Kultur schafft europäische Identität

Kulturminister Gernot Blümel sprach in seiner Rede die aktuellen europäischen Probleme an: „Zum ersten Mal tritt ein Mitgliedsland aus der EU aus und viele andere Herausforderungen, von Migration über das Europäische Budget bis hin zu Handelskriegen, lassen Schlagzeilen von der „Krise Europas" entstehen“, sagt Blümel zu Beginn seiner Rede.

Die Antwort auf viele Probleme der europäischen Integration sieht Blümel in der Kunst und Kultur. Sie sei der Angelpunkt einer europäischen Identität, sagt Blümel in Anlehnung an Jean Monnet, einen der Gründerväter der Europäischen Union. Zudem sei Kunst und Kultur besser als jeder andere Bereich dazu geeignet, Emotionen in Menschen zu wecken: „Und es braucht diese gemeinsamen Emotionen in Europa. Denn „niemand verliebt sich in einen Binnenmarkt", hat ein großer Europäer einmal gesagt“, sagte Blümel in seiner Rede.

Rede von Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP)

Kunst und Kultur seien am besten dazu geeignet europäische Identität zu stiften und aktuelle Krisen zu überwinden, sagt Kulturminister Blümel

Eröffnungsrede von Alexander Van der Bellen

Eröffnet wurden die Festspiele wie in jedem Jahr vom Bundespräsidenten, heuer also zum zweiten Mal von Alexander Van der Bellen. Auch er hob den europäischen Geist der Festspiele hervor und warnte davor die Union zu schwächen. „Ich weiß es gibt Parteien, praktisch in jedem Mitgliedsstaat der Union, die Vorstellungen alter nationaler Souveränität anhängen. Ich halte das für die politische Illusion schlechthin. Es gibt die alte nationale Souveränität in einer globalisierten Welt nicht mehr. Ohne transnationale Kooperation in der EU wird jeder Mitgliedsstaat zum Spielball größerer Mächte. Vertrauen wir auf die Stärken Europas“, sagte Van der Bellen.

„Wir alle wissen, das vereinte Europa hat uns über Jahrzehnte Frieden, Freiheit und Wohlstand gebracht. Darauf sollten wir nicht leichtfertig verzichten. Vertrauen wir auf dieses Europa, vertrauen wir auf seine Starken, seine Innovationskraft, seine Flexibilität - und last not least, sein Beharren auf Grund- und Menschenrechten. Grund- und Menschenrechte, um die uns die halbe Welt beneidet“, betonte Van der Bellen.

Rede von Bundespräsident Alexander Van der Bellen

„Wir alle wissen, das vereinte Europa hat uns über Jahrzehnte Frieden, Freiheit und Wohlstand gebracht. Darauf sollten wir nicht leichtfertig verzichten“

Mozarteumorchester von Kent Nagano dirigiert

Als musikalische Umrahmung hat das Mozarteumorchester gespielt, geleitet von dem US- Amerikanischen Dirigenten Kent Nagano. Auf dem Programm standen dabei Werke unter anderem von Richard Strauss und Leonard Bernstein.

Theresa May besucht die Festspiele

Die Festspiele locken traditionell auch die Politik. Die britische Premierministerin Theresa May wird die Festspiele besuchen und mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zusammentreffen. Ein Thema wird dabei die Abwicklung des „Brexit“ sein. Kurz führt auch Einzelgespräche mit seinen Amtskollegen Jüri Ratas aus Estland und Andrej Babis (Tschechien). Anschließend besuchen die Regierungschefs die Oper „Die Zauberflöte“ - mehr dazu in: Salzburg wird Treffpunkt für Polit-Prominenz (salzburg.ORF.at; 26.7.2018)

Bundespräsident Alexander Van der Bellen konferiert unterdessen nach der offiziellen Eröffnung, zu der 50 Botschafter aus aller Welt erwartetet werden, mit Portugals Präsidenten Marcelo Rebelo de Sousa über die aktuelle internationale Lage.

Kneissl: „Idealer Rahmen um Gäste zu begrüßen“

Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) trifft den UNO-Sonderbeauftragten für Syrien, Staffan de Mistura, und ihren mazedonischen Amtskollegen, Nikola Dimitrov, zu einem politischen Meinungsaustausch. Für Kneissl ist Salzburg „ein idealer Rahmen, um internationale Gäste in Österreich zu begrüßen“.

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Festspiele im europäischen Geiste eröffnet

Die diesjährigen Salzburger Festspiele sind Freitagvormittag offiziell eröffnet worden. Beim Eröffnungsakt betonten die Redner die Bedeutung eines geeinten Europas.

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